Rz. 28

Eine Erweiterung des regulären Prüfungszeitraums der Mittel-, Klein- und Kleinstbetriebe um weitere Jahre ist insbesondere statthaft, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist oder wenn der Verdacht einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit besteht (§ 4 Abs. 3 Satz 2 BpO). Besteuerungsverfahren und Steuerstraftaten stehen unabhängig und gleichrangig nebeneinander. Es kommt nicht darauf an, dass vorher oder danach mit einer Steuerfahndungsprüfung das Steuerstrafverfahren eingeleitet wird.[1]

 

Rz. 29

Über die in § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO beschriebenen Fälle hinaus kommt eine Erweiterung des 3-jährigen Prüfungszeitraums in begründeten Ausnahmefällen auch dann in Betracht, wenn der zu prüfende Sachverhalt auf eine besondere Prüfungsbedürftigkeit hindeutet, die den in § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO dargestellten Beispielen entspricht.[2]

 

Rz. 30

Bei einer Ausdehnung des Prüfungszeitraums wegen zu erwartender, nicht unerheblicher Steuernachforderungen bedarf es in der Begründung der Prüfungsanordnung keiner konkreten Darstellung der Ermessensabwägungen im Einzelnen.[3]

 

Rz. 31

Die Ermessensabwägung im Rahmen der Erweiterung des Prüfungszeitraums einer Außenprüfung verlangt eine Prognoseentscheidung, nicht aber eine endgültige oder umfassende Aufklärung, ob Mehrsteuern tatsächlich anfallen.[4] Die in § 4 Abs. 3 BpO vorgesehene Möglichkeit zur Erweiterung des Prüfungszeitraums ist ermessensgerecht.[5]

 

Rz. 32

"Nicht unerhebliche" Änderungen der Besteuerungsgrundlagen ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Der BFH geht darauf nicht ein, sondern befasst sich stattdessen nur mit der Frage, welche Mindestbeträge an Steuern erreicht werden müssen.[6] Zur Erweiterung der Betriebsprüfung wegen der Erwartung nicht unerheblicher Steuernachforderungen oder nicht unerheblicher Steuererstattungen aufgrund neuer Tatsachen genügt es, dass die Feststellung neuer Tatsachen durch die Betriebsprüfung möglich erscheint.[7] Mit nicht unerheblichen Steuernachforderungen als Voraussetzung zur Erweiterung des Prüfungszeitraums ist zu rechnen, wenn sie wahrscheinlich sind.[8] Für die Beurteilung der Frage, ob mit nicht unerheblichen Steuernachzahlungen zu rechnen ist, darf die Finanzbehörde von den tatsächlichen Feststellungen der geprüften Veranlagungszeiträume auf die tatsächlichen Verhältnisse früherer Zeiträume schließen, soweit ihr dazu nicht bereits Tatsachen aus anderen Quellen zugänglich sind.[9] Ein maßgebender Mindestbetrag lässt sich nicht auf alle Fälle festlegen.

 

Rz. 33

Weitere Einzelheiten zur Anwendung des § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO siehe AEAO.[10]

 

Rz. 34

Nach § 4 Abs. 2 BpO soll bei Großbetrieben und Unternehmen i. S. d. §§ 13, 18 und 19 BpO der Prüfungszeitraum an den vorhergehenden Prüfungszeitraum anschließen (Anschlussprüfung).[11] Die Finanzbehörden sind auch bei Mittel-, Klein- und Kleinstbetrieben weder durch die AO noch durch die BpO an einen bestimmten Prüfungsturnus gebunden. Sie können daher auch solche Betriebe einer sog. Anschlussprüfung unterwerfen.[12] Wurde bei einer Vorprüfung eine nicht ordnungsgemäße Gewinnermittlung festgestellt, so ist die Anordnung einer sog. Anschlussprüfung grundsätzlich nicht unverhältnismäßig.[13]

 

Rz. 35

Die Anordnung einer erneuten Außenprüfung gegen einen Klein- oder Mittelbetrieb für einen 3 Jahre nach dem letzten Prüfungszeitraum beginnenden Prüfungszeitraum ist weder unverhältnismäßig noch bedarf sie einer Begründung. Dies gilt auch dann, wenn gegen eine Schwestergesellschaft und das Einzelunternehmen des Gesellschafter-Geschäftsführers für denselben Prüfungszeitraum ebenfalls Außenprüfungen angeordnet wurden.[14]

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