1 Überblick

 

Rz. 1

Im Zuge der Reformmaßnahmen zur Modernisierung der Corporate Governance trat im September 2006 die EU-Abänderungsrichtlinie (RL 2006/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 14.6.2006) in Kraft, die bis September 2008 in nationales Recht umzusetzen war. Diese enthält u. a. ein Corporate-Governance-Statement, das deutlich über die bestehende Entsprechenserklärung nach § 161 AktG hinausgeht.[1]

 

Rz. 2

Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorgaben des Art. 46a Abs. 1 Buchst. a und f der Bilanzrichtlinie i. d. F. d. Abänderungsrichtlinie umgesetzt, indem er 2009 durch das BilMoG ein Corporate-Governance-Statement in das HGB aufgenommen hat.[2] Entsprechend den europarechtlichen Vorgaben sah der ursprüngliche BilMoG-RegE eine erstmalige Anwendung auf Jahresabschlüsse für nach dem 5.9.2008 beginnende Gj vor. Infolge der Verzögerungen im Gesetzgebungsverfahren war der eingefügte § 289a HGB a. F. jedoch erstmals auf Jahresabschlüsse für das nach dem 31.12.2008 beginnende Gj anzuwenden (Art. 66 Abs. 2 Satz 1 EGHGB). Zweck der Erklärung zur Unternehmensführung ist es, den Rechnungslegungsadressaten einen direkten Einblick in die Corporate Governance, also in die Praktiken der Unternehmensführung und -überwachung einschl. Struktur und Arbeitsweise der Leitungsorgane, zu geben.

 

Rz. 3

Mit dieser Ausrichtung steht der § 289f HGB in engem Zusammenhang mit der Entsprechenserklärung zu den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) nach § 161 AktG.[3] Diese Entsprechenserklärung ist in das Corporate-Governance-Statement aufzunehmen.

 

Rz. 4

Die Erklärung nach § 289f HGB umfasst, anders als durch die deutsche Formulierung "Erklärung zur Unternehmensführung" angedeutet, nicht nur die Praktiken der Unternehmensführung, sondern auch die installierten Instrumente der Unternehmensüberwachung und damit die Corporate Governance insgesamt. Corporate Governance als zielgerichtete Führung und Überwachung beinhaltet Mechanismen zur Regelung von Kompetenzen, Schaffung von Anreizen, Installierung von Überwachungsprozessen und Koordinierung von Außenbeziehungen des Unt.[4] Durch die Erklärung zur Unternehmensführung wird die Corporate Governance tw. selbst Gegenstand der Rechnungslegung.[5]

Die Erklärung zur Unternehmensführung ist durch die integrierte Entsprechenserklärung des § 161 AktG geprägt, sie geht jedoch inhaltlich darüber hinaus, indem sie ein Corporate Governance Statement mit Angaben zu den angewandten wesentlichen Unternehmensführungspraktiken und zu den Arbeitsweisen von Vorstand und Aufsichtsrat sowie zur Zusammensetzung und Arbeitsweise seiner Ausschüsse enthält.[6]

Mit dem Ziel eines Übergangs zu einer nachhaltigen globalen Wirtschaft beschloss das EU-Parlament 2014 eine Corporate-Social-Responsibility-Richtlinie (CSR-RL; RL 2014/95/EU), nach der bestimmte nichtfinanzielle und die Diversität betreffende Informationen, einschl. sozialer und umweltbezogener Faktoren, offengelegt werden müssen. Die Umsetzung der CSR-RL durch das CSR-RL-Umsetzungsgesetz änderte nichts an dem generellen Charakter der Erklärung zur Unternehmensführung, jedoch verschob sich die Regelung von § 289a HGB a. F. nach § 289f HGB. Dem § 289f HGB wurde dabei eine neue Nummer 6 angehängt, die die zusätzliche Beschreibung eines Diversitätskonzepts betrifft. Diese Änderungen durch das CSR-RL-Umsetzungsgesetz betrafen erstmalig Gj, die nach dem 31.12.2016 begannen.[7]

 

Rz. 5

Die Zweite Aktionärsrechterichtlinie von 2017[8] wurde durch das ARUG II[9] in nationales deutsches Recht transformiert.[10] Es enthält u. a. ein Votum der Hauptversammlung über die als Rahmenregelung für die zukünftige Vergütung angelegte Vergütungspolitik sowie einen Vergütungsbericht, mit dem vergangene Zahlungen offenzulegen sind. Das ARUG II verschob den in § 289a Abs. 2 HGB enthaltenen Vergütungsbericht börsennotierter Aktiengesellschaften in einen neuen § 162 AktG. Der Vergütungsbericht nach § 162 AktG ist nunmehr in die Erklärung zur Unternehmensführung aufzunehmen, wofür in § 289f Abs. 2 HGB nach Nr. 1 eine neue Nr. 1a als Verlinkungslösung aufgenommen wurde, die folgenden Wortlaut hat: "eine Bezugnahme auf die Internetseite der Gesellschaft, auf der der Vergütungsbericht über das letzte Geschäftsjahr und der Vermerk des Abschlussprüfers gem. § 162 des Aktiengesetzes, das geltende Vergütungssystem gem. § 87a Absatz 1 und 2 Satz 1 des Aktiengesetzes und der letzte Vergütungsbeschluss gem. § 113 Absatz 3 des Aktiengesetzes öffentlich zugänglich gemacht werden".

Zur Ausgestaltung des Vergütungsberichts nach § 162 AktG s. § 315a Rz 41 ff.

Ebenfalls mit dem ARUG II wurden Folgeänderungen zum Versicherungsaufsichtsgesetz eingefügt. Es handelt sich um geänderte Bezugnahmen in Abs. 4 Satz 1, wo Verweise auf das Versicherungsaufsichtsgesetz aktualisiert werden.

Das ARUG II trat (mit Ausnahme des Art. 7) am 1.1.2020 in Kraft. Die neue Verlinkungslösung des Abs. 2 Nr. 1a ist erstmalig auf Jahresabschlüsse sowie Lageberichte für das nach dem 31.12.2020 beginnende Gj anzuw...

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