Rz. 98

Offene Rücklagen stammen entweder aus einbehaltenen Gewinnen (Gewinnrücklagen) oder aus Einlagen von Gesellschaftern oder Dritten (Kapitalrücklagen). Als eigenständiger Abschlussposten existieren offene Rücklagen nur bei den KapG (§ 266 Abs. 3 II. und III. HGB) und Genossenschaften (§ 336 Abs. 2 HGB) sowie – unabhängig von der Rechtsform – bei Kreditinstituten (§ 340a Abs. 2 Satz 2 HGB i. V. m. § 25 RechKredV sowie Formblatt 1 der RechKredV) und VersicherungsUnt (§ 341a Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Formblatt 1 der RechVersV). Offene Rücklagen sind die Kapitalrücklagen nach § 272 Abs. 2 HGB und die Gewinnrücklagen nach § 272 Abs. 3 Satz 1 HGB. Die Gewinnrücklagen ihrerseits unterteilen sich wiederum in gesetzliche, satzungsmäßige und andere Gewinnrücklagen (§ 272 Abs. 3 Satz 2 HGB).

 

Rz. 99

Die offenen Rücklagen unterscheiden sich von den stillen Rücklagen – oder auch stillen Reserven – dadurch, dass Letztere im handelsrechtlichen Jahresabschluss nicht erkennbar sind. Sie resultieren – jedenfalls soweit es sich um Gewinnrücklagen handelt – aus versteuerten Gewinnen. Im Gegensatz dazu sind stille Rücklagen unversteuert und bewirken eine Steuerstundung, die für das Unt einen Liquiditätsvorteil bedeutet.[1]

 

Rz. 100

Zu unterscheiden sind zudem die gesetzlich vorgeschriebenen und die satzungsmäßig vorgeschriebenen Rücklagen sowie die freiwillig zu bildenden Rücklagen. Zu den gesetzlich vorgeschriebenen Rücklagen gehören die gesetzliche Rücklage nach § 150 Abs. 1 und 2 AktG, die Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unt, die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1–4 HGB einschl. der Rücklagen nach § 42 Abs. 2 Satz 3 GmbHG sowie nach §§ 218, 229, 232 und 237 AktG und die Rücklage nach § 5a Abs. 3 GmbHG. Die Besonderheit bei diesen Rücklagen besteht darin, dass sich die betroffene Ges. bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen weder der Bildung noch der Auflösung entziehen kann. Bei den satzungsmäßigen Rücklagen ist die betroffene Ges. ebenfalls gem. Gesellschaftsvertrag oder Satzung zur Bildung oder Auflösung von Rücklagen verpflichtet. Anders als bei den gesetzlichen Rücklagen kann die Verpflichtung aber durch die Gesellschafter abbedungen oder modifiziert werden. Die freiwillig zu bildenden und aufzulösenden Rücklagen sind die anderen Gewinnrücklagen gem. § 272 Abs. 3 Satz 2 HGB.

[1] Vgl. auch Küting/Reuter, in Küting/Weber, HdR-E, § 272 HGB Rn 56, Stand: 11/2009, die zudem auf den Steuerstundungseffekt stiller Reserven und die damit einhergehenden Liquiditätsvorteile hinweisen.

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