Rz. 43

Die Vermerkpflicht besteht grds. i. H. d. vertraglich übernommenen Gewährleistung bzw. i. H. d. Schuldbetrags eines Dritten, für den der Kfm. am Bilanzstichtag eine Sicherheit gewährt oder vertragliche Verpflichtungen übernommen hat. Im letzteren Fall kann die Höhe des anzugebenden Betrags, wie bereits dargestellt, über die Höhe der zum Bilanzstichtag bestehenden Schuld eines Dritten hinausgehen, z. B. im Fall der Höchstbetragsbürgschaft (Rz 8, 22). Gleichzeitig ist zu beachten, dass keine Doppelberücksichtigung stattfinden darf, d. h., i. R. d. Bilanzvermerks sind Beträge nur insoweit anzugeben, als nicht bereits aufgrund einer zum Bilanzstichtag drohenden Konkretisierung der Inanspruchnahme eine Passivierung erfolgt ist.[1] Weiterhin ist zu beachten, dass Rückgriffsforderungen, die die tatsächliche Belastung möglicherweise mindern können, bei der Bewertung nicht zu berücksichtigen sind. Dies gilt unabhängig davon, ob die Rückgriffsforderung als werthaltig eingeschätzt wird. Das Saldierungsverbot ist einzuhalten.[2] Daher ist z. B. bei gesamtschuldnerischer Haftung für nicht passivierte Verbindlichkeiten oder im Fall von Gesamtbürgschaften stets der volle Betrag anzugeben, da die im Fall überproportionaler Inanspruchnahme entstehende Rückgriffsforderung den Betrag des Bilanzvermerks nicht reduzieren darf.[3] Ob ggf. auch eine Angabe der Rückgriffsforderung vorgenommen werden kann, ist gesondert zu beurteilen (Rz 52).

 

Rz. 44

Nur in den Fällen, in denen eine künftige wirtschaftliche Belastung ausnahmsweise völlig ausgeschlossen ist oder alleine vom Willen des Bilanzierenden abhängt, entfällt die Angabepflicht. Eine Deckung des Haftungsverhältnisses durch andere, d. h. nachrangig Haftende oder auch Versicherungen, schließt das Risiko einer tatsächlichen Belastung i. d. R. nicht völlig aus, sodass die Angabepflicht auch in diesen Fällen weiterhin besteht.[4]

 

Rz. 45

Besondere Probleme kann die Ermittlung des zu vermerkenden Betrags ergeben, wenn die zugrunde liegenden Verpflichtungen aus Dauerschuldverhältnissen resultieren. Hierzu gehören die Fälle, in denen Gewährleistungen für Verpflichtungen eines Dritten aus dessen Dauerschuldverhältnissen übernommen werden, z. B. durch Mietbürgschaften, Schuldbeitritte zu Miet- oder Leasingverträgen o. Ä. Hierzu gehören auch Fälle, in denen vertragliche Gewährleistungen übernommen werden, die dauerhaften oder zumindest mehrperiodigen Bestand haben, wie z. B. Mietgarantien oder Betriebsergebnisgarantien im Hotelbereich (GOP-Garantien). Diese Gewährleistungen können sowohl im Zusammenhang mit der Veräußerung von Immobilien oder Betrieben stehen, aber auch eine Gewährleistung aus einem sonstigen Vertrag betreffen, z. B. eine GOP-Garantie im Zusammenhang mit einem Hotelmanagementvertrag.

 

Rz. 46

Im Fall der Gewährleistung für Dauerschuldverpflichtungen eines Dritten (z. B. aus einem Mietvertrag) ist nicht nur ein Betrag i. H. d. bis zum Abschlussstichtag entstandenen, noch nicht beglichenen Schuld des Dritten anzugeben, sondern es sind auch die nach dem Abschlussstichtag entstehenden Verpflichtungen, für die der Kfm. ggf. einstehen muss, anzugeben. In der Kommentierung wird diskutiert, ob in diesem Fall der volle mögliche Haftungsumfang, soweit er nachvollziehbar ermittelt werden kann, anzugeben ist oder ob es ausreicht, die maximale Belastung des Folgejahrs zu vermerken.[5] Für die Begrenzung auf die Angabe eines Jahresbetrags wird argumentiert, dass bei weit in die Zukunft reichenden Gewährleistungen für sukzessiv entstehende Verpflichtungen eines Dritten die Informationsfunktion des § 251 HGB in Konflikt mit dem Stichtagsprinzip geraten könne, da die Kumulation zukünftiger Risiken zur Angabe eines Betrags führen könne, der auf den Stichtag bezogen als unzutreffend angesehen werden müsste bzw. zu Fehlinterpretationen führen könne. Die h. M. neigt in diesen Fällen wohl zu der Angabe eines Jahresbetrags.[6] Hier ist jedoch zu beachten, dass die Angabe eines Jahresbetrags im Fall einer mehrjährigen Verpflichtung zunächst willkürlich erscheint und isoliert gesehen ebenso zu Fehlinterpretationen führen kann. Die Reduzierung auf einen Jahresbetrag kann vor dem Hintergrund der Informationsfunktion des § 251 HGB aber akzeptiert werden, wenn zusätzlich verbale Erläuterungen, insb. zur Gesamtlaufzeit der Verpflichtung, unter der Bilanz gemacht werden.[7] In diesem Fall erhält der Bilanzleser ein umfassendes Bild der möglichen Haftungsrisiken.

 

Rz. 47

Soweit selbstständige Gewährleistungsverpflichtungen für eigene Leistungen mit Dauerschuldcharakter übernommen werden (z. B. Betriebsergebnisgarantie) ist zu beachten, dass bei drohender Inanspruchnahme zunächst eine Rückstellung für drohende Verluste aus Dauerschuldverhältnissen zu bilden ist. Diese Rückstellung muss grds. den Gesamtverlust, der über die gesamte Laufzeit des Dauerschuldverhältnisses zu erwarten ist, abbilden. Soweit am Bilanzstichtag keine Inanspruchnahme droht, jedoch aufgrund der erteilten Gewährleistung möglich ist, ...

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