Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht, Abgabenordnung Grundsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Auslegung eines Schriftstückes, das einerseits als Klage gegen die die Aussetzung der Vollziehung ablehnende Entscheidung der Verwaltungsbehörden, andererseits als Antrag, die Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO auszusetzen, bezeichnet ist.

Der III. Senat tritt der von dem Beschluß III B 9/66 vom 10. 2. 1967 (BFH 87, 447) abweichenden Auffassung zur Auslegung des Begriffs ernstliche Zweifel i. S. des § 69 FGO im Beschluß VI S 2/66 vom 15. 2. 1967 (BFH 87, 602) nicht bei.

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob es rechtlich zulässig ist, entgegen § 37 GrStDV 1937 auf Grund einer auf Abschn. 56 Abs. 2 GrStR 1937 gestützten Verfügung des Oberfinanzpräsidenten eine Zerlegung des Grundsteuermeßbetrages durchzuführen.

FGO § 11 Abs. 3, § 69 Absätze 2 und 3; GrStG 1937 § 17, § 20; GrStDV 1937 §§ 37 ff.; GrStR 1937

 

Normenkette

FGO § 11 Abs. 3, § 69 Abs. 2-3; GrStG §§ 17, 20; GrStDV § 37

 

Tatbestand

Durch Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 16. Dezember 1953 wurden der Bescheid betreffend die Fortschreibung des Einheitswerts des forstwirtschaftlichen Betriebs des Bf. zum 1. Januar 1948 und der Grundsteuermeßbescheid geändert. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision ist beim Senat anhängig. Das FA erließ hierauf einen Einheitswertbescheid zum 1. Januar 1948 und Grundsteuermeßbescheid, denen es die im Urteil des FG ermittelten Werte zugrunde legte. In der Urkunde, die den Einheitswert und den Grundsteuermeßbescheid enthielt, führte das FA die Zerlegung des Grundsteuermeßbetrags entsprechend den Ausführungen des FG in den Gründen des oben genannten Urteils durch.

Der Bf. focht den Zerlegungsbescheid mit der Beschwerde an; er vertrat die Auffassung, ein Zerlegungsbescheid hätte nach § 20 GrStG, § 37 GrStDV 1937 nicht ergehen dürfen; Abschnitt 56 Abs. 2 GrStR 1937 und Abschnitt 92 Abs. 2 GrStR 1951 seien keine ausreichende Rechtsgrundlage. Gleichzeitig beantragte er, die Vollziehung des Zerlegungsbescheides auszusetzen. Das FA lehnte den Antrag ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wurde von der OFD - die zuvor die Entscheidung über die gegen den Zerlegungsbescheid gerichtete Beschwerde gemäß § 388 Abs. 5 AO a. F. ausgesetzt hatte - wegen Fristversäumnis als unzulässig verworfen; die Beschwerdeentscheidung ist unanfechtbar geworden.

Mit Schreiben vom 3. August 1965 beantragte der Bf. erneut, die Vollziehung des Grundsteuer-Zerlegungsbescheids auszusetzen. Das FA wies den Antrag zurück. Mit der Beschwerde wiederholte der Bf. sein bisheriges Vorbringen und erhob Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Einheitswertbescheids. Die OFD wies die Beschwerde als unbegründet zurück.

Am 15. April 1966 richtete der Bf. ein mit "Klage gegen das FA" bezeichnetes Schreiben an das FG und beantragte:

"1. Die Vollziehung des Zerlegungsbescheids des Finanzamts vom 26. 6. 1964 wird insoweit ausgesetzt, als der Bescheid auf dem noch nicht rechtskräftig festgestellten Einheitswert beruht und diesen anteilsmäßig auf die Belegenheitsgemeinden zerlegt.

Die Kosten des Verfahrens sind dem Finanzamt aufzuerlegen.

Unsere Zuziehung als Bevollmächtigte für die Durchführung des außergerichtlichen Vorverfahrens für notwendig zu erklären."

In diesem Schriftsatz wiederholte der Bf. im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Unter Nr. 3 der Begründung ist ausgeführt:

"Die Klage ist demnach begründet. Im übrigen nehmen wir auf unsere bisherigen Schreiben, insbesondere auf das vom 26. 10. 1965 Bezug.

Da auch die Voraussetzungen nach § 69 Abs. 2 FGO gegeben sind, stellen wir hiermit den Antrag, die mit der Klage begehrte Aussetzung der Vollziehung des Zerlegungsbescheids vom 26. 6. 1964 gemäß § 69 Abs. 3 FGO zu verfügen."

Das FG behandelte den Vorgang intern zunächst als Antrag. In einer Verfügung des Berichterstatters und darauf beruhenden Maßnahmen heißt es "Antrag" und "Antragsschrift".

In dem Schreiben des FA über die Vorlage der Akten vom 27. April 1966 ist von der Klage des Bf. wegen Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung des Grundsteuer-Zerlegungsbescheids zum 1. Januar 1948 die Rede; das FA gab eine eigene Begründung nicht ab, führte jedoch aus, die Klage richte sich gegen die Beschwerdeentscheidung der OFD vom 11. März 1966. Die OFD reichte das Schreiben des FA mit ihrer Stellungnahme in doppelter Fertigung ein; die OFD führte in dem an das FG gerichteten Schreiben u. a. folgendes aus:

"In Ihrem übersendungsschreiben vom 20. 4. 1966 ist das Schreiben der X. vom 15. 4. 1966 lediglich als "Antrag" bezeichnet. Es dürfte sich aber nicht um einen bloßen Antrag i. S. des § 69 Abs. 3 FGO, sondern um eine förmliche Klage nach § 40 Abs. 1 FGO handeln, da sich die Ausführungen der X. eindeutig gegen die Beschwerdeentscheidung der OFD richten, gegen die nach der erteilten Rechtsbehelfsbelehrung die Klage gegeben ist.

Gem. § 61 FGO tritt die OFD dem finanzgerichtlichen Verfahren bei. Den Vorlagebericht des FA vom 27. 4. 1966 habe ich hinsichtlich des Tags der Zustellung der Beschwerdeentscheidung und der Beifügung der Stellungnahme ergänzt ..."

Die Zweitschrift der Stellungnahme der OFD befindet sich noch bei den dem BFH als Beschwerdegericht vorliegenden Akten des FG. Ohne den Bf. von den Schreiben des FA und der OFD zu verständigen, wies das FG durch Vorbescheid vom 26. Mai 1966 "die Klage wegen Ablehnung des Aussetzungsantrags" ab; gegen den Vorbescheid ist Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Ebenfalls am 26. Mai 1966 erließ das FG in der Besetzung mit drei Berufsrichtern einen Beschluß, durch den es den auf § 69 Abs. 3 FGO gestützten Antrag, die Vollziehung des Grundsteuer-Zerlegungsbescheids auszusetzen, ablehnte; in dem Beschluß wurde auf den gleichzeitig ergangenen Vorbescheid Bezug genommen.

Der Bf. greift den Beschluß des FG mit der Beschwerde an; er beantragt:

"Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wird die Vollziehung des Grundsteuer-Zerlegungsbescheids des Finanzamts vom 26. 6. 1964 insoweit ausgesetzt, als der Bescheid auf dem noch nicht rechtskräftig festgestellten Einheitswert beruht und diesen anteilsmäßig auf die Belegenheitsgemeinden zerlegt."

Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Auf die Schriftsätze des Bf. vom 17. August 1966 und des FA vom 14. Oktober 1966 wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

I. -

Die Beschwerde ist statthaft, weil die Voraussetzungen des § 128 FGO erfüllt sind. Sie richtet sich gegen den Beschluß des FG vom 26. Mai 1966, durch den der Antrag des Bf. abgelehnt wurde, die Vollziehung des Grundsteuer-Zerlegungsbescheids gemäß § 69 Abs. 3 FGO auszusetzen. Auf die Zulässigkeit der Beschwerde hat es - entgegen der Auffassung des FA - keinen Einfluß, daß der Bf. einen Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO verfolgt, während gleichzeitig eine Klage gegen die Beschwerdeentscheidung der OFD beim FG anhängig sei, mit der der Bf. die Aussetzung der Vollziehung durch die Verwaltung nach § 242 AO erstrebe. Diese in der Beschwerdeinstanz vom FA aufgeworfene und vom FG in dem angefochtenen Beschluß erörterte Frage bezieht sich auf die Begründetheit der Beschwerde.

II. - Dem FG kann nicht darin gefolgt werden, es habe dem Antrag des Bf., die Vollziehung des Grundsteuer-Zerlegungsbescheids wegen ernstlicher Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit auszusetzen, nicht entsprechen können, weil das Vorbringen, auf das der Bf. seinen Antrag gestützt habe, bereits Gegenstand des Klageverfahrens sei.

Der Beschluß des BFH VII S 2/66 vom 25. Januar 1966 (BFH 84, 479, BStBl III 1966, 174), auf den das FA seine Auffassung stützt, beruht auf einem mit dem vorliegenden nicht vergleichbaren Sachverhalt. Das gleiche gilt für den Beschluß des BFH I S 8/66 vom 19. April 1966 (BFH 86, 56, BStBl III 1966, 358). Der Senat braucht daher nicht zu prüfen, ob er dem VII. und dem I. Senat darin zu folgen vermöchte, daß ein Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO nicht gestellt werden könne, wenn eine auf Aussetzung der Vollziehung nach § 242 Abs. 2 AO oder § 69 Abs. 2 FGO durch die Verwaltungsbehörde gerichtete Verpflichtungsklage anhängig sei, weil Identität des Streitgegenstandes bestehe, über den nicht doppelt entschieden werden dürfe.

Im Verfahren über die vorliegende Beschwerde ist der Senat nicht befugt, sich dazu zu äußern, ob das Verfahren der OFD, die dem FG die Durchführung eines Klageverfahrens nahelegte, rechtlich einwandfrei war. Dem Senat ist es auch verwehrt, dazu Stellung zu nehmen, ob das FG dadurch gegen Artikel 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstoßen hat, daß es in dem "Verfahren über die Klage" den Schriftsatz der OFD dem Bf. nicht übermittelt hat. Es wird davon abgesehen, die Frage zu erörtern, ob die Vorinstanz dem Bf. dadurch das rechtliche Gehör verweigert hat, daß sie es unterließ, ihn über den oben dargestellten Wechsel in der verfahrensmäßigen Behandlung des Schriftsatzes vom 15. April 1966 zu unterrichten. Auf eine dadurch möglicherweise bewirkte Verletzung des Anspruchs des Bf. auf rechtliches Gehör kommt es im Streitfall nicht an, weil die angefochtene Entscheidung schon aus einem anderen Grunde aufgehoben und durch eine dem Bf. günstige Entscheidung ersetzt wird.

Der Umstand, daß das FG den Schriftsatz vom 15. April 1966 als Klage aufgefaßt hat, hindert den Senat nicht, die in diesem Schriftsatz enthaltenen Anträge selbständig auszulegen. Gegen den Vorbescheid vom 26. Mai 1966, durch den die "Klage" abgewiesen wurde, hat der Bf. rechtzeitig Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Da der Bescheid somit als nicht ergangen gilt (§ 90 Abs. 3 Satz 3 FGO), kann eine Bindung des Senats nicht in Betracht kommen. Hiervon abgesehen, muß der BFH den Inhalt des Schriftsatzes vom 15. April 1966 selbständig ermitteln, weil er als Beschwerdegericht nachprüfen muß, ob die in dem angefochtenen Beschluß vertretene Auffassung des FG zutrifft, der Antrag müsse, soweit Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zerlegungsbescheids geltend gemacht wurden, schon deswegen abgelehnt werden, weil das gleiche Vorbringen bereits Gegenstand des Klageverfahrens sei. Insoweit ist der BFH nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die Richtigkeit der Meinung des FG nachzuprüfen, es sei eine Klage anhängig.

Der BFH ist als Beschwerdegericht verpflichtet, das Schreiben des Bf. vom 15. April 1966, das einerseits als Klage und andererseits als Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO bezeichnet wurde, auszulegen; er muß den in dem mißverständlich abgefaßten Schreiben zum Ausdruck kommenden wirklichen Willen des Bf. ermitteln. Für die Auslegung kommt nur der in der prozessualen Erklärung verkörperte Wille in Betracht (Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 64 S. 71 - RGZ 64, 71 -). Die allgemeine Auslegungsregel des § 133 BGB gilt entsprechend (RGZ 159, 256; vgl. auch Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts, 9. Auflage, § 61 III). Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist es unzulässig, an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Mangels anderer Anhaltspunkte ist der Prozeßzweck zu berücksichtigen (RGZ 132, 333). Zweifel über den sachlichen Inhalt einer Erklärung muß der Vorsitzende klären (§ 76 Abs. 2 FGO). Dies ist im vorliegenden Falle nicht geschehen. Das FG hat die widersprüchliche Erklärung vom 15. April 1966 auf Grund der Einwendungen der OFD in einem dem Bf. ungünstigen und mit der oben erwähnten Auslegungsregel nicht vereinbaren Sinn gedeutet.

Für das Recht der AO ist mehrfach entschieden worden, es sei grundsätzlich davon auszugehen, daß der Steuerpflichtige das Rechtsmittel habe einlegen wollen, das zu dem von ihm angestrebten Erfolg führe (vgl. Urteile III 103/58 U vom 14. November 1958, BFH 68, 134, BStBl III 1959, 51; II 79/59 vom 1. März 1961, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1961 S. 151 - HFR 1961, 151 -; VII 11/63 vom 27. März 1963, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Reichsabgabenordnung, § 249, Rechtsspruch 26; IV 425/60 vom 12. März 1964, HFR 1964, 356). Es bedarf keiner Begründung, das dieser mit der Auslegungsregel des § 133 BGB übereinstimmende Grundsatz auch für das Recht der FGO gilt.

Der Schriftsatz vom 15. April 1966 ist in dem Sinne aufzufassen, daß der Bf. die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Grundsteuer-Zerlegungsbescheids durch das Gericht erstrebte.

Der "Klageantrag Ziff. 1" war darauf gerichtet, daß das Gericht die Vollziehung des Zerlegungsbescheids insoweit aussetzen möge, "als der Bescheid auf dem noch nicht rechtskräftig festgesetzten Einheitswert beruht und diesen anteilsmäßig auf die Belegenheitsgemeinden zerlegt". Der auf § 69 Abs. 3 FGO gestützte Antrag lautete: "... die mit der Klage begehrte Aussetzung der Vollziehung des Zerlegungsbescheides ... zu verfügen". Die Formulierung beider Anträge läßt unmißverständlich erkennen, daß der Bf. die Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht erstrebte. Eine derartige Entscheidung konnte durch eine Klage nicht erreicht werden. Auf Klage konnte das Gericht günstigstenfalls die Behörde verpflichten, dem Bf. die begehrte Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. Da der wirkliche Wille des Bf. in den beiden Anträgen klar zum Ausdruck kommt, besteht kein Anlaß, den "Klageantrag" als fehlerhaft formulierten Antrag zu einer Verpflichtungsklage aufzufassen. Die Tatsache, daß der Bf. im Schriftsatz vom 15. April 1966 am Anfang und in der Begründung das Wort Klage verwendet hat, beruht auf einem Irrtum über den verfahrensrechtlichen Weg, der zur Durchsetzung seines Begehrens in Betracht kam. Da das sachliche Begehren den wirklichen Willen eindeutig zum Ausdruck bringt, kann aus dem Irrtum über den Weg, auf dem dieses Begehren zu verfolgen war, kein Schluß auf die Willensrichtung des Bf. gezogen werden. Dies gilt auch hinsichtlich der Anträge über die Kostenfolge; sie sind durch den Irrtum des Bf. über den verfahrensrechtlichen Weg veranlaßt.

III. - Die Vorinstanz hat weder in dem angefochtenen Beschluß noch in dem im Beschwerdeverfahren nicht zu prüfenden Vorbescheid erörtert, ob die Vollziehung des angefochtenen Zerlegungsbescheids wegen ernstlicher Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit auszusetzen sei.

Der Senat ist im vorliegenden Falle als Beschwerdegericht befugt, die angefochtene Entscheidung uneingeschränkt zu prüfen; er kann, da er im Gegensatz zum FG der Auffassung ist, die Vollziehung sei auszusetzen, die Aussetzung selbst bewilligen. Als Beschwerdegericht ist er berechtigt, nach Aufhebung der Vorentscheidung in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. Ziemer- Birkholz, Finanzgerichtsordnung, § 132, Randziffern 1 und 8; Eyermann-Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Auflage, § 150, Randziffer 8; Klinger, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Auflage, § 150 Anmerkung B; Ule, Verwaltungsgerichtsbarkeit, 2. Auflage, § 150 Nr. 3, derselbe, Verwaltungsprozeßrecht, 4. Auflage, § 64, IV).

Für den vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob sich der Senat der in dem nichtveröffentlichten Beschluß VI B 28/66 vom 31. Januar 1967 vertretenen Auffassung anschließen könnte; in dieser Entscheidung hat der VI. Senat des BFH ausgeführt, der BFH könne auf die Beschwerde gegen die Entscheidung, durch die das FG die Aussetzung der Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheides ganz oder teilweise abgelehnt habe, nur prüfen, ob das FG sein Ermessen einwandfrei ausgeübt habe. Der Senat braucht sich nicht damit auseinanderzusetzen, weil die Rechtsauffassung des VI. Senats in dem hier zu entscheidenden Fall zum gleichen Ergebnis führt. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf Ermessensausübung; das FG hat den Antrag des Bf. aus Rechtsgründen zurückgewiesen. Von dem im Beschluß VI B 28/66 vertretenen Standpunkt aus wäre an sich der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen, damit dieses Gelegenheit erlangte, eine Ermessensentscheidung über den Aussetzungsantrag zu fällen. Es war jedoch in der Rechtsprechung des BFH anerkannt, daß das Gericht in Fällen, in denen nur eine Ermessensentscheidung ermessensfehlerfrei wäre, nicht verpflichtet ist, sich darauf zu beschränken, die ermessensfehlerhafte Entscheidung aufzuheben, vielmehr in der Sache selbst entscheiden kann (vgl. Gutachten des BFH Gr.S. D. 1/51 S vom 17. April 1951, BFH 55, 277 (285), BStBl III 1951, 107 (110); Urteil I 127/59 U vom 18. Oktober 1960, BFH 71, 605, BStBl III 1960, 476; III 112/60 U vom 30. August 1963, BFH 77, 522, BStBl III 1963, 511). Diese Rechtsprechung bezieht sich allerdings nur auf von Verwaltungsbehörden erlassene Ermessensentscheidungen; wenn jedoch die Befugnis des Gerichts bejaht wurde, in an sich der Verwaltung vorbehaltene Bereiche einzugreifen, können - ausgehend von der dem Beschluß VI B 28/66 zugrunde liegenden Auffassung - keine Bedenken bestehen, diese Rechtsprechung auch auf gerichtliche Entscheidungen anzuwenden.

Nach dem Beschluß VI S 9/66 vom 31. Januar 1967, BFH 87, 600, BStBl III 1967, 255 muß der Antragsteller in seinem Aussetzungsantrag erklären, auf welchen der beiden Aussetzungstatbestände er seinen Antrag stütze; er hat ferner die zur Begründung seines Antrages erforderlichen Tatsachen vorzutragen. Die Entscheidung läßt erkennen, daß der VI. Senat einen Aussetzungsantrag bei Fehlen einer der von ihm aufgestellten Voraussetzungen nicht als unzulässig, sondern als unbegründet zurückweist.

Für das vorliegende Verfahren braucht nicht geprüft zu werden, ob sich der III. Senat der in dem Beschluß VI S 9/66 a. a. O. ohne Bezeichnung der Rechtsgrundlage vertretenen Auffassung anschließen könnte. Für die Entscheidung über die Beschwerde wäre eine abweichende Rechtsauffassung nicht erheblich; der Beschwerde könnte der Erfolg nicht mit der Begründung versagt werden, die im Beschluß VI S 9/66 a. a. O. aufgestellten Erfordernisse seien nicht erfüllt. Der Bf. hat den an das FG gerichteten Aussetzungsantrag auf beide Aussetzungstatbestände im Sinne der Entscheidung des VI. Senats gestützt; er hat auch Tatsachen vorgetragen, die dem Antrag zum Erfolg verhelfen.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 FGO soll das Gericht auf Antrag des Abgabepflichtigen die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Den Begriff "ernstliche Zweifel" hat der Senat im Beschluß III B 9/66 vom 10. Februar 1967, BFH 87, 447, BStBl III 1967, 182, ausgelegt. Danach sind ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO zu bejahen, wenn bei der summarischen Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Aussetzungsverfahren neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Nach der Wiedergabe des Ergebnisses der Wortauslegung ist in dem erwähnten Beschluß dargelegt, dieses Ergebnis stehe im Einklang mit dem Zweck der Vorschrift; vorläufiger Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung könne - vom Fall der sogenannten unbilligen Härte abgesehen - nur dann in Betracht kommen, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spreche, daß der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig sei und somit nicht nur geringfügige Aussichten bestünden, daß der Rechtsbehelf Erfolg haben könne.

Im Beschluß VI S 2/66 vom 15. Februar 1967, BFH 87, 602, BStBl III 1967, 256, hat der VI. Senat erklärt, er trete dieser Auslegung bei. In dem auf diese äußerung folgenden Absatz der Entscheidungsgründe ist noch ausgeführt:

"Es rechtfertigt also nicht jeder Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids die Aussetzung der Vollziehung. Die Zweifel müssen vielmehr von Gewicht sein. Bei Abwägung aller Umstände müssen die für die Unrechtmäßigkeit des Steuerbescheids sprechenden Bedenken rechtlicher oder tatsächlicher Art überwiegen."

Satz 3 dieser zusätzlichen Ausführungen ist mit der dem Beschluß III B 9/66 a. a. O. zugrunde liegenden Rechtsauffassung nicht vereinbar. Der VI. Senat stellt mit diesem Satz strengere Anforderungen an die Aussetzung der Vollziehung, als sie nach dem von ihm gebilligten Beschluß III B 9/66 a. a. O. erforderlich sind, ohne dies indessen zu begründen. Weder aus dem Ergebnis der Wortauslegung noch aus der diese bestätigenden Auslegung nach dem Zweck der Vorschrift ergibt sich, daß "die für die Unrechtmäßigkeit des Steuerbescheids sprechenden Bedenken ... überwiegen" müssen. Es ist auch nicht richtig, daß die Zweifel "von Gewicht" sein müßten; denn der Zustand des Zweifels als solcher im Sinne der Unentschiedenheit, Unsicherheit oder Unklarheit bei der Prüfung, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig sei, ist seiner Intensität nach mit Hilfe des Verstandes weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht meßbar (Beschluß III B 9/66 a. a. O.).

Obwohl der Senat der Ansicht des VI. Senats insoweit nicht folgt, ist er nicht genötigt, nach § 11 Abs. 3 FGO den Großen Senat anzurufen. Der von der Rechtsauffassung eines anderen Senats abweichende Senat braucht den Großen Senat nicht anzurufen, wenn die Rechtsauffassung des Senats, von der abgewichen werden soll, für dessen Entscheidung nicht erheblich war (vgl. Sammlung der Entscheidungen des Reichsfinanzhofs Bd. 7 S. 287 (289) - RFH 7, 287 (289) -; RGZ 134, 17 (22); Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bd. 16 S. 273 ff.; ferner Schäfer in Löwe-Rosenberg, Strafprozeßordnung, 21. Auflage, § 136 Gerichtsverfassungsgesetz Anmerkung 4). Die oben wiedergegebene äußerung des VI. Senats im Beschluß VI S 2/66 a. a. O. trägt dessen Entscheidung nicht. Der VI. Senat hat seine Entscheidung damit begründet, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids. Die Ausführungen unter Nr. 7 des Beschlusses VI S 2/66 a. a. O. lassen nicht erkennen, daß der VI. Senat seiner Entscheidung den unter Nr. 4 der Entscheidungsgründe angeführten Satz zugrunde gelegt hätte, nach dem die für die Unrechtmäßigkeit des Steuerbescheids sprechenden Bedenken rechtlicher oder tatsächlicher Art überwiegen müßten.

IV. - In der Sache selbst hat die Beschwerde Erfolg.

Für die Sachentscheidung ist es unerheblich, ob der dem angefochtenen Zerlegungsbescheid zugrunde liegende Grundsteuermeßbescheid oder der Einheitswertbescheid rechtmäßig sind. Einwendungen gegen diese Bescheide können im Verfahren über den Zerlegungsbescheid nicht erhoben werden (vgl. §§ 213 Abs. 2 Satz 2, 232 Abs. 2 und 4 AO, § 42 Abs. 2 und 4 FGO). Damit steht zugleich fest, daß die Aussetzung der Vollziehung eines Grundsteuer-Zerlegungsbescheids - vom Fall der Nichtigkeit abgesehen - nicht auf mögliche Einwendungen gegen den zugrunde liegenden Einheitswertbescheid und Grundsteuermeßbescheid gestützt werden kann. Auf die Einwendungen des Bf. gegen die Einheitswertfortschreibung zum 1. Januar 1948 kommt es daher nicht an.

Soweit der Bf. seinen Aussetzungsantrag darauf stützt, der Grundsteuer-Zerlegungsbescheid sei angesichts des § 37 GrStDV rechtswidrig, durfte ihn das FG nicht ablehnen. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob es rechtlich zulässig war, entgegen § 37 GrStDV auf Grund einer auf Abschnitt 56 Abs. 2 GrStR 1937 gestützten Verfügung des Oberfinanzpräsidenten eine Zerlegung des Grundsteuermeßbetrags durchzuführen.

Nach § 17 des auf den Streitfall anzuwendenden GrStG vom 1. Dezember 1936 (RGBl I 986, RStBl 1154) ist der Grundsteuermeßbetrag, wenn sich der Steuergegenstand über mehrere Gemeinden erstreckt, zu zerlegen und auf die einzelnen Gemeinden zu verteilen, sofern nicht nach § 20 GrStG die Zerlegung unterbleibt. § 20 GrStG ließ Bestimmungen des Reichsministers der Finanzen (RdF) und des Reichsministers des Innern (RdI) darüber zu, daß statt der Zerlegung der Steuermeßbeträge für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ein Steuerausgleich zwischen den Gemeinden durchgeführt werden solle; die Bestimmungen konnten auf einzelne Teile des Reichs beschränkt werden.

§ 37 GrStDV vom 1. Juli 1937 (RGBl I 733, RStBl 781) bestimmt, daß in den Ländern Bayern, Sachsen, Württemberg, Mecklenburg, Oldenburg, Anhalt und im Saarland statt der Zerlegung der Meßbeträge für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ein Steuerausgleich zwischen den Gemeinden durchzuführen sei. Diese Regelung beruht offensichtlich auf der Ermächtigung in § 20 GrStG. Dies ergibt sich einerseits aus dem Vorspruch zur GrStDV 1937 und andererseits aus der Abschnittsüberschrift zu den §§ 37 ff. GrStDV 1937. Der Vorspruch zur GrStDV 1937 lautet:

"Auf Grund des § 12 der Reichsabgabenordnung in der Fassung des Einführungsgesetzes zu den Realsteuergesetzen vom 1. Dezember 1936 (Reichsgesetzblatt I S. 169, Reichssteuerblatt 1936 S. 1137) und auf Grund der Ermächtigungen des Grundsteuergesetzes wird im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern und, soweit erforderlich, im Einvernehmen mit den übrigen beteiligten Reichsministern hierdurch verordnet:

Die §§ 37 bis 48 GrStDV 1937 enthalten die Abschnittsüberschrift: "Ersatz der Zerlegung durch Steuerausgleich".

Zur Durchführung des Steuerausgleichs schreibt § 38 GrStDV 1937 vor, der Steuermeßbetrag eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, auch wenn sich der Betrieb über mehrere Gemeinden erstrecke, sei der Gemeinde zuzuteilen, in deren Bezirk der wertvollste Teil des Betriebs liege (Sitzgemeinde). Nach § 39 GrStDV 1937 ist entsprechend der Zuteilung der ganzen Steuermeßbeträge an die Sitzgemeinde die volle Grundsteuer der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe, für die die Gemeinde Sitzgemeinde ist, an diese zu entrichten; an dem Steueraufkommen der Sitzgemeinde werden die anderen Gemeinden, auf die sich die Betriebe erstrecken (Belegenheitsgemeinden), nach Massgabe der §§ 40 bis 48 beteiligt (Steuerausgleich). Nach § 46 GrStDV 1937 hat die Sitzgemeinde, wenn die Gemeinden nichts abweichendes vereinbaren, den Beteiligungsbetrag in monatlichen Teilbeträgen am letzten eines jeden Kalendermonats an die Belegenheitsgemeinden abzuführen.

Im Streitfall ist nicht nach diesen Rechtsnormen, sondern nach einer auf § 56 Abs. 2 der Richtlinien für die Durchführung der Grundsteuer für den ersten Hauptveranlagungszeitraum (Runderlaß des RdF und des Reichs- und Preußischen Ministers des Innern vom 19. Juli 1937, RStBl 1937, 869, 882) - GrStR 1937 - gestützten Verfügung des Oberfinanzpräsidenten vom 18. Juli 1938 - L 1140 - 8 I/f - verfahren worden. Abschnitt 56 GrStR 1937 ist, wie aus der Abschnittsüberschrift ersichtlich, zu § 44 GrStDV 1937 ergangen. Nach dieser Bestimmung kann der Beteiligungsbetrag einer Belegenheitsgemeinde am Steueraufkommen der Sitzgemeinde nach anderen Gesichtspunkten festgesetzt werden, die den tatsächlichen Verhältnissen Rechnung tragen, wenn die Festsetzung nach den §§ 41 bis 43 GrStDV 1937 im einzelnen Fall zu einem offenbar unbilligen Ergebnis führt. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, daß nur eine andere Festsetzung des Beteiligungsbetrages möglich ist, nicht aber in Abweichung von den Regeln der §§ 37 ff. GrStDV 1937 eine Zerlegung zugelassen sei. In Abschnitt 56 Abs. 1 GrStR 1937 ist hinsichtlich des Zwecks des § 44 GrStDV 1937 ausgeführt: "Nach dieser Vorschrift können außerordentliche Härten ausgeglichen werden, die sich aus der Berechnung des Beteiligungsbetrags nach den Vorschriften der §§ 41 bis 43 GrStDV in Ausnahmefällen ergeben könnten." Absatz 2 des Abschnitts 56 GrStR 1937 lautet wie folgt:

"Der Oberfinanzpräsident kann für seinen Bezirk allgemein anordnen, daß die Ausmärkerfläche eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, die innerhalb einer Gemeinde eine bestimmte Größe überschreitet, nicht in den Steuerausgleich einbezogen wird, sondern daß der Steuermeßbetrag eines derartigen Betriebs hinsichtlich dieser Gemeinde zu zerlegen ist."

Durch die auf diese Bestimmung gestützte Verfügung des Oberfinanzpräsidenten wurde angeordnet, daß hinsichtlich der Ausmärkerflächen (§ 41 Abs. 2 Satz 1 GrStDV 1937), die in den Belegenheitsgemeinden größer als 15 ha waren, statt des Steuerausgleichs eine Zerlegung des Steuermeßbetrags stattzufinden habe.

Nach Ansicht der Verwaltung sind sowohl Abschnitt 56 Abs. 2 GrStR 1937 als auch die darauf gestützte Anordnung des Oberfinanzpräsidenten rechtmäßig. Abschnitt 56 Abs. 2 GrStR 1937 habe auf Grund des § 12 AO ergehen dürfen. Auf Grund dieser Vorschrift habe der RdF durch die GrStR 1937 eine Vorschrift der GrStDV 1937 einschränken oder ändern dürfen.

Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids hängt davon ab, ob der RdF und der RdI befugt waren, die von den §§ 37 ff. GrStDV 1937 abweichende Regelung in Abschnitt 56 Abs. 2 GrStR zu erlassen. Da die GrStR 1937 als Ganzes eine Verwaltungsanordnung darstellen, ist zunächst zu prüfen, ob Abschnitt 56 Abs. 2 GrStR 1937 als Rechtsnorm aufgefaßt werden kann, durch die die Regelung der §§ 37 ff. GrStDV 1937 einschränkend geändert werden durfte. Hiergegen könnte eingewandt werden, § 20 GrStG habe den RdF und den RdI nur ermächtigt, gemeinsam Bestimmungen darüber zu treffen, daß statt der Zerlegung der Steuermeßbeträge für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ein Steuerausgleich zwischen den Gemeinden stattzufinden habe. Abschnitt 56 Abs. 2 GrStR 1937 enthalte eine solche Bestimmung nicht, gebe vielmehr - ohne Rechtsgrundlage - den Oberfinanzpräsidenten eine Ermächtigung, nach ihrem Belieben anzuordnen, daß von den Regeln über den Steuerausgleich abzuweichen und statt dessen eine in der GrStDV nicht vorgesehene Zerlegung durchzuführen sei. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob die §§ 37 ff. GrStDV 1937 entsprechend § 20 GrStG wirklich durch gemeinsamen Rechtsetzungsakt der beiden Minister zustande gekommen sind.

Hiervon abgesehen, können erhebliche Bedenken gegen die Auffassung geltend gemacht werden, Abschnitt 56 Abs. 2 GrStR 1937 stelle eine Rechtsnorm dar; es fehle an der durch das Gesetz über die Verkündung von Rechtsverordnungen vom 13. Oktober 1923 (RGBl I 959) vorgesehenen Publikation. Sollte es sich gleichwohl um eine Rechtsnorm handeln, muß geprüft werden, ob die Verfügung des Oberfinanzpräsidenten eine ausreichende Grundlage zum Erlaß belastender Verwaltungsakte sein könnte. Dies könnte nur dann der Fall sein, wenn die Anordnung des Oberfinanzpräsidenten Rechtssatzcharakter hätte. Auch unter Berücksichtigung der staatsrechtlichen Verhältnisse zur Zeit des Erlassen der GrStR 1937 ist es sehr zweifelhaft, ob der RdF und der RdI ohne eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung Rechtssetzungsbefugnisse auf die Oberfinanzpräsidenten übertragen konnten.

Die vorstehend dargelegten Erwägungen machen deutlich, daß gewichtige Gründe gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Zerlegungsbescheids geltend gemacht werden können und somit die Vollziehung ausgesetzt werden muß (vgl. oben III. 1. Abs. 2). Im Aussetzungsverfahren, für das angesichts der summarischen Prüfung eine eingehende Auseinandersetzung mit den für und gegen die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen weder erforderlich noch statthaft ist, sind die im Verfahren über die Hauptsache zu entscheidenden Rechtsfragen nicht abschließend zu klären. Das Gewicht der gegen die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründe ist so erheblich, daß nicht nur geringfügige Aussichten bestehen, der Bf. werde mit seinem Rechtsbehelf in der Hauptsache Erfolg haben.

Die Vollziehung des angefochtenen Zerlegungsbescheids ist insoweit auszusetzen, als den Belegenheitsgemeinden Grundsteuermeßbeträge zugeteilt worden sind. Da ernstliche Zweifel daran bestehen, ob ein Zerlegungsbescheid ergeben durfte, ist eine andere Entscheidung nicht möglich; der Senat kann nur die Zuteilung von Grundsteuermeßbeträgen im Zerlegungsbescheid an die Belegenheitsgemeinden durch die Aussetzung der Vollziehung vorläufig hemmen. Daß der Bf. dadurch im Grunde genommen von der Zahlung des Betrages an Grundsteuer (an die Sitzgemeinde) vorläufig befreit wird, den er zahlen müßte, wenn entsprechend seinem Begehren eine Zerlegung nicht durchgeführt worden wäre, mag unerfreulich sein. Dies ist jedoch die zwangsläufige Folge der gesetzlichen Regelung; das Gericht ist nicht befugt, um eines im Einzelfall unerfreulichen Ergebnisses willen den Gesetzgeber zu korrigieren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412654

BStBl III 1967, 533

BFHE 1967, 92

BFHE 89, 92

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