Leitsatz

Rückstellungen in der Steuerbilanz dürfen den Ansatz in der Handelsbilanz nicht überschreiten. Eine Ausnahme gibt es nur für Pensionsrückstellungen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin war eine Gesellschaft, die im Abbau und der Verwertung von Rohstoffen tätig war. Für ihre Verpflichtungen zur Rekultivierung von Grundstücken bildete sie in der Handels- und Steuerbilanz Rückstellungen. In der Handelsbilanz zum 31.12.2010 betrug diese rund 296.000 EUR. In der Steuerbilanz wurde eine Rückstellung von 348.000 EUR gebucht. Die Differenz erklärt sich daraus, dass in der Handelsbilanz eine Abzinsung erfolgte und Kostensteigerungen in die Berechnung einbezogen wurden. Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, die Rückstellung dürfte aufgrund des Grundsatzes der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz höchstens in der Höhe des handelsbilanziellen Ansatzes gebildet werden. Gegen die geänderten Steuerbescheide legte die Klägerin Einspruch ein. Sie vertrat insbesondere die Auffassung, dass zwar grundsätzlich der Grundsatz der Maßgeblichkeit gelte, für die Bewertung bestünden in der Steuerbilanz jedoch eine Vielzahl von Sonderbestimmungen, die zu einer Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes führen würden. Der Einspruch hatte keinen Erfolg, so dass Klage erhoben wurde.

 

Entscheidung

Allerdings wies auch das Finanzgericht die Klage als unbegründet zurück. Das Finanzamt habe zutreffend nur den niedrigeren handelsbilanziellen Wert für die Rückstellung anerkannt. Nach dem Grundsatz der Maßgeblichkeit beruhe die steuerliche Gewinnermittlung auf dem handelsrechtlichen Jahresabschluss. Dies gelte dem Grunde nach auch weiterhin, obwohl in den letzten Jahren zunehmend unterschiedliche Bewertungsbestimmungen für die Handelsbilanz und die Steuerbilanz geschaffen worden seien. Zwar gebe es in der Literatur verschiedene kritische Stimmen zum Verhältnis von Handels- und Steuerbilanz, letztlich sei aber mit der in der Verwaltung vertretenen Auffassung davon auszugehen, dass bei der Bilanzierung der handelsrechtliche Wertansatz auch dann steuerrechtlich maßgeblich sei, wenn sich nach Handelsrecht ein gegenüber dem steuerlichen Wert niedrigerer Ansatz ergebe. Diese Auffassung liege auch auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.

 

Hinweis

Die Entscheidung betrifft zunächst die sehr konkrete Frage, ob eine nach handelsbilanziellen Kriterien gebildete Rückstellung Auswirkungen auf die Steuerbilanz haben kann, wenn der handelsrechtliche Ansatz niedriger ist als es die Bewertung nach Steuerrecht erfordern würde. Dies leitet dann über zu der sehr allgemeinen Frage des Verhältnisses von Handelsbilanz und Steuerbilanz. Nimmt man den Grundsatz der sog. Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz ernst, ist das Urteil als zutreffend anzusehen. Bedenken könnten sich höchstens insofern ergeben, als das Ziel des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes war, dieses steuerneutral auszugestalten. Fraglich könnte indes sein, ob der Maßgeblichkeitsgrundsatz noch zeitgemäß ist. Zwar wird der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz immer noch "hochgehalten", doch ist er in der Praxis dermaßen durchlöchert, dass immer wieder vorgebracht wird, es sei angemessener, beide Bilanzen vollständig getrennt voneinander zu sehen. Hierbei handelt es sich aber um eine rechtspolitische Grundsatzentscheidung. Sollte das Handelsbilanzrecht allerdings vollständig von der Steuerbilanz abgekoppelt werden, steht zu befürchten, dass die Befürworter einer handelsrechtlichen Rechnungslegung nach IFRS an Gewicht gewinnen würden. Und eine solche verpflichtende Rechnungslegung nach IFRS dürfte keinesfalls im Interesse der breiten Maße von Unternehmen sein.

Ob der Bundesfinanzhof das Urteil bestätigt, bleibt abzuwarten. Das Finanzgericht hat nämlich die Revision zugelassen.

 

Link zur Entscheidung

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.12.2016, 1 K 1912/14

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