Betriebsaufgabe und -veräußerung werden steuerlich weitgehend gleichbehandelt. Das zeigt schon § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG, wonach die Aufgabe eines Betriebs als Veräußerung des Betriebs gilt. Allerdings ist im Fall der Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge – nicht hingegen bei einer Betriebsveräußerung gegen Kaufpreiszahlung in Form langjähriger Ratenzahlung[1] – ein besonderes Wahlrecht gegeben. Der Veräußerer kann[2]

  • den bei der Veräußerung entstandenen Gewinn sofort versteuern und so die Vergünstigungen der §§ 16, 34 EStG in Anspruch nehmen. Als Veräußerungsgewinn gilt dann die Differenz zwischen dem Barwert der wiederkehrenden Leistungen abzüglich der Veräußerungskosten und abzüglich des Kapitalkontos des Veräußerers. Die in den wiederkehrenden Leistungen enthaltenen Zinsanteile führen zu sonstigen Einkünften nach § 22 EStG;
  • die Rentenzahlungen als nachträgliche Betriebseinnahmen behandeln. In diesem Fall entsteht ein Gewinn erst dann, wenn der Kapitalanteil der wiederkehrenden Leistungen das steuerliche Kapitalkonto des Veräußerers zuzüglich etwaiger Veräußerungskosten übersteigt; der in den wiederkehrenden Leistungen enthaltene Zinsanteil stellt im Zeitpunkt des Zuflusses nachträgliche Betriebseinnahmen dar.

Dieses Wahlrecht besteht auch dann, wenn der Betrieb gegen einen festen Betrag zuzüglich wiederkehrender Leistungen veräußert wird, allerdings nur bezüglich der wiederkehrenden Leistungen. Dagegen soll das Wahlrecht nicht gelten, wenn der Betrieb zwar gegen wiederkehrende Bezüge veräußert wird, die an das private Wohnhaus grenzenden betrieblichen Räume jedoch in das Privatvermögen überführt werden.[3]

Als Vergünstigungen bei der Besteuerung des Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinns kommen nach den §§ 16, 34 EStG in Betracht:

Hat der den Betrieb aufgebende bzw. veräußernde Unternehmer das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er dauernd berufsunfähig im sozialversicherungsrechtlichen Sinn, unterliegt der Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinn nur insoweit der Besteuerung, als er den Freibetrag von 45.000 EUR übersteigt. Der Freibetrag ist jedoch um den Betrag zu mindern, um den der Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn höher als 136.000 EUR ist.

Die Voraussetzung der Vollendung des 55. Lebensjahres muss im Zeitpunkt der Veräußerung des Betriebs bzw. der Aufgabe des Betriebs erfüllt sein; es genügt nicht, wenn das 55. Lebensjahr in dem VZ, in dem der Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn zu versteuern ist, vollendet wird.[4] Die dauernde Berufsunfähigkeit muss nach Ansicht der Rechtsprechung anhand amtlicher Bescheinigungen nachgewiesen werden, die Vorlage einer fachärztlichen Bescheinigung reicht nicht aus[5]; nach anderer Auffassung genügt zum Nachweis aber auch die Leistungspflicht einer Versicherungsgesellschaft.[6]

 
Praxis-Beispiel

Kappung des Freibetrags

Ein Unternehmer gibt seinen Betrieb auf und erzielt dadurch einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 150.000 EUR. Da dieser Gewinn um 14.000 EUR höher ist als der die Kappung des Freibetrags auslösende Betrag von 136.000 EUR, sinkt der Freibetrag von 45.000 EUR um 14.000 EUR auf 31.000 EUR. Somit ist ein Veräußerungsgewinn i. H. v. 119.000 EUR zu versteuern.

Die Kappung des Freibetrags führt dazu, dass er bei Gewinnen von mehr als 181.000 EUR komplett entfällt. Ohnehin wird der Freibetrag nur dann gewährt,

  • wenn der Unternehmer unbeschränkt steuerpflichtig ist[7];
  • wenn der Unternehmer ihn bisher noch nicht in Anspruch genommen hat, denn es handelt sich um einen personenbezogenen Freibetrag, der einem Steuerpflichtigen für alle Gewinneinkünfte nur einmal zusteht[8]; dabei bleiben jedoch vor dem 1.1.1996 beanspruchte Freibeträge[9] außer Betracht[10];
  • wenn er ausdrücklich beantragt wird;
  • soweit der Unternehmer im Fall der Veräußerung nicht zugleich als Erwerber auftritt.

    Der Freibetrag darf auch dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn er bei einer ersten Betriebsaufgabe oder -veräußerung nicht in voller Höhe ausgeschöpft werden konnte.[11]

 
Praxis-Beispiel

Freibetrag bei Veräußerung an Mitunternehmerschaft

Ein Einzelunternehmer veräußert sein Unternehmen an eine OHG, an der er zu 33 % beteiligt ist. Wird in diesem Fall ein Veräußerungsgewinn von 210.000 EUR erzielt, ist er entsprechend den Beteiligungsverhältnissen zu einem Drittel in einen laufenden Gewinn, zu zwei Dritteln in einen begünstigten Veräußerungsgewinn aufzuteilen. Der Freibetrag wird mit Blick auf den begünstigten Gewinn i.  H.  v. 140.000 EUR gewährt. Da dieser Betrag höher als die Freibetragsgrenze von 136.000 EUR ist, wird der Freibetrag um 4.000 EUR auf 41.000 EUR gekürzt.[12]

Bei der Prüfung des zu gewährenden Freibetrags ist darauf zu achten, ob der Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinn dem Teileinkünfteverfahren unterliegende Erträge enthält. Denn zum einen ist der danach steuerfrei bleibende Betrag bei der Berechnung des Freibetrags nicht zu berücksic...

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