Rz. 44

 
Praxis-Beispiel

Eine Zahnärztin ermittelte ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung, § 4 Abs. 3 EStG:[1] Im Anlageverzeichnis zur Gewinnermittlung hatte sie die Anschaffungskosten eines Pkw aufgeführt, den sie zu 10 % zu betrieblichen Zwecken nutzte. Die angefallenen Kfz-Kosten zog sie in vollem Umfang als Betriebsausgaben ab, den Wert der privaten Nutzung setzte sie pauschal nach der sog. 1-%-Regelung an. Das Finanzamt erkannte neben den Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Praxis nur 10 % der Kfz-Kosten als Betriebsausgaben an, weil die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens bei der Einnahmenüberschussrechnung ausgeschlossen sei. Das FG gab der Klage statt. Der BFH bestätigte die Auffassung des FG.

 

Rz. 45

Die Entscheidung des BFH vom 2.10.2003[2] zur Zulässigkeit gewillkürten Betriebsvermögens bei der Einnahmenüberschussrechnung ändert die ständige Rechtsprechung.[3] Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG steht der Bildung gewillkürten Betriebsvermögens nicht mehr entgegen, soweit das Wirtschaftsgut zu mindestens 10 % betrieblich genutzt wird.[4] Der BFH betont, dass die bisherige unterschiedliche Behandlung von notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen bei den einzelnen Gewinnermittlungsarten nicht durch das Gesetz gedeckt ist. Den Einwand der Finanzverwaltung, Wirtschaftsgüter des gewillkürten Betriebsvermögens würden ohne Versteuerung der stillen Reserven in das Privatvermögen überführt werden können, ließ der BFH nicht gelten. Die Aufzeichnungen müssten auch bei der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung sicherstellen, dass die stillen Reserven unabhängig davon erfasst werden, ob ein Wirtschaftsgut dem gewillkürten oder dem notwendigen Betriebsvermögen zugeordnet worden sei. Auch das Argument, die ungenügende buchmäßige Nachvollziehbarkeit der betrieblichen Zuordnung berge die Gefahr, dass Verlust bringende Wirtschaftsgüter in den betrieblichen, und Ertrag bringende Wirtschaftsgüter in den privaten Bereich verlagert würden, zog nicht. Der BFH führte aus, dass diese Gefahr ganz allgemein bei Wirtschaftsgütern des gewillkürten Betriebsvermögens bestehe. Den Einwand, der Akt der Willkürung sei ohne Buchführung nicht eindeutig nachvollziehbar, ließ der BFH ebenfalls nicht gelten. Der BFH forderte, dass die Einlagehandlung so eindeutig sein müsse, dass ein sachverständiger Dritter – z. B. ein Betriebsprüfer – ohne weitere Erklärung des Steuerpflichtigen die Zugehörigkeit des erworbenen oder eingelegten Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen erkennen könne.

 

Rz. 46

Damit stellen sich in der Praxis Nachweisprobleme. Es bietet sich die zeitnahe Aufnahme in das betriebliche Bestandsverzeichnis (R 5.4 Abs. 1 EStR 2012) an. Die Finanzverwaltung fordert, dass die Aufzeichnungen spätestens bis zum Ende des Veranlagungszeitraums zu erfolgen haben. Bei einer späteren Aufzeichnung, beispielsweise im Rahmen der Erstellung der Einnahmenüberschussrechnung, soll die Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen erst zum Zeitpunkt des Eingangs der Einnahmenüberschussrechnung beim zuständigen Finanzamt anzuerkennen sein, es sei denn, ein früherer Zuordnungszeitpunkt kann auf andere Art und Weise nachgewiesen werden.[5] Der Nachweis kann nach Ansicht der Finanzverwaltung auch in anderer Weise geführt werden, z. B. durch eine zeitnahe schriftliche Erklärung gegenüber dem zuständigen Finanzamt.[6]

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