Leitsatz

1. Wird ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer von seinem deutschen Arbeitgeber in den Verwaltungsrat ("Consejo de administración") einer spanischen Gesellschaft entsandt, ohne für die dortige Tätigkeit eine besondere Vergütung zu erhalten, so ist sein von seinem deutschen Arbeitgeber gezahlter Arbeitslohn nicht anteilig nach Art. 23 Abs. 1 i.V.m. Art. 16 DBA Spanien steuerfrei.

2. Entsendet eine inländische Gesellschaft einen ihrer Arbeitnehmer zu einer spanischen Tochtergesellschaft und erstattet ihr diese denjenigen Teil des Arbeitslohns, der auf die für sie in Spanien ausgeübte Tätigkeit entfällt, so wird hierdurch die Tochtergesellschaft nicht notwendig zur Arbeitgeberin des betreffenden Arbeitnehmers im abkommensrechtlichen Sinn. Voraussetzung hierfür ist vielmehr, dass der Einsatz des Arbeitnehmers bei der Tochtergesellschaft in deren Interesse erfolgt und dass der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf der Tochtergesellschaft eingebunden ist.

3. Wird der Arbeitnehmer einer inländischen Kapitalgesellschaft (Muttergesellschaft) zeitweilig für deren spanische Tochtergesellschaft tätig und erstattet diese der Muttergesellschaft zeitanteilig den von ihr gezahlten Arbeitslohn, so wird dieser Teil des Arbeitslohns regelmäßig "für die Tochtergesellschaft" gezahlt. Eine Ausnahme hiervon gilt jedoch, wenn die Tochtergesellschaft einem nicht von der Muttergesellschaft entsandten Arbeitnehmer nur geringere Bezüge zugestanden hätte.

 

Normenkette

Art. 15 Abs. 1 und 2 DBA-Spanien , Art. 16 DBA-Spanien

 

Sachverhalt

Der Kläger bezog als Vorstandsmitglied der A Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Er wurde u.a. bei einer spanischen Tochtergesellschaft der A (T) tätig und hielt sich zu diesem Zweck an 124 Arbeitstagen des Streitjahrs in Spanien auf. Die Beteiligten streiten darüber, ob die auf diese Tage entfallenden Einkünfte des Klägers durch das DBA Spanien unter Progressionsvorbehalt von der deutschen Einkommensteuer freizustellen sind.

Die A hatte den Kläger, der schon zuvor dem "Consejo de administración" der T angehört hatte, vom 1.2.1994 an als Vertreter der Konzernleitung mit bestimmten Aufgaben bei der T beauftragt. Am 25.3.1994 wurde er zum Mitglied der "comisión permanente" der T ernannt, die die bei der T durchgeführten Sanierungsmaßnahmen leitete. Er war daraufhin u.a. mit Fragen der Produktion und des Einkaufs der T befasst. Die auf diese Aufgaben entfallende Arbeitszeit belief sich nach Schätzung des Klägers auf 40 % seiner Gesamtarbeitszeit.

Die A zahlte dem Kläger weiterhin seine vollen Vorstandsbezüge aus, behielt jedoch von dem auf die Tätigkeit in Spanien entfallenden Anteil (40 %) keine Lohnsteuer ein. Vielmehr unterwarf T den entsprechenden Betrag der spanischen Quellensteuer. Der danach verbleibende Nettobetrag der anteiligen Bezüge wurde konzernintern zwischen A und T verrechnet.

Der Kläger behandelte die auf die Tätigkeit in Spanien entfallenden Bezüge als in Deutschland steuerfrei. Demgegenüber nahm das FA an, dass der gesamte Arbeitslohn des Klägers in Deutschland versteuert und nur die spanische Steuer angerechnet werden müsse. Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache zur weiteren Sachaufklärung zurück. Das FG war gehalten, den Fragen nachzugehen, ob und in welchem Umfang die T der A Gehaltsteile des Klägers erstattet hatte, ob der Kläger in erster Linie im Interesse der T tätig geworden und ob er in deren Betrieb organisatorisch eingegliedert war. Näheres ergibt sich aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

Das Urteil betrifft einen Einzelfallsachverhalt, hat aber für einschlägige Sachverhalte der Arbeitnehmerentsendung im Konzern eine weit reichende "Erhellung":

,1. Im Abkommensrecht beantwortet sich die Frage danach, wer Arbeitgeber ist, im Grundsatz nicht – wie im Arbeitsrecht – danach, in wessen Betrieb der Arbeitnehmer organisatorisch eingeordnet ist und wessen Weisungen er unterliegt, auch nicht – wie bislang im LSt-Recht – danach, wer den Arbeitslohn tatsächlich auszahlt (s. dazu aber auch unter 4.), vielmehr zuvorderst nach wirtschaftlichen Kriterien: Derjenige ist Arbeitgeber, der den Lohn auch tatsächlich wirtschaftlich trägt. Wird ein Arbeitnehmer nun von der inländischen Gesellschaft einer Unternehmensgruppe in ein verbundenes Auslandsunternehmen "entsandt", dann kommt es folgerichtig darauf an, wer für die Kosten des Arbeitnehmereinsatzes – also dessen Lohn – aufkommt. Ist dies das entsendende Unternehmen, ist dieses wirtschaftlicher Arbeitgeber. Ist dies hingegen – im Regelfall im Erstattungsweg – das aufnehmende Unternehmen, so ist Arbeitgeber dieses. Denkbar ist – im Fall einer jeweils anteiligen Kostentragung – auch, dass beide Unternehmen Arbeitgeber sind. Einzelheiten finden Sie dazu bereits zu den Urteilen vom 5.9.2001, I R 55/00, BFH-PR 2002, 357 und vom 4.9.2002, I R 21/01, BFH-PR 2003, 59.

2. Konsequenz dieser unterschiedlichen Gegebenheiten ist sodann, welchem Vertragsstaat das Besteuerungsrecht an den...

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