11.1 Veräußerungsgewinn

 

Rz. 128

Veräußerungsgewinn ist nach § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten

  • bei der Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs den Wert des Betriebsvermögens übersteigt oder
  • bei der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters einer Mitunternehmerschaft den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt oder
  • bei der Veräußerung des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt.

Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils hiervon ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 EStG zu ermitteln.[1]

Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit als laufender Gewinn (§ 16 Abs. 2 Satz 3 EStG).[2]

[2] Vgl. Rz. 30 ff.

11.2 Aufgabegewinn

 

Rz. 129

Aufgabegewinn ist der Betrag, um den die Summe der gemeinen Werte der in das Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter zuzüglich etwaiger Veräußerungspreise abzüglich der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt. Für die Berechnung des Aufgabegewinns kann auf den Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 2 EStG zurückgegriffen werden.[1]

 

Rz. 130

Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn (§ 16 Abs. 3 Satz 5 EStG).[2]

[1] Kulosa, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG KStG Kommentar, § 16 EStG Rz. 580, Stand: 8/2019; § 16 Abs. 3 Sätze 6–8 EStG.
[2] Vgl. Rz. 30 ff.

11.3 Abgrenzung von laufenden Gewinnen

 

Rz. 131

Der Veräußerungsgewinn bzw. Aufgabegewinn ist von den laufenden Gewinnen abzugrenzen. Denn Veräußerungs- und Aufgabegewinn sind steuerbegünstigt und unterliegen nicht der Gewerbesteuer.[1] Bei ihnen werden die mit der Veräußerung oder Aufgabe zusammenhängenden Veräußerungs- oder Aufgabekosten berücksichtigt.

Die laufenden Gewinne, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe und den ihnen gleichgestellten Vorgängen anfallen, werden "normal" besteuert und unterliegen, wenn es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handelt, der Gewerbesteuer. Gewinnmindernd wirken sich die Betriebsausgaben aus.

 

Rz. 132

Zum laufenden Gewinn rechnen die Erlöse aus Verkäufen von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens an den bisherigen Kundenkreis. Diese Geschäfte gehören noch zur bisherigen Geschäftstätigkeit.

 
Praxis-Beispiel

Räumungsverkauf des Warenlagers.[2]

Auch wenn der Warenbestand im Einzelfall zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehört und nicht an den Erwerber des Betriebs, sondern im Wege des Räumungsverkaufs veräußert wird, ist der Gewinn aus dem Räumungsverkauf nicht begünstigt.[3]

 
Praxis-Beispiel

Ein Teppichhändler verkauft das zu seinem Betriebsvermögen gehörende Gebäude, in dem er sein "Teppichhaus" betrieb, an einen Erwerber. Vorher führt er einen Räumungsverkauf durch und verkauft in kurzer Zeit alle Teppiche.

 

Rz. 133

Verkäufe auf derselben Handelsstufe oder einer höheren Handelsstufe rechnen zum Veräußerungs- oder Aufgabegewinn. Veräußert daher ein Einzelhändler sein Warenlager, das der Erwerber des Betriebs nicht übernehmen will oder das er bei einer Betriebsaufgabe nicht in sein Privatvermögen überführen will, an andere Einzelhändler oder an die Lieferanten zurück, so rechnen eventuelle Gewinne hieraus zum begünstigten Veräußerungs- oder Aufgabegewinn.[4]

 

Rz. 134

Ausnahmsweise rechnen Verkäufe von Umlaufgegenständen auf derselben Handelsstufe zu den laufenden Geschäften, wenn es gewerblicher Grundstückshandel ist, auch wenn der Erwerber ein Unternehmer ist. Die Unterscheidung zwischen dem Verkauf an Wiederverkäufer einerseits und Endabnehmer andererseits ist beim Grundstückshandel nicht von Bedeutung. Denn der Ankauf von Grundstücken zum Zweck der späteren Veräußerung erfordert keine betriebliche Organisation.[5]

 

Rz. 135

Bei einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe kommt es vor, dass nicht alle Wirtschaftsgüter übertragen werden. Oft ist der Erwerber bei einer Betriebsveräußerung oder sind die Erwerber bei einer Betriebsaufgabe nicht an allen Wirtschaftsgütern interessiert. Werden Anlagegegenstände, die nicht zu den wesentlichen Geschäftsgrundlagen gehören, im Rahmen einer Betriebsveräußerung an einen anderen als den Betriebsübernehmer veräußert, sind diese Gewinne dem begünstigten Veräußerungsgewinn zuzurechnen.

 
Praxis-Beispiel

U veräußert sein Einzelhandelsgeschäft an E. Dieser ist nicht an dem zum Betriebsvermögen gehörenden Pkw interessiert. U verkauft ihn dem K etwa 2 Wochen nach Veräußerung seines Betriebs.

 

Rz. 136

Es kommt aber auch vor, dass der Veräußerer einige Wirtschaftsgüter behalten will.

 
Praxis-Beispiel

Im vorstehenden Beispiel entnimmt U den bisherigen betrieblichen Pkw in sein Privatvermögen.

Nimmt der Veräußerer die Wirtschaftsgüter in ...

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