Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage an den EuGH: Leistungsbeziehungen bei Kraftstofflieferungen an Kfz-Leasingnehmer für Rechnung des Leasinggebers

 

Leitsatz (amtlich)

Dem EuGH wird folgende Frage zur Auslegung der Richtlinie 77/388/EWG vorgelegt:

Liegt in einem Fall, in dem ein Leasingnehmer das geleaste Auto im Namen und für Rechnung des Leasinggebers bei Tankstellen betankt, eine Treibstofflieferung des Leasinggebers an den Leasingnehmer vor und ist diese Lieferung an dem in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG genannten Lieferort zu versteuern oder geht die "Weiterlieferung" in der nach Art. 9 der Richtlinie 77/388/EWG zu besteuernden Dienstleistung des Leasinggebers auf?

 

Normenkette

UStG 1980 §§ 1, 3, 3a, 15 Abs. 1, § 18 Abs. 9; UStDV § 59; EWGRL 388/77 Art. 5-6, 8 Abs. 1, Art. 9

 

Verfahrensgang

FG Köln (EFG 2000, 589)

 

Nachgehend

EuGH (Urteil vom 06.02.2003; Aktenzeichen C-185/01)

 

Tatbestand

I. Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Gesellschaft mit Sitz in den Niederlanden, ist ein Leasingunternehmen, das den Leasingnehmern Kfz überlässt. Ungefähr 10 v.H. der Leasingnehmer sind nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt.

Für die Überlassung des Kfz zahlt der Leasingnehmer an die Klägerin monatlich Leasingraten, die u.a. die Abschreibung des Fahrzeugs, die Vergütung für Kasko- und Haftpflichtversicherung, die Kraftfahrzeugsteuer und die Reparatur- und Wartungskosten abdecken.

Daneben kann der Leasingnehmer mit der Klägerin noch eine "Übereinkunft über Kraftstoffverwaltung" treffen. Er erhält dann von der Klägerin einen sogenannten ALH-Pass sowie eine Tankkreditkarte des deutschen Kreditkartenunternehmers DKV, die die Klägerin als Kundin des DKV nennt. Damit hat der Kunde das Recht, auf Rechnung der Klägerin Kraftstoff zu tanken und vereinzelt Ölprodukte zu kaufen. Der DKV rechnet regelmäßig mit der Klägerin ab. Zahlt der Leasingnehmer die Treibstoffrechnung nicht mit der Kreditkarte des DKV, sondern bar, erstattet die Klägerin ihm (zunächst) die verauslagten Beträge. Die Klägerin ihrerseits erhält von den Leasingnehmern monatlich 1/12 der voraussichtlichen Benzinkosten; am Jahresende wird dann nach dem tatsächlichen Verbrauch abgerechnet. Hinzu kommt eine zusätzliche Gebühr für die Kraftstoffverwaltung.

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) versteuert die Klägerin die gesamten Leasing-Leistungen "einschließlich der Kraftstoffkosten" in den Niederlanden.

Soweit den Kraftstoffkosten Lieferungen deutscher Unternehmer zugrunde lagen, beantragte die Klägerin die Vergütung der Umsatzsteuer aus den Treibstoffrechnungen für die Jahre 1989 bis 1993 im Verfahren nach §§ 59 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1980 bis 1993 (UStDV).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Bundesamt für Finanzen ―BfF―) entsprach den Anträgen für die Jahre 1989 bis 1991 zunächst, änderte dann aber die Vergütungsbescheide, indem er die Vergütung auf 0 DM festsetzte und die zuvor erstatteten Vorsteuerbeträge zurückforderte (Vergütungsbescheide vom 19. Dezember 1994 für 1989 und vom 20. Dezember 1995 für 1990 und 1991). Die Anträge für die Jahre 1992 und 1993 lehnte das BfF von Anfang an ab (Bescheide vom 20. März 1996 und 19. April 1996).

Einsprüche und Klage hatten keinen Erfolg.

Das FG hatte im ersten Rechtsgang dahingestellt lassen, ob der Treibstoff unmittelbar an die Leasingnehmer oder zunächst an die Klägerin geliefert wurde. Für den zuerst genannten Fall verneinte es ein Recht der Klägerin auf den begehrten Vorsteuerabzug; für den zuletzt genannten Fall bejahte es eine (im Inland/Erhebungsgebiet) ausgeführte Weiterlieferung des Treibstoffs an die Leasingnehmer, so dass die Klägerin ihr Recht auf Vorsteuerabzug nicht im Vergütungsverfahren nach §§ 59 ff. UStDV geltend machen könne (vgl. Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1998, 842).

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen; er war der Auffassung, das FG habe nicht dahinstehen lassen dürfen, ob die Mineralölgesellschaften den Treibstoff unmittelbar an die Leasingnehmer oder zunächst an die Klägerin geliefert hätten; im letztgenannten Fall sei nämlich zweifelhaft, ob der Treibstoff von der Klägerin im Inland an die Leasingnehmer weitergeliefert worden sei, oder ob die Klägerin eine in den Niederlanden zu versteuernde einheitliche sonstige Leistung erbracht habe, die auch die "Treibstoffverwaltung" einschließe; diese Zweifelsfrage sei aber erst nach weiterer Sachverhaltsaufklärung dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zur Vorabentscheidung vorzulegen (BFH-Urteil vom 3. Dezember 1998 V R 22/98, BFH/NV 1999, 986, Umsatzsteuer-Rundschau ―UR― 1999, 248 mit Anm.).

Das FG hat daraufhin im zweiten Rechtsgang Treibstofflieferungen der Mineralölgesellschaften an die Klägerin, für die diese den Vorsteuerabzug begehrt, verneint und die Klage abgewiesen (vgl. Urteil in EFG 2000, 589).

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Revision. Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung ihr die ursprünglich gewährte Umsatzsteuer-Vergütung für die Vergütungszeiträume 1989 bis 1991 zu belassen, sowie das BfF zu verpflichten, die Vorsteuervergütung für den Vergütungszeitraum 1992 auf 77 138,53 DM und für den Vergütungszeitraum 1993 auf 106 845,55 DM festzusetzen. Sie regt an, die Sache dem EuGH zur Klärung der Frage vorzulegen, ob sie auch bezüglich des Kraftstoffs eine in den Niederlanden zu besteuernde Dienstleistung erbracht hat.

Das BfF ist der Revision entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

II. Der Senat setzt das Verfahren aus (§ 74 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) und legt dem EuGH die im Tenor genannte Frage zur Vorabentscheidung vor.

III. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften

Nach Auffassung des Senats sind für die Lösung des Streitfalles die folgenden Vorschriften der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) maßgebend.

Artikel 2

Der Mehrwertsteuer unterliegen:

1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;

Artikel 5

Lieferung von Gegenständen

(1) Als Lieferung eines Gegenstands gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

Artikel 6

Dienstleistungen

(1) Als Dienstleistung gilt jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstands im Sinne des Artikels 5 ist.

Artikel 8

Lieferung von Gegenständen

(1) Als Ort der Lieferung gilt

b) für den Fall, daß der Gegenstand nicht versandt oder befördert wird, der Ort, an dem sich der Gegenstand zum Zeitpunkt der Lieferung befindet.

Artikel 9

Dienstleistungen

(1) Als Ort einer Dienstleistung gilt der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort.

Artikel 17

Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug

(1) …

(2) Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a) die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden,

(3) Die Mitgliedstaaten gewähren jedem Steuerpflichtigen darüber hinaus den Abzug oder die Erstattung der in Absatz 2 genannten Mehrwertsteuer, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen verwendet werden für Zwecke:

a) seiner Umsätze, die sich aus den im Ausland ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 ergeben, für die das Recht auf Vorsteuerabzug bestünde, wenn diese Umsätze im Inland bewirkt worden wären;

(4) Mehrwertsteuererstattungen nach Absatz 3 erfolgen

- an nicht im Inland, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige entsprechend den in der Richtlinie 79/1072/EWG festgelegten Bestimmungen;

Vergleichbare Vorschriften enthalten §§ 1, 3, 3a, 10, 15 und 18 des deutschen Umsatzsteuergesetzes 1980 bis 1993 (UStG). Das erwähnte Vergütungsverfahren nach §§ 59 ff. UStDV entspricht dem Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige gemäß der Achten Richtlinie des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 79/1072/EWG (Achte Richtlinie 79/1072/EWG).

IV. Zur Anrufung des EuGH

1. Der Senat neigt der Auffassung der Klägerin zu, dass die Mineralölgesellschaften den Treibstoff an sie, die Klägerin, geliefert haben, und dass ihr deshalb der begehrte Vorsteuerabzug zusteht. Dies gilt jedenfalls für die überwiegende Zahl der Fälle, in denen die Kunden den Treibstoff mit der Tankkreditkarte des DKV bezahlt haben.

2. Nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ist der Steuerpflichtige befugt, die Mehrwertsteuer für Gegenstände abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG gilt als Lieferung eines Gegenstands die Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen. Hierzu hat der EuGH mit Urteil vom 8. März 1988 Rs. 165/86 - Intiem (Slg. 1988, 1471) entschieden:

"Wenn ein Arbeitgeber, der nach der Regelung über die Mehrwertsteuer steuerpflichtig ist, aufgrund einer Vereinbarung mit einem seiner Arbeitnehmer und mit einem anderen Steuerpflichtigen, dem Lieferer, für eigene Rechnung Gegenstände an diesen Arbeitnehmer liefern lässt, die der Arbeitnehmer ausschließlich für geschäftliche Zwecke des Arbeitgebers gebraucht, und wenn der Arbeitgeber vom Lieferer für diese Lieferungen Rechnungen erhält, mit denen ihm die Mehrwertsteuer für die gelieferten Gegenstände in Rechnung gestellt wird, sind Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe a der Zweiten Richtlinie und Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern dahin auszulegen, dass der Arbeitgeber die ihm so in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer von der von ihm geschuldeten Mehrwertsteuer abziehen kann."

Das Urteil betraf eine Unternehmerin, die eine "Lesemappe" vertrieb, die den Beziehern durch angestellte Boten ins Haus geliefert wurde. Als Arbeitgeberin zahlte sie den Boten für die Benutzung des eigenen Kfz eine Fahrtkostenvergütung, die sich nicht auf die Kosten des Kraftstoffs erstreckte. Am Ende jedes Arbeitstags ließen die Boten, die vor Arbeitsbeginn den Kraftstofftank ihrer Fahrzeuge haben füllen lassen, ihre Fahrzeuge an einer Tankstelle, die dem Betrieb der Unternehmerin gegenüber lag, auf deren Kosten betanken. Nach Auffassung des EuGH stand der Unternehmerin der Vorsteuerabzug aus den Tankrechnungen zu.

Ähnlich ist es nach Auffassung des Senats auch im Streitfall: Wie sich aus dem Inhalt der Tankkreditkarte ergibt, kauften die Leasingnehmer den Treibstoff im Namen und für Rechnung der Klägerin, die ihren Leasingnehmern ein voll betanktes Fahrzeug zur Verfügung stellen wollte. Insofern wurde der Treibstoff zunächst ausschließlich für geschäftliche Zwecke der Klägerin (Leasinggeberin) gebraucht, auch wenn diese den Treibstoff letztlich den Leasingnehmern überließ.

3. Damit stellt sich die bereits im ersten Rechtsgang behandelte Frage, ob die Klägerin den Treibstoff an den Leasingnehmer weitergeliefert hat und ob diese Lieferung an dem in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG genannten Lieferort zu versteuern ist oder ob die "Weiterlieferung" in der nach Art. 9 der Richtlinie 77/388/EWG zu besteuernden Dienstleistung des Leasinggebers aufgeht.

Liegt im Verhältnis der Klägerin zu dem einzelnen Leasingnehmer eine Lieferung vor, hat die Klägerin gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG Lieferungen in Deutschland getätigt, so dass sie den Vorsteuerabzug für den Bezug des Treibstoffs im allgemeinen Veranlagungsverfahren geltend machen muss. Das Vergütungsverfahren nach §§ 59 ff. UStDV (Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige gemäß der Achten Richtlinie 79/1072/EWG) steht ihr dann nicht offen.

Geht die "Weiterlieferung" des Treibstoffs in den von der Klägerin zu versteuernden Dienstleistungen auf, sind diese gemäß Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG in den Niederlanden zu versteuern, so dass die Klägerin zu Recht die Vorsteuer im Vergütungsverfahren nach §§ 59 ff. UStDV begehrt.

4. Der Senat legt diese Frage gemäß Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG) dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

Nach dieser Vorschrift muss der BFH seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechts gestellt wird, es sei denn, er hat festgestellt, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende gemeinschaftsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die gerichtliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt; ob ein solcher Fall gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Gemeinschaftsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Gemeinschaft zu beurteilen (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 - SRL C.I.L.F.I.T. - Slg. 1982, 3415).

a) Der EuGH hat sich bereits mit der Frage befasst, ob ein Umsatz, der aus mehreren Teilen besteht, als einheitliche Leistung oder als mehrere voneinander unabhängige Leistungen zu betrachten ist. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, eine oder mehrere andere Teile aber Nebenleistungen darstellen, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (EuGH-Urteile vom 25. Februar 1999 Rs. C-349/96 - Card Protection Plan Ltd., Slg. 1999, I-973, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1999, 157 Rdnr. 30; vom 22. Oktober 1998 Rs. C-308/96 und C-94/97 - Madgett und Baldwin, Slg. 1998, 6229, Umsatzsteuer-Rundschau 1999, 38 Rdnr. 24).

b) Grundsätzlich ist die Entscheidung, wie die Dinge im Einzelfall liegen, zwar Sache des nationalen Gerichts (vgl. EuGH in Slg. 1999, I-973 Rdnr. 32).

Der Streitfall weist aber die Besonderheit auf, dass er zwei Mitgliedstaaten berührt, so dass eine Entscheidung des nationalen Gerichts nicht ausreichend erscheint.

Mit dem Gemeinsamen Mehrwertsteuersystem soll ein gemeinsamer Markt verwirklicht werden, der einem echten Binnenmarkt vergleichbar ist (vgl. z.B. Erwägungsgrund 5 zur Richtlinie 77/388/EWG). Es widerspricht deshalb den Zielsetzungen des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, wenn ein Sachverhalt, der sich auf mehrere Mitgliedstaaten erstreckt, dort in miteinander unvereinbarer Weise besteuert wird. Es reicht somit nicht aus, dass für die Besteuerung eines derartigen Sachverhalts inhaltlich gleiche Bestimmungen gelten, vielmehr muss auch ihre einheitliche Anwendung gesichert sein. Für den Streitfall bedeutet dies, dass die Frage, ob die Mineralölgesellschaften den Treibstoff an die Klägerin geliefert haben, und wie die "Weiterlieferung" an die Leasingnehmer zu qualifizieren ist, in Deutschland und den Niederlanden einheitlich beantwortet werden muss. Ansonsten läuft die Klägerin Gefahr, mit Umsatzsteuer belastet zu werden, mit der sie nach der Richtlinie 77/388/EWG nicht belastet werden darf. Außerdem müssen die einschlägigen Bestimmungen so ausgelegt werden, dass das Funktionieren des gemeinsamen Markts durch das Besteuerungsverfahren in den Mitgliedstaaten möglichst wenig behindert wird. Da es auf der Verwaltungsebene ―soweit ersichtlich― kein Verfahren gibt, das eine Doppelbesteuerung ausschließt, hält es der Senat für erforderlich, dass der EuGH Grundsätze für die Vermeidung einer Doppelbesteuerung aufstellt, soweit ihm dies Art. 234 EG erlaubt.

c) Entscheidungserheblich ist danach folgende Frage:

Liegt in einem Fall, in dem ein Leasingnehmer das geleaste Auto im Namen und für Rechnung des Leasinggebers bei Tankstellen betankt, eine Treibstofflieferung des Leasinggebers an den Leasingnehmer vor und ist diese Lieferung an dem in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG genannten Lieferort zu versteuern oder geht die "Weiterlieferung" in der nach Art. 9 der Richtlinie 77/388/EWG zu besteuernden Dienstleistung des Leasinggebers auf?

 

Fundstellen

Haufe-Index 571266

BFH/NV 2001, 992

BFHE 194, 510

BFHE 2002, 510

BB 2001, 1076

DB 2001, 1345

HFR 2001, 697

StE 2001, 280

UR 2001, 305

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