Entscheidungsstichwort (Thema)

Erinnerung gegen den Kostenansatz

 

Leitsatz (NV)

§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG (früher: § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.) führt nicht dazu, dass rechtskräftige Gerichtsentscheidungen, die dem Kostenansatz zu Grunde liegen, im Verfahren der Erinnerung nochmals auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Ausnahmen hiervon kommen nur bei erkennbaren Versehen oder offensichtlichen Verstößen gegen eindeutige Vorschriften in Betracht.

 

Normenkette

GKG § 21 Abs. 1 Sätze 1, 3

 

Tatbestand

I. Der Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kostenschuldner) beantragte beim Finanzgericht (FG) Prozesskostenhilfe (PKH). Diesen Antrag lehnte das FG mit Beschluss vom 19. August 2004 ab. Dabei wies es den Kostenschuldner in der dem Beschluss beigefügten Rechtsmittelbelehrung darauf hin, dass der Beschluss unanfechtbar sei (§ 128 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Dennoch legte der Kostenschuldner gegen diesen Beschluss mit dem von ihm persönlich unterzeichneten Schreiben vom 16. September 2004 Beschwerde ein, die das FG gemäß § 130 Abs. 1 FGO dem Bundesfinanzhof (BFH) zur Entscheidung vorlegte.

Mit Schreiben an den BFH vom 28. November 2004 machte der Kostenschuldner u.a. geltend, dass das FG die Beschwerde nicht dem BFH habe vorlegen dürfen, da er dies nicht beantragt habe. Das FG habe vielmehr selbst durch Beschluss entscheiden müssen.

Mit Beschluss vom 7. Dezember 2004 hat der angerufene Senat die Beschwerde des Kostenschuldners als unzulässig verworfen und ihm die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

Anschließend hat die Kostenstelle des BFH mit Kostenrechnung vom 15. März 2005 die Gerichtskosten für das Verfahren vor dem BFH mit 50 € angesetzt. Dagegen hat der Kostenschuldner mit seinem Schreiben vom 20. Mai 2005 eingewendet, dass die Kosten wegen "unrichtiger Sachbehandlung" gemäß § 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG) nicht erhoben werden dürften. Er habe die Beschwerde nicht vor dem BFH, sondern vor dem FG erhoben. Dieses hätte der Beschwerde abhelfen oder bei ihm anfragen können, ob die Beschwerde dem BFH vorgelegt werden solle. Im Übrigen habe er seine Beschwerde nicht auf § 128 FGO, sondern auf § 127 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 142 Abs. 1 FGO gestützt. Behandle man seine Beschwerde als unzulässig, entzöge man ihm in unvertretbarer Weise eine (Rechtsmittel-)Instanz.

Auf das Schreiben der Kostenstelle des BFH vom 25. Mai 2005, in welchem dem Kostenschuldner mitgeteilt wurde, dass sein im Schreiben vom 20. Mai 2005 erhobenes Begehren als Erinnerung gegen die Kostenrechnung gewertet würde, entgegnete der Kostenschuldner, dass er das Rechtsmittel nach § 8 GKG wegen unrichtiger Sachbehandlung erhoben habe. Eine Umdeutung seines Begehrens in eine Erinnerung sei somit nicht zulässig.

Der Kostenschuldner beantragt, wegen unrichtiger Sachbehandlung von der Kostenerhebung abzusehen.

Die Vertreterin der Staatskasse (Kostengläubigerin und Erinnerungsgegnerin) beantragt, die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Das Rechtsmittel des Kostenschuldners hat keinen Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist als Erinnerung i.S. von § 66 Abs. 1 GKG auszulegen.

Mit seinem Schreiben vom 20. Mai 2005 wendet sich der Kostenschuldner ausdrücklich "gegen die Kostenrechnung vom 15. März 2005". Sein Antrag richtet sich wörtlich auf die "Nichterhebung von Kosten" wegen "unrichtiger Sachbehandlung gemäß § 8 GKG". Ein dahin gehender Antrag ist, wenn dem Antragsteller --wie hier-- im Zeitpunkt der Antragstellung bereits eine Kostenrechnung zugegangen war, nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum als Erinnerung i.S. von § 66 Abs. 1 GKG (früher: § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.) zu werten (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. Oktober 1997 VII E 18/97, BFH/NV 1998, 619; vom 15. Dezember 1998 I E 3/98, BFH/NV 1999, 806; vom 21. Mai 2001 IV E 1/01, BFH/NV 2001, 1429; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., Vor § 135 Rz. 17, m.w.N.).

2. Die Erinnerung des Kostenschuldners ist zulässig, weil für ihre Einlegung kein Vertretungszwang gilt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 24. September 1986 VI E 2/86, BFH/NV 1987, 732).

3. Die Erinnerung ist jedoch unbegründet.

a) Von der Erhebung der Gerichtskosten ist nicht wegen offensichtlich unrichtiger Behandlung der Sache gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG (früher: § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.) abzusehen.

Diese Vorschrift kann nach ständiger Rechtsprechung nicht dazu führen, dass rechtskräftige Gerichtsentscheidungen, die dem Kostenansatz zugrunde liegen, im Verfahren der Erinnerung nochmals auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Ausnahmen hiervon kommen nur bei erkennbaren Versehen oder offensichtlichen Verstößen gegen eindeutige Vorschriften in Betracht (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 18. November 1993 VIII E 7-8/93, BFH/NV 1994, 571, m.w.N.).

Derartige erkennbare Versehen oder offensichtliche Verstöße sind in dem der angefochtenen Kostenrechnung zugrunde liegenden Beschwerdeverfahren nicht gegeben. Der Kostenschuldner hatte sein Begehren auf eine Korrektur des FG-Beschlusses vom 19. August 2004, mit welchem sein Antrag auf PKH abgelehnt worden war, klar zum Ausdruck gebracht und dabei ausdrücklich erklärt, er lege gegen diesen Beschluss Beschwerde ein. Da sich das FG außer Stande sah, dieser Beschwerde abzuhelfen, war es gemäß § 130 Abs. 1 FGO verpflichtet, das Rechtsmittel dem BFH vorzulegen. Dies hatte das FG dem Kostenschuldner mit Schreiben vom 17. September 2004 im Übrigen ausdrücklich angekündigt. Der angerufene Senat hat diese Beschwerde zu Recht aus zwei jeweils für sich genommen tragenden Gründen als unzulässig verworfen, weil sie weder statthaft (vgl. § 128 Abs. 2 FGO) noch von einer i.S. von § 62a FGO postulationsfähigen Person oder Gesellschaft erhoben worden war.

Entgegen der Auffassung des Kostenschuldners ist § 127 (Abs. 2) ZPO im FG-Prozess nicht anwendbar (vgl. hierzu z.B. Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 142 FGO Rz. 274 und 279).

b) Auch § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG (früher: § 8 Abs. 1 Satz 3 GKG a.F.) rechtfertigt es nicht, von der Erhebung der Gerichtskosten abzusehen. Zwar kann diese Regelung auch bei Beschlüssen angewendet werden, mit denen Beschwerden als unzulässig verworfen wurden (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 6. März 1990 VII E 8/89, BFH/NV 1991, 55). Der Antrag des Kostenschuldners im Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des FG vom 19. August 2004 beruhte jedoch nicht "auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse" i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG, weil der Kostenschuldner bereits der zutreffenden Rechtsmittelbelehrung des FG-Beschlusses entnehmen konnte, dass eine Beschwerde nicht statthaft war. Hierauf war der Kostenschuldner außerdem nach Einlegung seiner Beschwerde ein weiteres Mal mit Schreiben des FG vom 17. September 2004 hingewiesen worden.

c) Die in der angefochtenen Kostenrechnung angesetzte Gerichtsgebühr (50 €) ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Insoweit hat der Kostenschuldner im Übrigen keine Einwendungen erhoben.

4. Diese Entscheidung ergeht nach § 66 Abs. 8 GKG gerichtsgebührenfrei.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1457377

BFH/NV 2006, 326

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