Entscheidungsstichwort (Thema)

Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Vertretung

 

Leitsatz (NV)

Der Mangel der vorschriftsmäßigen Vertretung kann nur vom nichtvertretenen Beteiligten gerügt werden.

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 1 Nr. 3, § 134; ZPO § 579 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) begehrte vor dem Finanzgericht (FG) die ersatzlose Aufhebung einer Beschwerdeentscheidung gegen die damals beklagte Oberfinanzdirektion (OFD). Das FG wies die Klage mit Urteil vom . . .1991 ab, weil sich der Steuerbevollmächtigte, der die Klage im Namen des Klägers erhoben hatte, nicht durch die Vorlage einer Originalvollmacht legitimierte, sondern dem Gericht die Vollmacht nur mit Telefax übermittelte.

Gegen dieses Urteil erhob der Kläger Nichtigkeitsklage mit der Begründung, der erkennende Senat sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Das FG, dem aus dem ursprünglichen Verfahren nur eine Telekopie der Prozeßvollmacht vorlag, wies die Klage mit seinem gegen das Finanzamt (FA) gerichteten Urteil vom . . .1992 als unzulässig ab, weil der Steuerbevollmächtigte, der die Klage im Namen des Klägers erhob, nicht bevollmächtigt gewesen sei, die Klage im Namen des Klägers zu erheben.

Mit der Revision gegen das Urteil . . .1992 macht der Kläger geltend, in dem Verfahren sei die OFD nicht vertreten gewesen, weil das Urteil gegen das FA ergangen sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision gegen das Urteil . . . 1992 ist unzulässig.

1. Mit der weder vom FG noch vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen Revision rügt der Kläger einen Verfahrensmangel i.S. von § 116 Abs. 1 Nr.3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Kläger hat in dem Verfahren . . . die Nichtigkeit des Urteils vom . . .1991 geltend gemacht (§ 134 FGO i.V.m. § 579 Abs. 1 Nr.1 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Die Beteiligten dieses Verfahrens sind identisch mit denen des Vorprozesses, weil das Wiederaufnahmeverfahren prozessual als Fortsetzung des Vorprozesses anzusehen ist (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 5. Mai 1982 IVb ZR 707/80 in der in Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1982, 2449 veröffentlichten Fassung; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 134 Anm.6). Danach wäre auch in dem Wiederaufnahmeverfahren die OFD und nicht das FA zu beteiligen gewesen, weil im Ausgangsverfahren die OFD Beklagte war; das FA war an diesem Prozeß nicht beteiligt. Die Nichtbeteiligung der Beklagten des Vorprozesses - der OFD - an dem Wiederaufnahmeverfahren bedeutet, daß die Beklagte in diesem Verfahren nicht vertreten war und damit ein wesentlicher Verfahrensfehler i.S. von § 116 Abs. 1 Nr.3 FGO in Betracht kommt (vgl. BGH-Beschluß vom 28. Juni 1983 KVR 7/82, Lindenmaier/Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, Nr.3 zu § 551 Ziff.5 ZPO, z.B. auch BFH-Urteil vom 21. Dezember 1989 V R 182/84, BFH/NV 1990, 657; BFH-Beschluß vom 16. Januar 1991 IV R 128/89, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Finanzgerichtsordnung, § 116 Abs. 1 Nr.3, Rechtsspruch 11).

Die Revision des Klägers ist aber unzulässig, weil der Mangel der vorschriftsmäßigen Vertretung nur vom nichtvertretenen Beteiligten gerügt werden kann (BGH-Urteil vom 20. September 1974 IV ZR 55/73, BGHZ 63, 78; BFH-Urteile vom 7. August 1969 V K 2/68, BFHE 96, 385, und vom 11.Januar 1990 IV R 36/88, BFH/NV 1991, 747, sowie BFH in StRK, Finanzgerichtsordnung, § 116 Abs. 1 Nr.3, Rechtsspruch 11). Der Kläger ist durch den Mangel der ordnungsgemäßen Vertretung der beklagten OFD nicht beschwert. Durch die gesetzliche Forderung nach einer ordnungsgemäßen Vertretung wird lediglich der Schutz der zu vertretenden Partei, nicht aber des Gegners bezweckt. Der Kläger kann daher den Verfahrensmangel der nicht ordnungsgemäßen Vertretung der OFD nicht mit der zulassungsfreien Revision gegen das im Wiederaufnahmeverfahren ergangene Urteil rügen. Auf die in diesem Zusammenhang geäußerte Rechtsansicht des FA kommt es nicht an, weil dieses keine Revision eingelegt hat.

2. Der gegen das Urteil vom . . .1991 gerichtete Antrag kann jedenfalls deshalb keinen Efolg haben, weil die Revision gegen das Urteil vom . . .1992 unzulässig ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418799

BFH/NV 1993, 314

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