Entscheidungsstichwort (Thema)

(Definition: Scheingeschäft - Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG - verschleierte Sachgründung - Gewerbeertrag: Gewinn aus Veräußerung einer zum Betriebsvermögen gehörenden GmbH-Beteiligung)

 

Leitsatz (amtlich)

§ 20 Abs.1 UmwStG 1977 gilt nicht für die sog. verschleierte Sachgründung.

 

Orientierungssatz

1. Gehört eine (auch 100%ige) GmbH-Beteiligung zum Betriebsvermögen eines gewerbesteuerpflichtigen Betriebs, so ist der Gewinn aus der Veräußerung dieser Beteiligung grundsätzlich im steuerlichen Gewinn und damit im Gewerbeertrag des Inhabers der Beteiligung zu erfassen, es sei denn, die Beteiligung wird im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder einer Betriebsaufgabe veräußert bzw. entnommen (vgl. BFH-Rechtsprechung).

2. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn eine Willenserklärung einem anderen gegenüber abgegeben wird und beide Teile sich einig sind, daß das Erklärte nicht gewollt ist, der Wille also nur zum Schein erklärt sein soll (vgl. BFH-Rechtsprechung; Literatur). Kein Scheingeschäft liegt daher vor, wenn der von den Parteien erstrebte Rechtserfolg gerade die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts voraussetzt. Bei Umgehungsgeschäften, wie der verschleierten Sachgründung, durch die als hinderlich empfundene gesetzliche Regelungen vermieden werden sollen, sind die vereinbarten Rechtsfolgen ernsthaft gewollt (vgl. Literatur).

3. § 9 Nr. 2a GewStG hat ausschließlich den Zweck, eine zweifache gewerbesteuerliche Belastung der Erträge der Kapitalgesellschaft zu vermeiden. Gewinne aus der Veräußerung einer Kapitalbeteiligung sind nicht "Gewinne aus Anteilen" i.S. des § 9 Nr. 2a GewStG (vgl. BFH-Rechtsprechung).

 

Normenkette

UmwStG 1977 § 20; AO 1977 § 41; BGB § 117; GewStG §§ 7, 9 Nr. 2a; GewStR Abschn. 40 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Kommanditgesellschaft (KG), betrieb bis Ende 1979 u.a. einen ...handel in Form eines Teilbetriebes. Zum 1.Januar 1980 wurde das Unternehmen der Klägerin in der Weise organisiert, daß auf eine neugegründete GmbH (kurz: GmbH) alle beweglichen Anlagegegenstände der Klägerin übertragen wurden. Das Stammkapital der GmbH in Höhe von 100 000 DM war lt. Gesellschaftsvertrag in bar zu erbringen. Das unbewegliche Anlagevermögen der Klägerin wurde an die GmbH verpachtet. Die Klägerin hielt alle Gesellschaftsanteile an der GmbH. Die Anteile an der GmbH wurden am 1.Juli 1981 verkauft.

Im Anschluß an die Feststellungen einer Betriebsprüfung behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) im Gewerbesteuermeßbetragsänderungsbescheid für 1981 den Gewinn aus der Veräußerung der Gesellschaftsanteile als Teil des Gewerbeertrags der Klägerin. Nach Auffassung des FA gehörten die Anteile auf Grund einer Betriebsaufspaltung zum Betriebsvermögen der Klägerin. Eine gewerbesteuerfreie Veräußerung einbringungsgeborener Anteile gemäß § 21 Abs.1 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) 1977 läge nicht vor. Eine Betriebsaufspaltung sei keine Einbringung eines Betriebes i.S. des § 20 UmwStG. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Mit der Revision beantragt das FA, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Das FA rügt Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur wesentlichen Betriebsgrundlage und Verletzung des § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG), §§ 20, 21 UmwStG. Zum Gewinn aus Gewerbebetrieb gehöre auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an der Kapitalgesellschaft, die im Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehalten würde. Die Voraussetzungen des Urteils des BFH vom 29.April 1982 IV R 51/79 (BFHE 136, 129, BStBl II 1982, 738) lägen nicht vor.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Die Sache ist mangels Spruchreife an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Gemäß § 7 GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, vermehrt oder vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Gehören Anteile an einer Kapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen eines gewerbesteuerpflichtigen Betriebes, so sind gemäß § 7 GewStG i.V.m. § 4 Abs.1, § 5 EStG Gewinne aus der Veräußerung dieser Gesellschaftsanteile grundsätzlich im steuerlichen Gewinn und damit im Gewerbeertrag des Anteilsinhabers zu erfassen, es sei denn, die Anteile werden im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder einer Betriebsaufgabe veräußert bzw. entnommen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 2.Februar 1972 I R 217/69, BFHE 105, 35, BStBl II 1972, 470; vom 7.Dezember 1971 VIII R 3/70, BFHE 105, 31, BStBl II 1972, 468; Abschn.40 Abs.1 Nr.1 Sätze 10, 11 der Gewerbesteuer- Richtlinien --GewStR-- 1978 bzw. heute Sätze 14, 15 der GewStR 1990). Nach den bindenden (§ 118 Abs.2 FGO) Feststellungen des FG gehörten die Gesellschaftsanteile an der GmbH bis zu ihrer Veräußerung zum Betriebsvermögen des fortbestehenden Gewerbebetriebes der Klägerin. Damit liegen die Voraussetzungen für die gewerbesteuerliche Erfassung des Veräußerungsgewinns vor.

2. Die Veräußerung der 100%igen GmbH-Beteiligung ist auch keine der Gewerbesteuer nicht unterworfene (Teil-)Betriebsveräußerung. Da die Gewerbesteuer als Objektsteuer nur Erträge aus einem bestehenden Betrieb erfaßt, unterliegen der Gewerbesteuer bei einer Personengesellschaft nicht Gewinne aus der Veräußerung eines gewerbesteuerpflichtigen (Teil-)Betriebs (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29.April 1982 IV R 51/79, BFHE 136, 129, BStBl II 1982, 738, m.w.N.; vom 29.August 1984 I R 154/81, BFHE 142, 394, BStBl II 1985, 160; Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 7 Rdnr.116). Eine 100%ige Beteiligung an einer GmbH ist aber kein stehender Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs.1 bis 3 GewStG.

Die Fiktion des § 16 Abs.1 Nr.1 EStG, wonach als Teilbetrieb auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gilt, wenn die Beteiligung das gesamte Nennkapital der Gesellschaft umfaßt, ist im Gewerbesteuerrecht nicht anzuwenden (vgl. BFH in BFHE 105, 31, BStBl II 1972, 468; vgl. auch BFH-Urteil vom 18.November 1970 I R 116/69, BFHE 101, 112, BStBl II 1971, 182; Küchenhoff, Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK--, Anmerkungen zu § 7 GewStG, Rechtsspruch 71; Lenski/Steinberg, a.a.O., § 7 Anm.126; Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 2.Aufl., § 7 Rdnr.15).

3. Der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der GmbH kann im Streitfall auch nicht unter Berücksichtigung der Entscheidung des IV.Senats des BFH in BFHE 136, 129, BStBl II 1982, 738 außer Ansatz bleiben. Da die Grundsätze dieses Urteils nicht für den Fall der sog. verschleierten Sachgründung gelten, kann die Frage offenbleiben, ob das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Betriebsgrundstücke als unwesentliche Betriebsgrundlagen im Sinne der Rechtsprechung zur Betriebsveräußerung angesehen hat (vgl. zusammenfassend BFH-Urteil vom 24.August 1989 IV R 135/86, BFHE 158, 245, BStBl II 1989, 1014).

Nach der Entscheidung des IV.Senats unterliegen Gewinne aus der Veräußerung oder Entnahme einbringungsgeborener Anteile i.S. der § 21 Abs.1, § 20 Abs.1 UmwStG nicht der Gewerbesteuer, wenn die Veräußerung des (Teil-)Betriebes, durch dessen Einlage die Anteile erworben wurden, beim Einbringenden nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre.

a) Eine Sacheinlage i.S. des § 20 Abs.1 UmwStG liegt im Streitfall nicht vor. Der Senat unterstellt dabei zugunsten der Klägerin, daß diese das bewegliche Anlagevermögen zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert übertragen hat.

Nach den insoweit bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs.2 FGO) wurde die GmbH im Wege einer Bargründung errichtet. Nach ausdrücklicher Bestimmung im Gesellschaftsvertrag war das Stammkapital in bar zu erbringen. § 20 UmwStG setzt hingegen nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut eine Sacheinlage voraus, für die der Einbringende neue Anteile an der gegründeten Kapitalgesellschaft erhält.

b) Die sog. verschleierte Sachgründung erfüllt nicht die Voraussetzung des § 20 Abs.1 UmwStG.

In der Literatur ist die Anwendbarkeit des § 20 Abs.1 UmwStG auf verschleierte Sachgründungen streitig (bejahend: Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungssteuerrecht, Rz.6917; Carle, GmbH- Rundschau --GmbHR-- 1983, 203; Heinemann, Deutsche Steuer- Zeitung --DStZ-- 1984, 37; Küffner, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1985, 691/6; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmensteuerrecht, 7.Aufl., S.669; verneinend: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 13.Aufl. 1991, § 5 Rdnr.45; Oppermann, Der Betrieb --DB-- 1989, 753; Glade/Steinfeld, Umwandlungssteuergesetz, 1977, 3.Aufl., Rdnr.993; Uelner, Jahrbuch Fachanwälte für Steuerrecht, 1986/87, S.203; Märkle, IdW Fachtagung 1988, 295; Pichler, RWP 1991, 1211). Der Senat verneint die Anwendbarkeit des § 20 Abs.1 UmwStG auf Fälle "verschleierter Sachgründungen".

aa) Eine sog. verschleierte Sachgründung wird im allgemeinen angenommen bei Bargründung einer Kapitalgesellschaft und zeitnaher anschließender Übertragung eines (Teil-)Betriebs auf die neugegründete Kapitalgesellschaft, wobei die aus der schuldrechtlichen Übertragung des (Teil-)Betriebs für den Einbringenden resultierende Forderung entweder mit der Forderung der Kapitalgesellschaft auf Bareinlage verrechnet bzw. aus der im zeitlichen Zusammenhang der Kapitalgesellschaft zugeflossenen Bareinlage getilgt wird oder durch den Kaufvertrag dem Einbringenden erst die Begleichung seiner Einlageforderung ermöglicht wird (vgl. z.B. Winter in Scholz, GmbH-Gesetz, 7.Aufl., § 5 Rdnrn.77, 80; Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 19.April 1982 II ZR 55/81, Wertpapier-Mitteilungen --WM-- 1982, 660, und vom 10.November 1958 II ZR 3/57 BGHZ 28, 314/6).

bb) Die verschleierte Sacheinlage ist bei einer GmbH wegen Verstoßes gegen § 5 Abs.4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG-- (vgl. auch § 19 Abs.5 GmbHG) nach herrschender Meinung unwirksam (vgl. BGH- Urteile in WM 1982, 660/2; vom 2.Mai 1966 II ZR 219/63, BGHZ 45, 338/43; Winter in Scholz, a.a.O., § 5 Rdnrn.78, 80; vgl. zur herrschenden Meinung auch Meilicke, Die verschleierte Sacheinlage, Schriftenreihe DB 1989, 13 m.w.N.; a.A. Meilicke, a.a.O. für den Fall der Sachübernahme).

§ 41 Abs.1 der Abgabenordnung (AO 1977) vermag nicht zur steuerlichen Anerkennung einer Sachgründung i.S. des § 20 Abs.1 UmwStG zu führen, wobei die Frage offenbleiben kann, ob die an die Verwirklichung handelsrechtlicher Vorschriften anknüpfende Bestimmung des § 20 UmwStG eine Sonderregelung i.S. des § 41 Abs.1 Satz 2 AO 1977 ist. Dabei ist zu beachten, daß der sog. verschleierten Sachgründung zwei in ihrer Wirksamkeit unterschiedlich zu beurteilende Rechtsgeschäfte zugrunde liegen: Der gesellschaftsrechtliche, notariell beurkundete (§ 2 Abs.1 GmbHG) Gründungsvertrag und der schuldrechtliche (hier formfreie) Übertragungsvertrag. Der Bargründungsvertrag als solcher verstößt nicht gegen gesetzliche Vorschriften. Die Einlageforderung besteht daher unstreitig fort (vgl. BFH-Urteil vom 14.August 1985 I R 149/81, BFHE 144, 548, BStBl II 1986, 86; Priester, DStR 1990, 770/2, m.w.N.; Winter in Scholz, a.a.O., § 5 Rdnr.78; Knobbe-Keuk, a.a.O., S.670; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2.Aufl., S.934; vgl. auch BGH-Urteil vom 15.Januar 1990 II ZR 164/88, BGHZ 110, 47). Unwirksam ist (nur) das Sacheinlageversprechen (Lutter/ Hommelhoff, a.a.O., § 5 Rdnr.44; vgl. auch BGH in BGHZ 45, 338/43; BGH in WM 1982, 660). Der wirksame Abschluß des Bargründungsvertrages bewirkt, daß die Anteile an der Kapitalgesellschaft für die Bareinlage und nicht für eine Sacheinlage i.S. des § 20 UmwStG 1977 gewährt werden. Ist aber der Bargründungsvertrag wirksam, so können seine Rechtsfolgen auch nicht über § 41 Abs.1 AO 1977 wegen Unwirksamkeit des Sacheinlageversprechens bzw. wegen einer unwirksamen Aufrechnung (vgl. § 19 Abs.5 GmbHG) aufgehoben werden. Das Ergebnis ist im übrigen dasselbe, wenn man entgegen der herrschenden Meinung (so Meilicke, a.a.O.) das Sachübernahmeversprechen für wirksam hält.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß der Gründungsvertrag durch den Vertrag über die Veräußerung des (Teil-)Betriebs in zivilrechtlich unwirksamer, gemäß § 41 Abs.1 AO 1977 steuerlich aber anzuerkennender Form (vgl. § 53 Abs.1 GmbHG) abgeändert worden ist (BFH in BFHE 144, 548, BStBl II 1986, 86). Die Vertragsparteien einer sog. verschleierten Sachgründung gehen vom Bestand einer Bareinlageforderung aus, um entweder mit dieser zu verrechnen oder mit den entsprechenden Barmitteln die Gegenforderung des Einbringenden zu tilgen (vgl. im Ergebnis ebenso BFH-Urteil vom 24.März 1987 I R 202/83, BFHE 149, 542, BStBl II 1987, 705).

Der Senat hält es für unzulässig, nach § 5 Abs.4 GmbHG, § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) unwirksame Rechtsgeschäfte mit einem wirksamen Bargründungsvertrag zum Zwecke der Anwendbarkeit des § 20 Abs.1 UmwStG anhand "wirtschaftlicher Betrachtungsweise" derart zu verknüpfen, daß nur noch ein einheitlicher Vertrag vorliegt (vgl. auch Meilicke, a.a.O., S.13).

cc) Der Gründungsvertrag ist auch kein Scheingeschäft mit der in § 41 Abs.2 Satz 2 AO 1977 vorgesehenen Rechtsfolge, daß ein unwirksamer, aber gemäß § 41 Abs.1 AO 1977 steuerrechtlich beachtlicher Sachgründungsvertrag angenommen werden könnte.

Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn eine Willenserklärung einem anderen gegenüber abgegeben wird und beide Teile sich einig sind, daß das Erklärte nicht gewollt ist, der Wille also nur zum Schein erklärt sein soll (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28.April 1987 IX R 7/83, BFHE 150, 406, BStBl II 1987, 814; Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 51.Aufl., § 117 Abs.2 m.w.N.). Kein Scheingeschäft liegt daher vor, wenn der von den Parteien erstrebte Rechtserfolg gerade die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts voraussetzt. Bei Umgehungsgeschäften, wie der verschleierten Sachgründung, durch die als hinderlich empfundene gesetzliche Regelungen vermieden werden sollen, sind die vereinbarten Rechtsfolgen ernsthaft gewollt (vgl. Palandt, a.a.O., § 117 Abs.2 c; Kramer in Münchner Kommentar, § 117 Rdnr.15; vgl. auch Winter in Scholz, a.a.O., § 5 Rdnr.78 Fußnote 216).

Der Senat weicht insoweit nicht von der Entscheidung des BGH in BGHZ 28, 314 ab, da der BGH die verschleierte Sachgründung in dieser Entscheidung nicht abschließend erörtert hat und im übrigen von einer gewollten Sacheinlagepflicht ausgeht. Auch geht der zuständige Senat des BGH in seinen jüngeren Entscheidungen zur verschleierten Sachgründung, insbesondere zu den vergleichbaren Fällen einer Kapitalerhöhung, von einer fortbestehenden Bareinlageverpflichtung aus (vgl. BGH in BGHZ 110, 47/51).

c) § 20 Abs.1 UmwStG 1977 kann auch nicht analog auf die verschleierte Sachgründung angewendet werden (ebenso BFH-Beschluß vom 24.Januar 1990 X B 51/89, BFH/NV 1990, 537; Oppermann, a.a.O.; a.A. FG Düsseldorf, Urteil vom 19.Dezember 1985 VI/I 237/76 F, U, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1986, 375; zustimmend Knobbe-Keuk, a.a.O., S.669).

Die analoge Gesetzesanwendung setzt eine Gesetzeslücke, d.h. eine planwidrige mit dem Gesetzeszweck nicht zu vereinbarende Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9.August 1989 X R 30/86, BFHE 158, 45, BStBl II 1989, 891 m.w.N.). Eine solche Unvollständigkeit besteht für die verschleierte Sachgründung nicht. Jede --im übrigen im Belieben des Steuerpflichtigen stehende-- rechtsgeschäftliche Neugestaltung eines Unternehmens, wie der Unternehmensverkauf, Betriebsaufgabe, Bargründung, Sachgründung, sind steuergesetzlich abschließend geregelt (vgl. auch Pichler, RWP 1991, 1211 m.w.N.). Dementsprechend hat der Senat auch im Urteil vom 24.März 1987 I R 202/83 (BFHE 149, 542, BStBl II 1987, 705) die am Tag der GmbH-Gründung auf Grund Kaufvertrags vom selben Tag vereinbarte Betriebsüberlassung als Veräußerung eines Gewerbebetriebs nach § 16 Abs.1 Nr.1 EStG behandelt und die analoge Anwendung des § 17 UmwStG 1969 (heute: § 20 UmwStG 1977) unerörtert gelassen.

Eine unterschiedliche steuerliche Behandlung der Sachgründung einerseits und der verschleierten Sachgründung andererseits ist auch unter Berücksichtigung des von § 20 Abs.1 UmwStG verfolgten Zwecks nicht planwidrig. Den §§ 20, 21 UmwStG 1977 liegt die Vorstellung zugrunde, daß die im eingebrachten (Teil-)Betrieb im Zeitpunkt der Einbringung vorhandenen stillen Reserven auf Grund des Tausches gegen Gesellschaftsanteile in die Anteile übergehen. Wirtschaftlich gesehen repräsentieren die gewährten Gesellschaftsanteile das eingebrachte Betriebsvermögen (vgl. hierzu amtliche Gesetzesbegründung zu § 17 UmwStG; abgedruckt bei Glade/Steinfeld, a.a.O., Rdnr.929). Dieser Vorstellung entspricht die Sacheinlage bei der verschleierten Sachgründung nicht.

Die Verrechnung der Forderung des Einbringenden gegen die Einlageforderung ist gemäß § 19 Abs.5 GmbHG unwirksam. Die Tilgung der Forderung des Einbringenden mit der im zeitlichen Zusammenhang der Kapitalgesellschaft zugeflossenen Bareinlage wird zivilrechtlich ebenfalls nicht anerkannt (vgl. z.B. Winter in Scholz, a.a.O., § 5 Rdnr.78; BGH in BGHZ 28, 314/6). Der Einbringende behält daher im Zusammenhang mit der Übertragung des (Teil-)Betriebs eine Forderung gegen die GmbH, deren Rechtsgrund bzw. Inhalt hier dahingestellt bleiben kann (vgl. hierzu z.B. Priester, DStR 1990, 770/3; Lutter/ Hommelhoff, a.a.O., § 5 Rdnrn.43, 45; Knobbe-Keuk u.a. Jahrbuch Fachanwälte für Steuerrecht 1986/87, S.196 ff.). Dieser Forderung des Einbringenden entspricht eine Verbindlichkeit der Kapitalgesellschaft, die deren Vermögen verringert. Diese Vermögensminderung kann --je nach Art der Bewertungsmethode-- den Veräußerungspreis der Kapitalanteile mindern. Bei der verschleierten Sachgründung ist daher nicht mehr sichergestellt, daß sich der Wert des übertragenen (Teil-)Betriebs ungekürzt in den Kapitalanteilen fortsetzt.

d) Da auf Grund derselben Überlegungen bei der verschleierten Sachgründung keine wirtschaftliche Identität mehr zwischen dem eingebrachten (Teil-)Betrieb und den Kapitalanteilen besteht und die Kapitalanteile vielmehr für die eingegangene Bareinlageverpflichtung gewährt werden, scheidet auch eine Fortführung der Überlegungen des IV.Senats (in BFHE 136, 129, BStBl II 1982, 738) zugunsten der Klägerin aus.

4. Die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr.2 a Satz 1 GewStG greift im Streitfall nicht ein.

Danach wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen gemäß § 8 GewStG gekürzt u.a. um die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft i.S. des § 2 Abs.2 Nr.2 GewStG, an der das Unternehmen zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens zu 1/4 (heute: 10 %) beteiligt ist, wenn die Gewinnanteile bei der Erfassung des Gewinns (§ 7 GewStG) angesetzt worden sind. Gewinne aus der Veräußerung einer Kapitalbeteiligung sind nicht "Gewinne aus Anteilen" i.S. des § 9 Nr.2 a GewStG (vgl. BFH in BFHE 105, 31, BStBl II 1972, 468; in BFHE 105, 35, BStBl II 1972, 470; in BFHE 142, 394, BStBl II 1985, 160; Lenski/Steinberg, a.a.O., § 9 Nr.2 a Rdnr.2; Blümich/Gosch, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 9 GewStG Rdnr.153). § 9 Nr.2 a GewStG hat ausschließlich den Zweck, eine zweifache gewerbesteuerliche Belastung der Erträge der Kapitalgesellschaft zu vermeiden.

5. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, ist das mit der Revision angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen. Das FG hat aus seiner Sicht zu Recht nicht geprüft, ob das FA den 1981 durch die Veräußerung der GmbH-Anteile erzielten Gewinn richtig ermittelt hat. Es wird insbesondere zu prüfen sein, ob sich die lt. Bargründungsvertrag angenommenen Anschaffungskosten der Beteiligung 1980 durch Sacheinlagen erhöht haben. Dabei kann --unabhängig von den abweichenden zivilrechtlichen Ansichten-- steuerlich gemäß § 41 Abs.1 AO 1977 von der Wirksamkeit der Sacheinlage ausgegangen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64482

BFH/NV 1993, 3

BStBl II 1993, 131

BFHE 169, 224

BFHE 1993, 224

BB 1992, 2498 (L)

DB 1993, 310-312 (LT)

DStR 1992, 1802 (KT)

DStZ 1993, 93 (KT)

HFR 1993, 199 (LT)

StE 1992, 672 (K)

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