Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorläufiger Rechtsschutz gegenüber negativem Feststellungsbescheid

 

Leitsatz (NV)

1. Lehnt das FA die Durchführung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ab, so ist hiergegen vorläufiger Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung zu gewähren (Anschluß an Beschluß des Großen Senats des BFH vom 14. 4. 1987 GrS 2/85, BFHE 149, 493, BStBl II 1987, 637).

2. Hat der Steuerpflichtige in einem solchen Falle entsprechend der früheren Rechtsprechung vorläufigen Rechtsschutz durch Erlaß einer einstweiligen Anordnung beantragt, so ist sein Begehren nach dem Ergehen des Beschlusses des Großen Senats als Antrag auf Aussetzung der Vollziehung auszulegen.

3. Die Zurückverweisung einer Sache an das FG durch den BFH ist auch im Beschwerdeverfahren zulässig.

 

Normenkette

FGO §§ 69, 114, 155; ZPO § 575; AO 1977 §§ 179-180

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Beschwerdeführer) ist Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Patente vermietet. Aufgrund einer Außenprüfung lehnte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) die Durchführung gesonderter und einheitlicher Feststellungen für die GbR ab, weil diese keine Überschüsse aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen beabsichtige. Hiergegen erhoben der Beschwerdeführer und eine Reihe anderer Gesellschafter Einspruch; über die Klage des Beschwerdeführers gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung ist noch nicht entschieden.

Der Beschwerdeführer beantragte bei dem Finanzgericht (FG) den Erlaß einer einstweiligen Anordnung dahingehend, daß für ihn vorläufig Werbungskostenüberschüsse aus seiner Beteiligung an der GbR für die Veranlagungszeiträume 1977 bis 1979 festgestellt werden sollten. Das FG wies den Antrag zurück. Es stellte sich auf den Standpunkt, daß es an einem Anordnungsgrund i. S. des § 114 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) fehle. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht geltend: Aufgrund der negativen Feststellungsbescheide für die Streitjahre sei eine derartige Rechtsunsicherheit für die weiteren Geschäfte der GbR eingetreten, daß jedes Zukunftsgeschäft dadurch in Frage gestellt werde. Auch bei den Gesellschaftern sei nicht nur ein Zinsverlust durch diese Bescheide entstanden; vielmehr gingen die jetzt von den Wohnsitz-FÄ angeforderten Steuernachzahlungen zum Teil über den Kreditspielraum der Gesellschafter hinaus, so daß sich persönliche Konkurssituationen bei einzelnen Gesellschaftern ergäben.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des Beschlusses des FG vorläufigen Rechtsschutz dahingehend zu gewähren, daß bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptverfahren vorläufig Werbungskostenüberschüsse aus seiner Beteiligung an der GbR festgestellt werden . . .

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat Erfolg.

Das FG ist zwar in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH in den Beschlüssen vom 26. Januar 1983 I B 48/80 (BFHE 137, 235, BStBl II 1983, 233) und vom 21. Dezember 1983 I B 81/82 (BFHE 139, 501, BStBl II 1984, 206), denen sich der erkennende Senat im nicht veröffentlichten Beschluß vom 27. November 1984 IX B 66/83 angeschlossen hat, von der alleinigen Anwendbarkeit der Vorschrift des § 114 FGO für den vorläufigen Rechtsschutz gegen sogenannte negative Feststellungsbescheide ausgegangen. Jedoch hat der Große Senat des BFH inzwischen mit dem Beschluß vom 14. April 1987 GrS 2/85 entschieden, daß vorläufiger Rechtsschutz auch gegenüber einem negativen Gewinnfeststellungsbescheid im Wege der Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist, um dem Erfordernis eines möglichst lückenlosen vorläufigen Rechtsschutzes für den Steuerpflichtigen Rechnung zu tragen. Der erkennende Senat schließt sich dem Beschluß des Großen Senats, auf den im übrigen Bezug genommen wird, an. Dessen Gründe gelten gleichermaßen in einem Verfahren, in dem nicht die gesonderte und einheitliche Feststellung von Gewinneinkünften, sondern - wie hier - von Überschußeinkünften aus Vermietung und Verpachtung im Streit ist.

Geht man hiernach von der uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 69 FGO auch dann aus, wenn das FA die Durchführung gesonderter und einheitlicher Feststellungen abgelehnt hat, kann die Vorentscheidung, die das Begehren des Beschwerdeführers nur im Hinblick auf § 114 FGO geprüft hat, keinen Bestand haben. Nach dem Ergehen des Beschlusses des Großen Senats bedarf auch der an sich auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gerichtete Antrag des Beschwerdeführers der Auslegung dahingehend, daß er ebenfalls vorläufigen Rechtsschutz i. S. des § 69 FGO begehrt. Der Senat macht von der auch im Beschwerdeverfahren gegebenen Möglichkeit zur Zurückverweisung (vgl. BFH-Beschluß vom 5. Februar 1975 II B 29/74, BFHE 115, 12, BStBl II 1975, 465) Gebrauch, damit das FG die nunmehr gebotene Entscheidung über die Anwendbarkeit von § 69 FGO treffen kann, nachdem es den Beteiligten Gelegenheit gegeben hat, zur Sache auch insoweit Stellung zu nehmen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415234

BFH/NV 1988, 165

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