Entscheidungsstichwort (Thema)

Einwendungen gegen die sachliche Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils; Voraussetzungen diverser Verfahrensrügen

 

Leitsatz (NV)

  1. Mit Einwänden gegen die sachliche Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils kann der Beschwerdeführer im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht gehört werden.
  2. Die Nichtberücksichtigung von Umständen, die richtigerweise in die Beweiswürdigung hätten einfließen müssen, kann verfahrensfehlerhaft sein, wenn das FG Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens außer Betracht lässt oder seiner Sachaufklärung nicht nachkommt.
  3. Zu den Anforderungen an die Darlegungen einer Sachaufklärungsrüge, eines Verstoßes gegen den klaren Inhalt der Akten und einer überlangen Verfahrensdauer.
  4. Zur Rüge, das angefochtene Urteil sei nicht mit Gründen versehen.
 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 3 S. 3, § 115 Abs. 2

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig und daher zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den in § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) geregelten Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen.

1. Von vornherein unbeachtlich in diesem Verfahren ist das Beschwerdevorbringen, soweit es sich in Einwänden gegen die Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils erschöpft (s. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 18. Mai 2000 V B 178/99, BFH/NV 2000, 1504, 1505; vom 29. November 2000 I B 8/00, BFH/NV 2001, 624; vom 8. Januar 2003 X B 23/02, BFH/NV 2003, 504). Das gilt vor allem für die Fragen, ob und inwieweit das Finanzgericht (FG) durch das klagabweisende Urteil die vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ―FA―) vorgenommenen Schätzungen dem Grunde wie der Höhe nach zu Recht bestätigt, ob es im diesbezüglichen prozessualen Verhalten des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) zutreffend eine Verletzung von Mitwirkungspflichten gesehen und ob das FG die erhobenen Beweise zutreffend gewürdigt hat.

Die Beschwerde hat daher bereits insoweit keinen Erfolg, als der Kläger ―ausdrücklich― rügt:

- den "materiell-rechtlichen Fehler der Umsatzerhöhung sowie des Mehransatzes von Lohnkosten aus der fehlerhaften Berechnung der Betriebsprüfung". Mit seinem diesbezüglichen Vorbringen wendet sich der Kläger gegen die vom FG vorgenommene Würdigung des Prozessstoffs einschließlich des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme;

- den "materiell-rechtlichen Fehler" einer seiner Ansicht nach zu niedrigen Rückstellung für den Straßenausbau H-Straße. Das Vorbringen des Klägers hierzu ist ungeachtet der Bezugnahme auf S. 13 der Klageschrift vom 11. April 1996 als Darlegung eines Zulassungsgrundes aus sich heraus nicht verständlich;

- den "materiell-rechtlichen Fehler" im Zusammenhang mit den "Aufwendungen für das Darlehen der Firma X".

2. Ergänzend bemerkt der Senat zu den erhobenen Rügen Folgendes:

a) Die Nichtberücksichtigung von Umständen, die richtigerweise in die Beweiswürdigung hätten einfließen müssen, kann verfahrensfehlerhaft sein, wenn das FG Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt lässt oder seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) nicht nachkommt (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 7. Juni 2001 X B 159/00, BFH/NV 2001, 1577). Ein Verfahrensverstoß liegt insbesondere dann vor, wenn das FG bei seiner Überzeugungsbildung eine nach Aktenlage feststehende Tatsache unberücksichtigt lässt bzw. bei seiner Entscheidung vom Nichtvorliegen einer solchen Tatsache ausgeht (sog. Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten). Der Kläger rügt zwar eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht. Eine solche Rüge setzt jedoch nach ständiger Rechtsprechung des BFH voraus, dass nicht nur die ermittlungsbedürftigen Tatsachen und die angebotenen Beweismittel genau bezeichnet werden, sondern auch dargelegt wird, inwiefern das Urteil des FG ―ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts― auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdeschrift nicht gerecht. Vor allem hat der Kläger keine feststehenden Tatsachen benannt, die das FG übergangen hätte. Seine Behauptung, es hätte "keine Umsätze (gegeben), die nicht in der Buchhaltung verzeichnet waren", war streitig. Das FG hat ausführlich begründet, dass das FA zu einer Schätzung berechtigt war, weil die Lohnaufzeichnungen des Klägers nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden konnten.

Kein mit der Nichtzulassungsbeschwerde anfechtbarer gerichtlicher Verfahrensfehler sind die vom Kläger gerügten "Ermittlungsfehler der Betriebsprüfung" und der Umstand, dass nach der durchgeführten Außenprüfung eine Schlussbesprechung nicht stattgefunden hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 24. Mai 1989 I R 85/85, BFH/NV 1990, 273; vom 26. Juli 1997 XI B 174/96, BFH/NV 1998, 17).

b) Zum Darlehen der Firma X ist das FG davon ausgegangen, dass es sich bei dieser Gesellschaft "um eine reine Domizilgesellschaft handelt, welche die eigentlichen Darlehensgeber bzw. Zahlungsempfänger nicht erkennen lässt". Im Übrigen hat es u.a. "eine tatsächliche Darlehensgewährung" durch diese Gesellschaft "für unglaubwürdig" gehalten. Es ist nicht erkennbar, welche verfassungs- und europarechtlichen Fragen von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung hinsichtlich der besonderen Nachweispflichten bei Auslandssachverhalten (§ 90 Abs. 2 der AbgabenordnungAO 1977― ) daraus folgen könnten, dass ein Steuerpflichtiger Geschäftsbeziehungen zu einer Holdinggesellschaft luxemburgischen Rechts unterhält, deren Gesellschafter ―so trägt es der Kläger selbst vor― nach dem deutsch-luxemburgischen Rechtshilfeabkommen anonym bleiben. Eine hierauf beruhende Beschränkung der Möglichkeiten, einen steuerrechtlich relevanten Sachverhalt aufzuklären, kann nicht der Bundesrepublik Deutschland als "Regelungslücke" anzulasten sein.

c) Zur Überzeugung des FG ist ungeklärt geblieben, wie die den hier fraglichen Rechnungen zugrunde liegenden Erwerbsgeschäfte finanziert werden konnten. Fehl geht die Rüge des Klägers, in dieser Hinsicht sei das angefochtene Urteil i.S. des § 119 Nr. 6 FGO "nicht mit Gründen versehen". Solches ist nur dann der Fall, wenn jegliche Begründung fehlt oder lediglich inhaltlose oder unverständliche Wendungen niedergeschrieben sind, die nicht erkennen lassen, von welchen Erwägungen das Gericht ausgegangen ist, und die eine Überprüfung des Rechtsstandpunktes nicht ermöglichen, oder wenn ein selbständiger Anspruch bzw. ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen worden ist. Richten sich die Einwendungen des Beschwerdeführers wie im Streitfall lediglich dagegen, dass das FG nicht auf Einzelheiten des Sachverhalts eingegangen sei und sich nicht ausreichend mit seinen rechtlichen Argumenten auseinander gesetzt habe, die Urteilsbegründung also nur lückenhaft, unzulänglich oder nicht überzeugend sei, ist ein Verfahrensfehler nicht dargelegt.

d) Zur Rüge einer fehlerhaften Beweiswürdigung im Zusammenhang mit den "Fremdarbeiten der Fa. Y" gilt das vorstehend Gesagte. Ein Übergehen von Beweismitteln ist schon mangels Substantiierung der "restlichen eidesstattlichen Versicherungen" nicht ordnungsgemäß gerügt.

e) Für die Rüge einer überlangen Verfahrensdauer (hierzu BFH-Urteil vom 23. Februar 1999 IX R 19/98, BFHE 188, 264, BStBl II 1999, 407) ist u.a. erforderlich, dass der Beschwerdeführer darlegt, worauf die Dauer des Verfahrens beruht und dass sie der Finanzverwaltung oder dem FG angelastet werden kann (BFH-Beschlüsse vom 17. August 2001 IX B 20/01, BFH/NV 2002, 53; vom 10. Juli 2002 X B 170/00, BFH/NV 2002, 1481). An einer solchen Darlegung fehlt es hier.

3. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1067326

BFH/NV 2004, 52

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