Die steuerliche Betriebsprüfung wendet bei ihren Prüfungen mathematisch/statistische Methoden an, mit denen sie bei bargeldintensiven Unternehmen unter anderem die Kassenführung überprüft. Es handelt sich dabei insbesondere um den "Chi-Quadrat-Test", Überprüfungen auf der Grundlage des "Benford-Gesetzes" und das Prüfungsverfahren "Zeitreihenvergleich". Durch die seit 2001 gefestigte Rechtsprechung kann in der Praxis davon ausgegangen werden, dass Auffälligkeiten bei der Anwendung dieser mathematisch-statistischen Methoden nur dann zu Korrekturen der steuerlichen Bemessungsgrundlagen führen, wenn zusätzlich zu diesen Auffälligkeiten Mängel in den Aufzeichnungen, in der Belegablage oder in anderer Weise auftreten.
Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen.
In § 158 AO regelt der Gesetzgeber, dass eine Buchhaltung bzw. die Aufzeichnungen eines Unternehmens, die den einschlägigen Vorschriften der §§ 140 – 148 AO entsprechen, als formell ordnungsgemäß anzusehen sind. Buchhaltung bzw. Aufzeichnungen können nach der BFH-Rechtsprechung nur dann verworfen werden, wenn sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit materiell unrichtig sind.
Einige markante Urteile betreffend Kassenführung und Überprüfung mittels mathematisch/statistischen Methoden können beispielhaft der nachfolgenden Auflistung entnommen werden:
- Zulässigkeit von Chi-Quadrat-Tests und Zeitreihen-Vergleichen: FG Münster, Urteil v. 10.11.2003, 6 V 4562/03 E, U, EFG 2004 S. 236; FG Münster, Urteil v. 14.8.2003, 8 V 2651/03 E, U, EFG 2004 S. 9
- Rechtmäßigkeit von Hinzuschätzungen zum Umsatz und Gewinn aufgrund einer Betriebsprüfung: FG Münster, Beschluss v. 19.8.2004, 8 V 3055/04 G, EFG 2004 S. 1810
- Zur Schätzungsbefugnis der Finanzbehörde: FG Niedersachsen, Urteil v. 17.11.2009, 15 K 12031/08
- Auffälligkeiten beim "Chi-Quadrat-Test" allein kein Grund, die Buchführung zu beanstanden: FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 24.8.2011, 2 K 1277/10, EFG 2012 S. 10
- Verwerfung einer formell ordnungsmäßigen Buchführung: BFH, Urteil v. 9.8.1991, III R 129/85, BStBl 1992 II S. 55
- Zu Schätzungsmethode und -befugnis: BFH, Urteil v. 24.6.1997, VIII R 9/96, BStBl 1998 II S. 51
- Beweiswert eines Zeitreihenvergleichs – keine materielle Unrichtigkeit der Buchführung nur aufgrund von Unregelmäßigkeiten durch Zeitreihenvergleich: FG Köln, Urteil v. 27.1.2009, 6 K 3954/07, EFG 2009 S. 1092; BFH, Urteil v. 25.3.2015, X R 20/13, BStBl 2015 II S. 743, BFH, Urteil v. 25.3.2015, X R 19/14, amtlich nicht veröffentlicht
- Schätzung der Besteuerungsgrundlagen bei objektiver Verletzung einer vom Steuerpflichtigen bestrittenen Vorlagepflicht: BFH, Urteil v. 28.10.2015, X R 47/13, amtlich nicht veröffentlicht
- Nicht ausgewiesene Stornierungen in den Tagesendsummenbons können nicht durch die Aufzeichnung der verbliebenen Differenz ersetzt werden und können als nicht ordnungsgemäße Kassenführung gewertet werden. Eine nicht ordnungsmäßige Kassenführung berechtigt zu Zuschätzungen; BFH, Beschluss v. 14.8.2018, XI B 2/18, BFH/NV 2019, 1-3
- Die Aufforderung zur Überlassung eines Datenträgers zur Betriebsprüfung ist dahingehend zu konkretisieren, dass der Unternehmer erkennen kann, welche steuerlich relevanten Daten überlassen werden müssen. Die Aufforderung darf nicht so verstanden werden, dass auf alle elektronisch gespeicherten Daten zugegriffen werden kann – unabhängig von der nach § 147 AO bestehenden Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht (BFH, Urteil v. 7.6.2021, VIII R 24/18, amtlich nicht veröffentlicht)
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