1 Überblick

1.1 Inhalt und Regelungszweck

 

Rz. 1

§ 327a HGB spricht kapitalmarktorientierten Ges., die lediglich Schuldtitel mit einer hohen Mindeststückelung (von 100 TEUR oder dem entsprechenden Gegenwert einer anderen Währung) emittieren (Rz 2), Erleichterungen zu. Ges., die unter den Anwendungsbereich des § 327a HGB fallen, werden von der gem. § 325 Abs. 4 Satz 1 HGB vorgesehenen verkürzten Offenlegungsfrist von vier Monaten entsprechend nicht tangiert. Der Zeitpunkt der Übermittlung der Unterlagen an die das Unternehmensregister führende Stelle bestimmt sich nach Maßgabe des § 325 Abs. 1a HGB (Rz 5). Die Regelung wurde im Kontext einer Erleichterung in das HGB aufgenommen, da dies nach Auffassung des Gesetzgebers die Verständlichkeit der Regelung fördert.[1] Die diesbzgl. tw. redundante Überschneidung mit § 325 Abs. 4 HGB wurde mit dem DiRUG aufgehoben.

In Verbindung mit § 264 Abs. 2 Satz 3 HGB, bzw. § 297 Abs. 2 Satz 4 HGB für den Konzernabschluss, ergibt sich zudem die Befreiung entsprechender Unt von der Abgabe des Bilanzeides. Gleiches gilt zudem über § 264 Abs. 2 Satz 3 HGB i. V. m. § 289 Abs. 1 Satz 5 HGB für den Lageberichtseid analog.

Darüber hinaus resultiert aus § 328 Abs. 1 Satz 4 HGB die Befreiung von der Beachtung der Formatvorgaben für die offenzulegenden Unterlagen kapitalmarktorientierter Unt aus der ESEF-VO.

[1] Vgl. BT-Drs. 16/2781 v. 27.9.2006 S. 81.

1.2 Anwendungsbereich und Normzusammenhänge

 

Rz. 2

Relevant ist die Regelung des § 327a HGB nur für kapitalmarktorientierte KapG, die ausschl. zum Handel an einem organisierten Markt zugelassene Schuldtitel i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 WpHG begeben. Organisierter Markt i. S. d. § 2 Abs. 11 WpHG ist "… ein im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt." Der Handel entsprechender Schuldtitel an einem organisierten Markt eines nicht in § 2 Abs. 11 WpHG bezeichneten Drittlands berechtigt daher nicht zur Inanspruchnahme der Erleichterung des § 327a HGB. Schuldtitel in diesem Sinne sind insb. Genussscheine, Inhaberschuldverschreibungen und Orderschuldverschreibungen sowie Zertifikate, die Schuldtitel vertreten und sonstige Wertpapiere, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von Wertpapieren, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird.

Eine ergänzende Voraussetzung bildet die Anforderung, dass die Mindeststückelung 100.000 EUR oder einem am Ausgabetag entsprechenden Gegenwert einer anderen Währung entspricht. Zu den relevanten Schuldtiteln gehören insb. Genussscheine, Inhaberschuldverschreibungen und Orderschuldverschreibungen sowie Zertifikate, die Schuldtitel vertreten.

 

Rz. 3

§ 327a HGB in der Fassung des BilRUG ist analog zu den übrigen Vorschriften ohne Option auf vorzeitige Anwendung erstmals auf Jahresabschlüsse und Konzernabschlüsse für das nach dem 31.12.2015 beginnende Gj anzuwenden. Anders als die Vorschriften zur Erstellung entfalten jene zur Offenlegung insofern faktisch zeitversetzt Bedeutung – erst die 2017 vorzunehmende Offenlegung des 2016er Abschlusses hat unter Berücksichtigung der nachfolgend dargestellten Vorschriften unter Beachtung des BilRUG zu erfolgen. Allerdings waren die Änderungen an § 327a HGB lediglich formaler Natur, indem die Angabe "§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3" durch die Wörter "§ 2 Absatz 1 Nummer 3" ersetzt wurde.[1]

[1] Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz v. 17.7.2015, BGBl 2015 I S. 1254.

2 Erleichterung der Offenlegung

2.1 Offenlegungsfrist

 

Rz. 4

§ 325 Abs. 4 Satz 1 HGB verlangt, dass KapG i. S. d. § 264d HGB die Offenlegung nach längstens vier Monaten vollziehen müssen (§ 325 Rz 166). Die Regelung, dass Unt, "die keine KapG i. S. d. § 327a HGB sind", von der Verkürzung ausgenommen sind, ist seit dem DiRUG nicht mehr direkt in § 325 Abs. 4 HGB verankert, wodurch die Dopplung mit § 327a HGB aufgehoben wurde.[1] Wird der Anwendungsbereich des § 327a HGB berührt, gilt zur Übermittlung der Unterlagen an die das Unternehmensregister führende Stelle (bzw. für Gj, die vor dem 1.1.2022 begannen, zur Einreichung der Unterlagen beim Betreiber des BAnz) die in § 325 Abs. 1a Satz 1 HGB festgeschriebene Höchstfrist von zwölf Monaten (§ 325 Rz 90 ff.).

[1] Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie v. 5.7.2021, BGBl 2021 I S. 3343.

2.2 Von der Erleichterung betroffene Unterlagen

 

Rz. 5

Die Erleichterung des § 327a HGB bezieht sich auf sämtliche gem. § 325 Abs. 1 HGB offenlegungspflichtigen Rechnungslegungsunterlagen (§ 325 Rz 49 ff.). Über den Verweis in § 325 Abs. 3 HGB auf § 325 Abs. 1-2 HGB bezieht sich die Erleichterung auch auf einen ggf. zu erstellenden Kon...

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