Die Grundsätze der Betriebsaufspaltung sind auch anzuwenden, wenn Besitz- und Betriebsunternehmen aus einer früheren freiberuflichen Tätigkeit hervorgegangen sind.[1] Das gilt jedoch nur, wenn das Betriebsunternehmen als solches ein Gewerbebetrieb ist (sei es kraft originärer Tätigkeit, kraft Abfärbung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, kraft gewerblicher Prägung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG oder kraft Rechtsform gem. § 8 Abs. 2 KStG).[2] Dementsprechend wird zwischen einem Steuerberater und einer von ihm als Alleingesellschafter beherrschten Kapitalgesellschaft eine Betriebsaufspaltung begründet, wenn der Kapitalgesellschaft ein für deren betriebliche Tätigkeit funktional wesentlicher Mandantenstamm zur Nutzung überlassen wird.[3] Die Einkünfte des Steuerberaters aus der Vermietung des Mandantenstamms an die Kapitalgesellschaft sind in diesem Fall mangels einer insoweit ausgeübten leitenden und eigenverantwortlichen steuerberatenden Tätigkeit keine Einkünfte gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Die Vermietung wesentlicher Betriebsgrundlagen durch eine Besitzpersonengesellschaft bzw. -Gemeinschaft an eine Freiberufler-GbR führt dagegen nicht zu gewerblichen Einkünften beim Besitzunternehmen, weil die Betriebsgesellschaft dann keinen Gewerbebetrieb unterhält. Die Überlassung eines Praxisgrundstücks, das den Gesellschaftern einer Freiberufler-GbR in Miteigentum gehört, begründet daher keine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung; es entsteht folglich Sonderbetriebsvermögen bei der freiberuflich tätigen Personengesellschaft.[4]

Die Rechtsprechung sieht den Grund für die Gewerblichkeit der Vermietungstätigkeit des Besitzunternehmens darin, dass die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben, der auf die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit in einem Doppelunternehmen gerichtet ist. Von einem auf die Ausübung eines Gewerbebetriebs gerichteten Betätigungswillen kann jedoch nicht die Rede sein, wenn die Betriebsgesellschaft keinen Gewerbebetrieb unterhält.

Eine auf einer Betriebsaufspaltung beruhende Verpachtung von Wirtschaftsgütern an die Betriebs-GmbH ist aber dann als gewerblich zu beurteilen, wenn eine freiberufliche Sozietät, z. B. in der Rechtsform einer GbR, einer von den Gesellschaftern beherrschten GmbH wesentliche Betriebsgrundlagen, z. B. ein Betriebsgebäude, überlässt. Die Besitzgesellschaft erzielt dann infolge der Betriebsaufspaltung gewerbliche Einkünfte. Dies wiederum löst die Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG aus, sodass alle von der Gesellschaft ansonsten erzielten Einkünfte, d. h. die an sich freiberuflichen Einkünfte, ebenfalls in gewerbliche umqualifiziert werden.[5]

 
Praxis-Beispiel

Praxis-Beispiele

Abfärbewirkung auf sämtliche Einkünfte einer ansonsten freiberuflich tätigen GbR

Die Ehegatten A und B haben eine kieferorthopädische Sozietät in der Rechtsform einer GbR mit eigenem Labor gegründet. Praxis und Labor werden in einem je zur Hälfte im Miteigentum von A und B stehenden Gebäude betrieben. Das Labor wird auf eine GmbH (Beteiligungsverhältnis 75:25) ausgegliedert. Die Eheleute schließen "als Inhaber der freiberuflichen Praxis" mit der GmbH einen Miet- und Pachtvertrag über die Laborräume ab, die fortan nebeneinander durch die GmbH und durch die Sozietät für die eigene Praxis benutzt werden.

Der BFH sieht in dem Sachverhalt eine Betriebsaufspaltung, deren Besitzunternehmen die damit vollumfänglich gewerblich werdende Sozietät ist. Die Abfärbung wäre vermieden worden, wenn Vermieterin eine zweite personenidentische GbR (Parallelgesellschaft) gewesen wäre, die dann als gewerbliches Besitzunternehmen die Vermietung vorgenommen und die Sozietät nicht "infiziert" hätte. Die Praxis-GbR hätte sich dann auf die Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit beschränkt.

 
Praxis-Beispiel

Abfärbewirkung auf sämtliche Einkünfte einer ansonsten vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft

An einer Grundstücksgemeinschaft in der Rechtsform einer GbR und der X-GmbH sind die Eheleute A und B je zur Hälfte beteiligt. Die GbR vermietet seit Fertigstellung ein zu ihrem Gesamthandsvermögen gehörendes bebautes Grundstück wie folgt: Das Erdgeschoss (50 % der Gebäudenutzfläche) wird an die X-GmbH für deren gewerbliche Zwecke (Einzelhandel) vermietet, das Obergeschoss (50 % der Gebäudenutzfläche) wird zu fremden Wohnzwecken vermietet.

Übt eine OHG, KG oder eine andere Personengesellschaft "auch" eine gewerbliche Tätigkeit i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG aus, wird nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG fingiert ("gilt"), dass die Gesellschaft in vollem Umfang Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Bei der Tätigkeit, die die Personengesellschaft "auch" ausübt, muss es sich um eine eigenständige gewerbliche Tätigkeit handeln, die von mindestens einer weiteren Tätigkeit, auf die sich die Abfärbung auswirken soll, getrennt werden kann. Die Abfärbetheorie setzt demnach voraus, dass die Personengesellschaft eine eigenständige gewerbliche Tätigkeit...

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