Leitsatz

Ein Wirtschaftsgut, das dem Vermögen einer GmbH im Rahmen einer Überpari-Emission als Sacheinlage zugeführt worden ist, ist in der Steuerbilanz der GmbH auch im Hinblick auf jenen Teilbetrag des Einbringungswerts, der über den Nennbetrag der Stammeinlageverpflichtung des Einlegenden hinausgeht und gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB in die Kapitalrücklage einzustellen ist, nach den für Tauschgeschäfte geltenden Regeln und nicht nach Maßgabe von § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Einlage zu bewerten.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG 1990/1997

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, wurde im Juni 1994 von B als alleinigem Gesellschafter mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründet. Seine Einlage leistete B aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Sacheinlagevereinbarung durch Übereignung eines Grundstücks, welches von ihm im Jahr 1991 mit einem Büro- und Lagergebäude bebaut und langfristig vermietet worden war. Die Klägerin übernahm grundpfandrechtlich gesicherte Verbindlichkeiten des B i.H.v. rd. 1,3 Mio. DM. Des Weiteren enthält die Sacheinlagevereinbarung folgende Regelung:

"Der Wert des eingebrachten Grundstücks beträgt 3,7 Mio. DM. Nach Abzug der mitübernommenen persönlichen Verbindlichkeiten wird der Einbringungswert des eingebrachten Grundstücks auf rd. 300.000 DM festgesetzt. Hiervon wird ein Betrag von 50.000 DM auf die Stammeinlage angerechnet. Soweit der Wert der Sacheinlage die übernommene Stammeinlage übersteigt, ist er der Kapitalrücklage der Gesellschaft mit der Maßgabe zuzuweisen, dass Auflösungen eines Gesellschafterbeschlusses bedürfen."

Der Bemessung des Grundstückswerts mit 3,7 Mio. DM lag ein Verkehrswertgutachten zugrunde, wonach rd. 240.000 DM auf Grund und Boden und 3,5 Mio. DM auf Gebäude und Außenanlagen entfielen. Die um die AfA für die Jahre 1991 bis 1993 verminderten Herstellungskosten des Gebäudes beliefen sich auf rd. 1,4 Mio. DM.

In ihrer Eröffnungsbilanz zum 1.6.1994 setzte die Klägerin Grund und Boden und Gebäude zu dem mit dem Verkehrswert gleichgesetzten Teilwert von 3,7 Mio. DM an. In Höhe des Betrags, um den dieser Teilwert den Betrag der Stammeinlage von 50.000 DM und die übernommenen Verbindlichkeiten von rd. 1,3 Mio. DM überstieg – mithin i.H.v. rd. 2,3 Mio. DM wies die Eröffnungsbilanz eine Kapitalrücklage aus. Im Rahmen zweier offener Ausschüttungen zahlte die Klägerin im Lauf des Jahrs 1995 zulasten dieser Kapitalrücklage insgesamt 1,5 Mio. DM an B aus.

Das FA beurteilte den Einbringungsvorgang dahin, dass ein Ansatz des von B errichteten Gebäudes zum Teilwert nur insoweit möglich sei, als die Einbringung entgeltlich – nämlich gegen Anrechnung auf die Stammeinlagepflicht und gegen Übernahme der auf dem Grundstück lastenden persönlichen Verbindlichkeiten des B – erfolgt sei. Soweit der Wert der durch Sacheinlage eingebrachten Wirtschaftsgüter dagegen in die Kapitalrücklage eingestellt worden sei (63,37 % des Einbringungswerts), handle es sich um eine verdeckte Einlage, die bezüglich des Gebäudes gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchst. a EStG 1990/1997 mit den fortgeschriebenen Herstellungskosten zu aktivieren sei, weil die Zuführung in das Vermögen der Klägerin innerhalb von drei Jahren seit Herstellung des Gebäudes erfolgt sei. Infolge des Ansatzes des Gebäudes mit den niedrigeren Herstellungskosten ermittelte das FA für die Streitjahre jeweils niedrigere Abschreibungsbeträge und höhere Gewinne.

Die anschließende Klage hatte teilweisen Erfolg (EFG 2006, 33). Nach Auffassung des FG handelt es sich bei der Einbringung des Grundstücks aus dem Privatvermögen des B in das Vermögen der Klägerin insgesamt um einen kauf- bzw. tauschähnlichen Vorgang und damit aus Sicht der Klägerin um ein Anschaffungsgeschäft, sodass Grundstück und Gebäude ausschließlich mit dem Teilwert anzusetzen seien.

 

Entscheidung

Dem hat sich der BFH im Ergebnis und weitgehend in der Begründung angeschlossen

 

Hinweis

1. Die Beteiligten stritten um die steuerbilanzielle Bewertung eines bebauten Grundstücks, welches mit einem den Nennbetrag der Stammeinlage des Einlegenden übersteigenden Wert als Sacheinlage in eine GmbH eingebracht worden ist.

2. Der BFH stellt dazu klar, dass es sich bei einer derartigen Überpari-Emission um ein Aufgeld (Agio) handelt. Und dieses Aufgeld, so der BFH weiter, ist Gegenstand des Tauschgeschäfts: hier neue Geschäftsanteile, dort die Sacheinlage.

Zwar muss das Agio aus handelsrechtlicher Sicht in der Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB ausgewiesen werden. Nur ändert das eben nichts an besagter Gegenleistung. Insofern liegen die Dinge anders als bei der freiwilligen Zuzahlung des Gesellschafters in das Eigenkapital, auch wenn diese gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB ebenfalls in die Kapitalrücklage einzustellen ist. Hier fehlt es eben an jener Gegenleistung.

3. Das dem Revisionsverfahren beigetretene BMF will in diesem Fall demgegenüber (bislang) eine verdeckte Einlage im Umfang des Aufgelds annehmen (vgl. BMF, Schreiben vom 29.3.2000, BStBl I 2000, 462 und vom 26.11.2004, BStBl I 2004, 11...

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