Leitsatz

1. Wird dem Inhaber von Genussrechten, die keine Beteiligung am Unternehmensvermögen vermitteln, ein Entgelt dafür gewährt, dass ihm aufgrund der vorzeitigen Beendigung des Genussrechtsverhältnisses Einnahmen aus der Verzinsung des Genussrechtskapitals entgehen, handelt es sich um eine gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerpflichtige Entschädigung und nicht um einen nicht steuerbaren Veräußerungsgewinn i.S.d. § 23 EStG.

2. Die Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5 EStG, nach der die Grundsätze für die Besteuerung von Finanzinnovationen auf Genussrechte der vorliegenden Art nicht anwendbar sind, schließt die Besteuerung einer Entschädigungszahlung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht aus, da diese durch die entgehenden Einnahmen veranlasst ist und eindeutig nicht der Vermögensebene angehört.

 

Normenkette

§ 24 Nr. 1 Buchst. a, § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5, § 23 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war vor seiner Pensionierung bei der X AG beschäftigt gewesen. Diese hatte im Rahmen eines Vermögensbildungsprogramms inländischen Mitarbeitern den Erwerb von sog. Namensgewinnscheinen (NGS) angeboten. Jeder NGS gewährte dem Inhaber eine Beteiligung an der Dividende der X AG. Im Falle der Liquidation oder Auflösung der X AG sollten die Inhaber der NGS den Nennwert ihrer NGS erstattet bekommen. Die X AG hatte aber ein Kündigungsrecht, wenn sie aus dem X-Konzern ausscheiden sollte. In allen Fällen der Rückgabe der NGS vergütete die X AG nach den Genussrechtsbedingungen lediglich den Nennwert der NGS.

Im Jahr 2006 unterbreitete die X AG dem Kläger ein Angebot zum Rückerwerb der von ihm gehaltenen NGS. Sie bot ihm für jeden NGS neben der Auszahlung des Nominalwerts eine Verzinsung für 2006 sowie eine Einmalzahlung in Höhe des dreifachen Nominalwerts an, die einer Verzinsung der NGS für zehn Jahre zu einem Zinssatz von 30 % p.a. entsprach. Sollte der Kläger das Angebot nicht annehmen, müsse er mit einer Kündigung der NGS aus wichtigem Grund rechnen, da die X AG aus dem Konzern ausscheide. Bis zur Kündigung würden die NGS-Bedingungen dahingehend abgeändert, dass ab dem 1.7.2006 die Gewinnbeteiligung entfalle und nur noch die Mindestverzinsung von 7 % p.a. gewährt werde. Der Kläger nahm das Angebot an, sodass ihm die X AG außer dem Nominalwert den Einmalbetrag zuzüglich der Gewinnbeteiligung auszahlte. Die Auszahlung des Einmalbetrags erfolgte in zwei Teilbeträgen in den Jahren 2006 und 2007.

Das FA erfasste die Zahlungen der X AG als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das FG ab (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 13.12.2011, 11 K 1189/09, Haufe-Index 2899201, EFG 2012, 616).

Mit seiner Revision rügte der Kläger, die Einmalzahlung in Höhe des dreifachen Nennbetrags der Genussrechte sei kein Entgelt für eine Kapitalnutzung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG, sondern ein Veräußerungsgewinn i.S.d. § 23 EStG, der aufgrund des Ablaufs der Haltefrist nicht der Besteuerung unterliege. Außerdem habe der Gesetzgeber durch die Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5 EStG die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Genussrechten grundsätzlich ausschließen wollen.

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers blieb im Ergebnis ebenfalls erfolglos. Der BFH führte aus, die Einmalzahlung sei kein Vorteil aus einem früheren Dienstverhältnis nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, weil sie in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zu dem früheren Arbeitsverhältnis des Klägers gestanden habe. Bei den Genussrechten habe es sich um eine eigenständige Erwerbsgrundlage gehandelt, da weder die Höhe des Rücknahmepreises noch der Vergütung von dem früheren Arbeitsverhältnis des Klägers abhängig gewesen seien.

Die Einmalzahlung sei aber als Entschädigung, die als Ersatz für entgehende Einnahmen gewährt worden ist, gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerpflichtig; denn die Einnahmen, die der Kläger erzielt hätte, wenn er die Genussrechte behalten hätte, wären gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zu besteuern gewesen. Der Einmalbetrag in Höhe des dreifachen Nennbetrags der Genussrechte, der einer Verzinsung der NGS für zehn Jahre entsprach, habe nicht einen "höheren Wert" der Genussrechte abgegolten, sondern den Kläger dafür entschädigt, dass er aufgrund der Rückgabe der Genussrechte keine Einnahmen mehr aus der Überlassung seines Kapitals an die X AG erzielen konnte. Für diese Beurteilung spreche auch der Umstand, dass der Kläger bei Rückübertragung der NGS auf die X AG, gleich aus welchem Grund, stets nur den Nennbetrag erhalten hätte. Die NGS seien somit an der Wertentwicklung des Gesellschaftsvermögens der X AG nicht beteiligt gewesen.

Einer Qualifizierung der Einkünfte als steuerbare Entschädigungsleistung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG stehe auch nicht entgegen, dass der Kläger durch seine Zustimmung zum Angebot der X AG selbst zum Wegfall der Ei...

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