1 Überblick

 

Rz. 1

Der Gesetzgeber fordert einen Konzernabschluss erst ab einer bestimmten Größe. Eine Erhöhung der monetären Größenklassenkriterien ist aufgrund hoher Inflationsraten, die zu einer schleichenden Ausweitung des Kreises verpflichteter Unt führt, im September von der EU-Kommission angekündigt worden. Die Kommission hat den Entwurf eines delegierten Rechtsakts zur Änderung der Schwellenwerte in Artikel 3 RL 2013/34/EU (Bilanzrichtlinie) vorgelegt, mit dem die Mitgliedstaaten die monetären Schwellenwerte in § 293 HGB (wohl aufgrund des nötigen Gesetzgebungsverfahrens erst rückwirkend) für Gj., die am oder nach dem 1.1.2024 beginnen, um jeweils 20 % erhöhen dürfen.[1] Damit könnten auf einen Schlag viele bislang konzernrechnungslegungspflichtige Unt (wieder) vor Berichterstattungspflichten verschont werden - eine echte Bürokratieentlastung ist dies aber nicht, da die letzte Erhöhung im Jahr 2013 stattfand und die 20 %-ige Erhöhung die bisher aufgelaufene Inflation nicht einmal komplett kompensiert. .

1.1 Inhalt

 

Rz. 2

Das HGB sieht mit § 293 HGB eine ersatzlose Freistellung von der Konzernrechnungslegungspflicht durch Unterschreiten bestimmter Größenmerkmale vor, obwohl ein Mutter-Tochter-Verhältnis besteht.

Diese tritt neben die größenunabhängige Freistellung von der Pflicht zur Konzernrechnungslegung aufgrund eines ersatzweisen Einbezugs in einen Konzernabschluss auf höherer Ebene durch ein übergeordnetes MU (§§ 291 und 292 HGB). Hierdurch soll eine sog. Tannenbaumrechnungslegung, also die Pflicht zur Aufstellung von Konzernabschlüssen auf mehreren Ebenen bei einem mehrstufigen inländischen Konzern, vermieden werden.

 

Rz. 3

Die Befreiung von der Pflicht zur Konzernrechnungslegung nach § 293 HGB bezweckt die Reduzierung der durch die Rechnungslegung entstehenden Kosten.[1]

[1] BT-Drs. 10/3440 S. 44.

1.2 Anwendungsbereich

 

Rz. 4

Der Geltungsbereich des § 293 HGB beschränkt sich auf KapG und KapCoGes. Eine Kapitalmarktorientierung i. S. d. § 264d HGB des MU oder eines TU steht der Anwendung der Abs. 1 und 4 gem. Abs. 5 entgegen (Rz 32 f.).

 

Rz. 5

Vor der Einführung des Bankrichtlinie-Gesetzes[1] sowie des VersRiLiG[2] galten die Vorschriften des § 293 HGB auch für MU in Gestalt eines Kreditinstituts oder eines VersicherungsUnt. Seit deren Einführung ist sowohl Kreditinstituten (§ 340i Abs. 2 Satz 2 HGB) als auch VersicherungsUnt (§ 341j Abs. 1 Satz 2 HGB) die Anwendung des § 293 HGB untersagt. Sie müssen entsprechend den Regelungen der §§ 340i Abs. 1 Satz 1 und 341i Abs. 1 Satz 1 HGB ungeachtet ihrer Größe einen Konzernabschluss und einen Konzernlagebericht aufstellen.

Bis zur Einführung des BilRUG waren die Vorschriften des § 293 HGB a. F. allerdings zumindest dann für den Konzern maßgeblich, solange es sich lediglich bei einem TU um ein Kreditinstitut oder ein VersicherungsUnt handelte.[3] Infolge der Neuregelung des § 293 Abs. 5 HGB führen nunmehr auch TU in Gestalt eines Kreditinstituts oder eines VersicherungsUnt zum Ausschluss von der größenabhängigen Befreiung (Rz 32 f.).

 

Rz. 6

Ist ein Unt (PersG) zur Rechnungslegung nach dem PublG verpflichtet, sind die Größenklassen des § 11 Abs. 1 PublG für die Pflicht zur Konzernrechnungslegung bestimmend (§ 290 Rz 10). Die Bilanzsumme sowie die Umsatzerlöse dürfen gem. PublG nur mittels der Nettomethode ermittelt werden. Die Schwellenwerte sind deutlich höher als jene des HGB.

[1] Bankrichtlinie-Gesetz v. 30.11.1990, BGBl 1990 I S. 2570.
[2] VersRiLiG v. 24.6.1994, BGBl 1994 I S. 1377.
[3] Vgl. Kirsch/Berentzen, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 293 HGB Rz 8, Stand: 3/2016.

1.3 Normenzusammenhänge

 

Rz. 7

Neben der größenabhängigen Freistellung von der Pflicht zur Konzernrechnungslegung bestehen mit den §§ 291, 292 HGB weitere, größenunabhängige Vorschriften, die eine Befreiung aufgrund eines ersatzweisen Einbezugs in einen Konzernabschluss auf höherer Ebene durch ein übergeordnetes MU vorsehen. Die §§ 291, 292 HGB sind dabei vorrangig zu prüfen. Die Befreiungsmöglichkeit bei Neugründung/Umwandlung/ErstKons wird mittels Verweis auf § 267 Abs. 4 Satz 2 HGB geregelt (§ 293 Abs. 4 Satz 2 HGB).

Auf die Größenklassen des § 293 HGB wird u. A. abgestellt bei:

  • Der Befreiung von der Pflicht zur nichtfinanziellen Konzernerklärung (§ 315b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. a)).
  • Für die Einstufung eines Konzerns im Verfahren zur Festsetzung eines Ordnungsgeldes durch das Bundesamt für Justiz wegen des pflichtwidrigen Unterlassens der rechtzeitigen Offenlegung (§ 335 Abs. 6 Satz 3 HGB).

1.4 Anwendungszeitpunkte

 

Rz. 8

Anders als die Mitarbeiterzahl werden die monetären Größenklassenkriterien in § 293 Abs. 1 HGB regelmäßig alle 5–7 Jahre angehoben, die letzte Anhebung ist mit dem BilRUG für Gj erfolgt, die am oder nach dem 1.1.2016 begonnen haben.[1] Diese letzte Erhöhung erfolgte auf die max. zulässigen Schwellenwerte gem. EU-Bilanzrichtlinie. Der in der RL 2013/34/EU (Bilanzrichtlinie) eingeräumten Möglichkeit zur Ausweitung der Konze...

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