1 Digitale Betriebsprüfung

1.1 Gesetzliche Grundlagen der digitalen Betriebsprüfung

 

Rz. 1

Die Vorschriften der AO zur Durchführung einer Außenprüfung folgten in der Vergangenheit der traditionellen Vorstellung, dass eine Buchführung papiergestützt erstellt wird. Dieses gesetzgeberische Konzept hatte mit der Wirklichkeit jedoch seit Jahrzehnten nichts mehr gemein. In der Realität hatte die EDV-gestützte Buchführung schon seit langem Einzug in die Unternehmen gehalten. Mit der Einführung des Rechts auf digitalen Datenzugriff seit dem 1.1.2002 hatte der Gesetzgeber den Außenprüfungsdiensten der Finanzverwaltung, d. h. der Betriebs-, Umsatzsteuer-Sonderprüfung und der Lohnsteuer-Außenprüfung, ein Zugriffsrecht auf die elektronische Buchführung der Unternehmen durch Änderung und Ergänzung der §§ 146 Abs. 5, 147 Abs. 2, 5, 6 AO und § 200 Abs. 1 AO eingeräumt[1] und die gesetzlichen Bestimmungen an die Wirklichkeit angepasst.

 

Rz. 2

Die Änderung der konzeptionellen Ausrichtung der gesetzlichen Vorschriften über die Außenprüfung hatte für den Steuerpflichtigen praktische Konsequenzen. Da die AO nunmehr davon ausgeht, dass EDV-gestützte Buchführungswerke vorrangig auch unter Einsatz moderner EDV-Technik geprüft werden, kann der Steuerpflichtige die Finanzverwaltung nicht mit Erfolg auf die Prüfung von Papierbelegen verweisen.[2]

 

Rz. 3

Um die Überprüfbarkeit der steuerlich relevanten Daten zu gewährleisten, wird die Finanzverwaltung durch die §§ 146, 147 AO in die Lage versetzt, für Zwecke der Außenprüfung das DV-System des Steuerpflichtigen zu nutzen. Den Umfang der Datenüberlassung regelt § 147 Abs. 6 AO, der folgenden Inhalt hat:

  • Nach § 147 Abs. 6 Satz 1 AO haben die Außenprüfungsdienste erstens das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das DV-System des Steuerpflichtigen zur Prüfung dieser Daten zu nutzen, sog. Z1-Zugriff.
  • Die Außenprüfungsdienste können zweitens vom Steuerpflichtigen verlangen, dass er die Daten nach ihren Vorgaben maschinell auswertet (sog. Z2-Zugriff).[3]
  • Die Außenprüfungsdienste können drittens verlangen, dass ihnen die gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung gestellt werden (sog. Z3-Zugriff).[4]
  • Befinden sich die Daten des Steuerpflichtigen bei einem Dritten, so ist der Dritte gegenüber der Finanzbehörde unmittelbar zum Datenzugriff (Z1-Zugriff), zur Datenbereitstellung (Z2-Zugriff) oder zur Datenüberlassung (Z3-Zugriff) verpflichtet.[5]
  • Der Steuerpflichtige trägt die Kosten für die Durchführung des Datenzugriffs.[6]
  • Werden die prüfungsrelevanten Daten bei einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe i. S. d. §§ 3 und 4 Nrn. 1, 2 StBerG aufbewahrt, so hat der Außenprüfer diesem sein Erscheinen in angemessener Frist anzukündigen.[7]
[1] Vgl. StSenkG v. 23.10.2000, BGBl 2000 I S. 1433, 1460 f.
[2] FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 20.1.2005, 4 K 2167/04, EFG 2005 S. 667; BFH, Urteil v. 26.9.2007, I B 53, 54/07, BStBl 2008 II S. 415; Intemann, NWB 2006, S. 333.
[5] § 147 Abs. 6 Satz 3 AO. Vgl. Gesetz zum Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen v. 22.12.2016, BGBl 2016 I S. 3152.
[7] § 147 Abs. 6 Satz 5 AO,

vgl. Gesetz zum Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen v. 22.12.2016, BGBl 2016 I S. 3152.

1.2 Ausübung der Rechte durch die Finanzverwaltung

 

Rz. 4

Von diesen 3 Möglichkeiten des Datenzugriffs kann die Finanzverwaltung grundsätzlich sowohl alternativ als auch kumulativ Gebrauch machen. Die Entscheidung hinsichtlich des "Ob" der Wahrnehmung der Rechte aus § 147 AO sowie die Auswahlentscheidung hat der Prüfer nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu treffen. Ein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber nur einen stufenweisen Einsatz der Alternativen ermöglichen bzw. eine bestimmte Rangfolge anordnen wollte, besteht nicht. Der Hinweis der Finanzbehörde auf die gewünschten Rationalisierungseffekte der automationsunterstützten Prüfroutinen genügt nach Ansicht des FG Hamburg den Anforderungen an die sachgerechte Ausübung des Ermessens, auf die Datenverarbeitung eines Unternehmens zuzugreifen und damit die Rechte des § 147 Abs. 6 AO in einer Weise in Anspruch nehmen zu wollen, die z. B. den Einsatz der prüfereigenen Software ermöglicht.[1]

 

Rz. 5

Von den 3 Möglichkeiten des Datenzugriffs kann die Finanzbehörde nur im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung nach den §§ 193 ff. AO Gebrauch machen. Eine Fernabfrage (Online-Zugriff) auf das DV-System ist ausgeschlossen.[2] Der sachliche Umfang der Außenprüfung[3] wird durch die Regelungen zum Datenzugriff nicht erweitert; er wird durch die Prüfungsanordnung bestimmt.[4] Gegenstand der Außenprüfung sind auch im Falle des Datenzugriffs die nach außersteuerlichen und steuerlichen Vorschriften aufzeichnungspflichtigen und die nach § 147 Abs. 1 AO aufbewahrungspflichtigen Unterlagen, d. h., der Datenzugriff beschränkt sich ausschließlich auf die Daten, die für die Besteuerung von Bedeutung sind.[5] Dazu zählen insbesondere die ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge