Rz. 61

Der Steuerpflichtige hat grundsätzlich in seinen betrieblichen oder geschäftlichen Räumlichkeiten eine Außenprüfung zu dulden und zu ermöglichen.[1] Dies ist aus der notwendigen örtlichen Nähe einer Außenprüfung zu dem zu prüfenden Unternehmen auch verständlich (§ 200 Abs. 2 AO; § 6 BpO). Die Festlegung des Prüfungsorts ist grundsätzlich unverzichtbar, setzt daher naturgemäß eine vorherige Abstimmung mit dem zu prüfenden Steuerpflichtigen voraus. Sie sollte nur bei dessen erkennbarem Widerstand als einseitige Anordnung der prüfenden Finanzbehörde in Form eines Verwaltungsakts ergehen.[2]

 

Rz. 62

Nur hilfsweise für den Ausnahmefall, dass geeignete Räume im Unternehmen nicht vorhanden oder auf längere Sicht nicht frei sind, kommen für eine Außenprüfung – in notwendiger Abstimmung mit dem Betriebsprüfer – auch andere Orte als die Geschäftsräume des Steuerpflichtigen infrage, und zwar in der abgestuften Rangfolge beispielsweise die Wohnräume des Steuerpflichtigen, die Kanzlei- bzw. Büroräume des steuerlichen Beraters – natürlich nur mit dessen Zustimmung – oder die Amtsräume des Betriebsprüfers. Nach § 200 Abs. 2 Satz 2 AO gilt die ortsunabhängige Tätigkeit als an Amtsstelle ausgeübt, wenn die mobilen Endgeräte der Außenprüfer unter Berücksichtigung des Stands der Technik gegen unbefugten Zugriff gesichert sind.[3]

 

Rz. 63

Die Entscheidung des Finanzamts, die Außenprüfung in den eigenen Amtsräumen durchzuführen, ist ermessensfehlerfrei, wenn der Steuerpflichtige weder über Geschäftsräume noch über einen inländischen Wohnsitz verfügt. Eine Wohnung des Steuerpflichtigen im Ausland kann das Finanzamt bei der Festlegung des Prüfungsorts jedoch unberücksichtigt lassen.[4]

 

Rz. 64

Kann der Steuerpflichtige seine Verpflichtung, die Prüfungsunterlagen vorzulegen, nicht erfüllen, weil er – z. B. aufgrund einer Beschlagnahme – nicht in deren Besitz ist, ist das Finanzamt bei der Bestimmung des Prüfungsorts nicht an die Reihenfolge des § 200 Abs. 2 Satz 1 AO gebunden, sondern entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 5 AO). Dabei hat das Finanzamt aber den in § 200 Abs. 2 Satz 1 AO ausgedrückten Vorrang der Prüfung in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen.[5]

[3] Eingefügt durch Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtline 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts vom 20.12.2022. Anzuwenden ab 1.1.2023,

BFH, Beschluss v. 28.11.2006, VII B 97/06, BFH/NV 2007 S. 646; BFH, Urteil v. 26.7.2007, VI R 68/04, BStBl 2009 II S. 338; AEAO zu § 200 AO Nr. 2; Rüsken, in Klein, Abgabenordnung-Kommentar, 2022, § 200 AO Rz. 16 ff.; § 6 BpO; Wenzig, Außenprüfung/Betriebsprüfung, 10. Aufl. 2014, S. 148 ff.; s. a. OFD Hannover, Verfügung v. 2.1.2006, S 1400 – 12 – StO 121, Haufe-Index 1562199.

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