Leitsatz

1. Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gehört zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie entweder dazu bestimmt ist, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern oder wenn sie dazu dient, den Absatz von Produkten des Steuerpflichtigen zu gewährleisten.

2. Eine Förderung in der ersten Alternative erfordert, dass der Steuerpflichtige seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zum Wohle seines Einzelgewerbebetriebs einsetzt. Dies ist regelmäßig dann gegeben, wenn zwischen der Kapitalgesellschaft und dem Einzelgewerbebetrieb eine intensive und nachhaltige Geschäftsbeziehung besteht, die sich für den Einzelgewerbebetrieb als erheblich vorteilhaft erweist und dieser Vorteil seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Im Rahmen einer derartigen Geschäftsbeziehung wird die Kapitalbeteiligung erst recht zum Zwecke der Förderung des Einzelgewerbebetriebs eingesetzt, wenn diesem hierdurch fremd­unübliche Vorteile verschafft werden.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG, § 11 Abs. 2 BewG

 

Sachverhalt

Der Kläger war zu 40 % an der H-GmbH beteiligt, deren Geschäftsführer er war. Die H-GmbH betreibt an mehreren Standorten Einzelhandels-Fachmärkte. Die H-GmbH errichtete einen Online-Shop, da sie beabsichtigte, ihre Produkte auch über das Internet zu verkaufen. Da der Einkaufsverband, dem die H-GmbH angehörte, einen Internet-Produktabsatz nicht gestattete, gründete der Kläger etwas später das Einzelunternehmen X e. K., das den von der H-GmbH aufgebauten Online-Shop fortführte. Das hierfür erforderliche Personal überließ die H-GmbH dem X e. K. gegen Entgelt, ebenso wie die Waren; diese anfangs zum Selbstkostenpreis, später mit einem Aufschlag von 5 %. Zudem wickelte der X e. K. zunächst die gesamte Warenlogistik über die Räumlichkeiten der H-GmbH ab. Die H-GmbH trat später dem Einkaufsverband Y bei, wobei der X e. K. als Filialbetrieb der H-GmbH in den neuen Verband einbezogen wurde. Die H-GmbH und der X e. K. bildeten für ihre Einkäufe eine Bonusgemeinschaft. Der Anteil des Wareneinkaufs des X e. K. über die H-GmbH und Y betrug zwischen 2003 und 2007 zwischen 75 % und 100 %.

Der Kläger behandelte die Beteiligung an der H-GmbH als Privatvermögen. Demgegenüber war das FA der Auffassung, die Beteiligung gehöre zum notwendigen Betriebsvermögen des Einzelunternehmens X e. K. 2010 übertrug der Kläger seine Beteiligung an der H-GmbH unentgeltlich auf Familienmitglieder. Das FA sah hierin eine steuerpflichtige Entnahme.

Im Klageverfahren war streitig, ob und in welcher Höhe ein Entnahmegewinn entstanden ist. Die Klage hatte lediglich hinsichtlich der Höhe des ­Entnahmegewinns teilweisen Erfolg (FG Nürnberg, Urteil vom 25.7.2017, 1 K 1266/15, Haufe-Index 11590944, EFG 2018, 649). Das FG ordnete die GmbH-Beteiligung dem Betriebsvermögen des Klägers zu, setzte aber den Unternehmenswert der H-GmbH und folglich den Entnahmegewinn herab. Dabei orientierte es sich methodisch an dem von den Klägern vorgelegten, auf den Grundsätzen des IDW S 1 beruhenden Gutachten. Abweichungen nahm es – ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen – im Wesentlichen bei den Berechnungsparametern Materialeinsatz und Personalaufwand vor.

 

Entscheidung

Die Revision hatte aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen Erfolg. Nach Auffassung des BFH war die Beteiligung an der H-GmbH zwar im Zeitpunkt der unentgeltlichen Übertragung dem Betriebsvermögen des Einzelgewerbebetriebs des Klägers zuzuordnen. Die Feststellungen des FG reichten allerdings nicht aus, um über die Höhe des Teilwerts der entnommenen Beteiligung an der H-GmbH und demnach über die Höhe des Entnahmegewinns abschließend zu entscheiden, sodass die Sache an das FG zurückverwiesen wurde.

 

Hinweis

1. Notwendiges Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs sind diejenigen Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb dergestalt unmittelbar dienen, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sind. Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft stellt dann notwendiges Betriebsvermögen dar, wenn sie entweder dazu bestimmt ist, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern oder wenn sie dazu dient, den Absatz von Produkten des Steuerpflichtigen zu gewährleisten.

2. Die Besonderheit des Besprechungsurteils liegt darin, dass – soweit erkennbar – zum ersten Mal höchstrichterlich über die "Förderungsalternative" zu befinden war.

Ausgangspunkt einer Begriffsbestimmung ist für den X. Senat dabei zunächst der Umstand, dass eine Abgrenzung zum gewillkürten Betriebsvermögen vorzunehmen ist, welches ebenfalls eine gewisse betriebliche Förderung durch das Wirtschaftsgut voraussetzt. Dadurch ist es unerlässlich, dass sich die von der Kapitalgesellschaft ausgehende Förderung des Einzelgewerbetreibenden im Falle notwendigen Betriebsvermögens nicht in einer auch zwischen fremden Dritten üblichen Geschäftsbeziehung erschöpft, sondern deutlich intensiver ist. Eine "ents...

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