Kalkulatorische Abschreibung

Mit Beginn der Vermarktung des Produkts beginnt die kalkulatorische Abschreibung über die Nutzungsdauer des Anlageguts. Diese entspricht der geplanten Vermarktungsdauer. Nun muss noch die Abschreibungsmethodik geklärt werden: Aufgrund des meist in Form einer Glockenkurve verlaufenden Absatzes eines Produkts über den Produktlebenszyklus ist die übliche degressive oder lineare Abschreibung hier nicht zu empfehlen. Vielmehr ist eine Verteilung auf Basis der geplanten Stückzahlen anzuraten. Auf diese Weise fließt in die Kalkulation jedes Produkts ein fester Betrag je Stück ein, der die Entwicklungskosten abdeckt. Allerdings variiert dieser Betrag mit im Laufe eines Lebenszyklus vorgenommenen Änderungen der geplanten Absatzmengen, da sich der jeweilige Restbuchwert dann auf eine geänderte Stückzahl bezieht (s. Beispiel in Abb. 8). Es ist offensichtlich, dass das Verfahren umso bessere Ergebnisse erzielt, je größer die Genauigkeit der Absatzplanung über den gesamten Produktlebenszyklus ist.

Abb. 8: Berechnung der kalkulatorischen Abschreibungen pro Stück

In der Kostenträgerstückrechnung erfolgt somit eine zwar verursachungsgerechte, aber je nach Situation aufgrund der schwankenden Abschreibungen immer noch mehr oder weniger ungenaue Kostenzuordnung. Anzumerken sei an dieser Stelle allerdings, dass die in der Praxis oft erheblichen "klassischen" kalkulatorischen Abschreibungen ebenfalls auf Annahmen bezüglich der Nutzung der Anlagegüter beruhen und somit die Realität nicht immer exakt wiedergeben. In der Kostenträgerzeitrechnung gleichen sich die Schwankungen mit länger werdenden Betrachtungsperioden immer weiter aus, bis sich diese bei einer Betrachtung über den gesamten Produktlebenszyklus (siehe unten) vollständig eliminieren.

Abgebrochene Entwicklungsprojekte

Leider ist das Problem an dieser Stelle noch nicht gelöst, denn Entwicklungsprojekte können aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen gestoppt werden. In diesem Fall droht eine Sofortabschreibung des kalkulatorischen immateriellen Wirtschaftsguts – in diesem Fall eines Kostenträgers, der es nie bis zur Vermarktung schafft. An dieser Stelle sind wir fast wieder am Ausgangspunkt angelangt. Doch anstatt einer pauschalen Schlüsselung aller F&E-Kosten werden nun wenigstens nur die F&E-Kosten per Zuschlagssatz verteilt, die man aufgrund ihres komplett fehlenden Bezugs zu produzierten Produkten als klassische Gemeinkosten (kalkulatorische Wagnisse) betrachten kann. Aufgrund des einmaligen Anfalls sich ansonsten über einen langen Zeitraum angesammelter Kosten kann es allerdings im Ist zu erheblichen Verwerfungen kommen. Im Plan können solche Kosten natürlich in Form von kalkulatorischen Wagniskosten Berücksichtigung finden.

Forschungskosten

Forschungskosten haben laut Definition[1] keinen direkten Bezug zu konkreten Produkten, sodass es sich um klassische Gemeinkosten handelt, die nur per Zuschlagssatz auf Produkte verrechnet werden können. Das Problem relativiert sich allerdings, da in vielen Unternehmen Forschungskosten deutlich niedriger sind als Entwicklungskosten, oft sind sogar nur Entwicklungskosten vorhanden. Zudem fallen diese Kosten regelmäßig an und führen deshalb nicht zu verzerrenden Einmaleffekten.

Abb. 9: Angepasstes Kalkulationsschema

Praxisrelevanz?

Abbildung 9 zeigt die Behandlung der unterschiedlichen F&E-Kostenpositionen in einem überarbeiteten Kalkulationsschema.

[1] Siehe z. B. § 255 Abs. 2a HGB.

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