Rz. 96

Das Verpächterwahlrecht lebt nach der Rechtsprechung und Literatur in folgenden Fällen wieder auf, wenn im Übrigen die Voraussetzungen des Verpächterwahlrechts vorliegen[1]:

  • Eine Betriebsaufspaltung entfällt, z. B. wegen Wegfalls der personellen Verflechtung. (Bei Wegfall der sachlichen Verflechtung, z. B. Verkauf der verpachteten wesentlichen Betriebsgrundlage, lebt das Verpächterwahlrecht in der Regel nicht wieder auf, da nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen verpachtet werden.)
  • Die gewerbliche Prägung einer Personengesellschaft entfällt, z. B. durch Eintritt einer natürlichen Person als Komplementär oder Bestellung einer als Mitunternehmer beteiligten natürlichen Person als Geschäftsführer.
  • Wegfall der Voraussetzungen für Sonderbetriebsvermögen, weil der Verpächter als Mitunternehmer aus der pachtenden Gesellschaft ausgeschieden ist.

Ist der Verpächter eine nicht gewerblich geprägte Personengesellschaft, kann das Verpächterwahlrecht auch dann weiter ausgeübt werden, wenn ein Mitunternehmer seinen Anteil veräußert oder ein neuer Gesellschafter in die Gesellschaft eintritt. Ausgenommen ist allerdings der Fall, dass sämtliche Mitunternehmer innerhalb kurzer Zeit ihre Anteile veräußern.

 

Rz. 97

 
Praxis-Beispiel

V betreibt einen Produktionsbetrieb auf eigenen Grundstücken. Auf den Grundstücken sind Produktionshallen, eine Lagerhalle und ein Bürogebäude errichtet. V gründet eine GmbH, deren einziger Gesellschafter und Geschäftsführer er ist. Er verpachtet die Grundstücke und Gebäude an die GmbH. Ebenso die Betriebsvorrichtungen und Fahrzeuge. Die Vorräte verkauft er an die GmbH. Die GmbH produziert und vertreibt dann die Erzeugnisse.

Zwischen V als Verpächter der wesentlichen Betriebsgrundlagen und der GmbH bestehen persönliche und sachliche Verflechtungen. Es besteht daher eine Betriebsaufspaltung. Während des Bestehens der Betriebsaufspaltung ist der Verpächter gewerblich tätig. Die Regeln der Betriebsaufspaltung gehen denen der Betriebsverpachtung vor. Während des Bestehens der Betriebsaufspaltung ist daher kein Verpächterwahlrecht gegeben.

Das Verpächterwahlrecht lebt aber wieder auf, sobald die Betriebsaufspaltung beendet ist. Der Verpächter erzielt daher weiterhin gewerbliche Einkünfte und die verpachteten Wirtschaftsgüter bleiben in seinem Betriebsvermögen, solange er die Betriebsaufgabe nicht ausdrücklich erklärt.[2]

 
Praxis-Beispiel

Im vorstehenden Beispiel ist V 53 Jahre alt. Er will sich zur Ruhe setzen und nur noch Verpächter der wesentlichen Betriebsgrundlagen sein. Er hat K als Kaufinteressenten für seinen Betrieb gefunden, der auch bereit ist, zunächst den Betrieb zu pachten und später zu kaufen. V kündigt daher die Pachtverträge mit der GmbH zum 31.7.01 und verpachtet den Produktionsbetrieb insgesamt an K. Die GmbH löst er auf.

Mit der Beendigung der Pachtverträge zur GmbH und deren Auflösung ist die Betriebsaufspaltung beendet. Damit lebte das Verpächterwahlrecht des V wieder auf. Er konnte den Betrieb weiter als verpachteten Betrieb führen. Die Pachteinnahmen waren Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Mit Erreichen des 55. Lebensjahrs könnte dann V die Betriebsaufgabe erklären und, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, den Freibetrag und die Tarifvergünstigung zum ermäßigten Steuersatz in Anspruch nehmen.

[1] Kulosa, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG KStG Kommentar, § 16 EStG Rz. 525, Stand: 8/2019.

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