Zusammenfassung

 
Überblick

Ist die Betriebsaufspaltung durchgeführt, entstehen trotz sachlicher und personeller Verflechtung zwei zivil- und steuerrechtlich selbständige gewerbliche Unternehmen, das Besitz- und das Betriebsunternehmen (BFH, Beschluss v. 8.11.1971, GrS 2/71, BStBl 1972 II S. 63). Beide Unternehmen unterliegen der Gewerbesteuerpflicht. Das Besitzunternehmen ist als Gewerbebetrieb i. S. d. § 2 Abs. 1 GewStG von dem Zeitpunkt an zu behandeln, in dem die Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung erstmals erfüllt sind, d. h. sobald sachliche und personelle Verflechtung vorliegt (BFH, Urteil v. 15.1.1998, IV R 8/97, BStBl 1998 II S. 478; BFH, Urteil v. 19.3.2002, VIII R 57/99, BStBl 2002 II S. 662). Bei der Betriebskapitalgesellschaft handelt es sich i. d. R. um eine GmbH. Diese ist zivil- und steuerrechtlich ein eigenes Rechtssubjekt, das mit seinem Einkommen der Körperschaftsteuer unterliegt.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Für die Betriebsaufspaltung gibt es keine spezielle gesetzliche Grundlage. Es handelt sich ursprünglich um ein von der Rechtsprechung entwickeltes und in jahrzehntelanger Rechtsprechung anerkanntes Richterrechtsinstitut, das im Interesse der Missbrauchsvermeidung entwickelt worden ist (grundlegend: BFH, Beschluss v. 8.11.1971, GrS 2/71, BStBl 1972 II S. 63; vgl. hierzu auch BFH, Beschluss v. 29.4.1972, GrS 5/71, BStBl 1973 II S. 5 und BFH, Beschluss v. 29.2.2008, IV B 74/07 sowie die Anmerkung von Nöcker in HFR 2017 S. 34). Bei der richterrechtlichen Schaffung des Instituts der Betriebsaufspaltung ging es im Wesentlichen darum, zu verhindern, dass der Gewerbesteuer durch eine organisatorische Aufteilung des zur Verwirklichung der gewerblichen Tätigkeit dienenden Vermögens auf zwei eigenständige Rechtsträger ausgewichen wird, mithin eine Besserstellung des aufgespaltenen Unternehmens gegenüber dem "Einheitsunternehmen" zu verhindern[1].

Nach neuerer Erkenntnis ist das Besitzunternehmen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG originär gewerblich tätig, da es durch die Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit über das Betriebsunternehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt (BFH, Urteil v. 20.5.2021, IV R 31/19, BStBl 2021 II S. 768 Rn. 19; BFH, Urteil v. 16.9.2021, IV R 7/18, BStBl 2022 II S. 767, Rn. 27, 28).

Verwaltungsseitige Erläuterungen zur Betriebsaufspaltung finden sich u. a. in R 15.7 Abs. 8 EStR 2012 und H 15.7 EStH 2021.

1 Bilanzierungsfragen

Die zivil- und steuerrechtliche Selbstständigkeit der beiden Unternehmen bringt Folgendes mit sich:

  • Beide ermitteln ihren Gewinn trotz sachlicher und personeller Verflechtung unabhängig (getrennt) voneinander.
  • Grundsätzlich sind das Besitz- und das Betriebsunternehmen nicht zu einer korrespondierenden Bilanzierung verpflichtet.[1]
  • Übernimmt die Betriebsgesellschaft als Pächterin vertraglich die nach der gesetzlichen Regelung dem Besitzunternehmen als Verpächter obliegende Instandhaltungspflicht der verpachteten Sache, ist der Instandhaltungsanspruch des Besitzunternehmens auch dann nicht zu aktivieren, wenn sich die Betriebsgesellschaft mit der Instandhaltung im Rückstand befindet.[2] Diese Entscheidungen des IV. Senats sind für die Praxis von erheblicher Tragweite, weil sie neue Maßstäbe im Bilanzsteuerrecht setzen. Bislang war nämlich vielfach verwaltungsseitig davon ausgegangen worden, auch ein Instandhaltungsanspruch sei zu aktivieren, und es gelte der Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung[3].
  • Ein Zwang zur korrespondierenden Bilanzierung besteht nur bei gewissen Bilanzpositionen. So muss z. B. der Anspruch des Besitzunternehmens auf Wiederbeschaffung von Rohstoffen und Waren in der Bilanz des Besitzunternehmens in gleicher Höhe aktiviert werden, in der das Betriebsunternehmen seine entsprechende Verpflichtung passiviert hat.[4]
  • Desgleichen wird bislang gefordert, dass ein Ersatzbeschaffungsanspruch des Besitzunternehmens bilanziell korrespondiert mit der Substanzerhaltungsrückstellung des Betriebsunternehmens.[5] Damit unterscheidet sich der "einfache" Instandhaltungsanspruch von einem Pachterneuerungsanspruch, also dem Anspruch des Verpächters, dass der Pächter verbrauchte Pachtgegenstände durch neue Gegenstände ersetzt. In einem solchen Fall erspart sich der Verpächter nicht eigene Erhaltungsaufwendungen, sondern eigene Anschaffungskosten für das betreffende Wirtschaftsgut.[6]
  • Der dem Besitzunternehmen zustehende Anspruch auf künftige Gewinnausschüttungen gegen die Betriebsgesellschaft kann grundsätzlich nicht (mehr) zeitlich kongruent aktiviert werden, weil der Grundsatz der phasenverschobenen Aktivierung von Dividendenforderungen auch bei Betriebsaufspaltung gilt.[7] Ansprüche auf Gewinnausschüttungen (Dividenden) aus der Beteiligungen an der Betriebs-GmbH sind daher im Allgemeinen im Besitzunternehmen erst dann zu aktivieren, wenn ein Gewinnverwendungsbeschluss der Kapitalgesellschaft vorliegt und hierdurch ein verfügbarer Rechtsanspruch auf einen Gewinnanteil in b...

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