Rz. 17

Der durch die Vorschrift bewirkten Abgrenzung zwischen Anlagevermögen (AV) und Umlaufvermögen (UV) kommt nicht nur Ausweischarakter zu. Vielmehr hat die Zuordnung zum AV bzw. UV Auswirkungen auf die Bewertung. Für AV gilt das sog. gemilderte Niederstwertprinzip (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB), für UV entsprechend das strenge Niederstwertprinzip (§ 253 Abs. 4 HGB; § 253 Rz 282). Darüber hinaus hat die Abgrenzung steuerliche Bedeutung, da sich aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips der HB für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 EStG) Folgewirkungen ergeben können, z. B. für §-6b-EStG-Rücklagen oder erhöhte AfA.[1]

 

Rz. 18

Abs. 2 der Vorschrift bestimmt, dass dem AV solche Gegenstände zuzurechnen sind, die dauerhaft dem Geschäftsbetrieb dienen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass alle VG, die diese Definition nicht erfüllen, UV darstellen. Gesetzliche Ausnahmen bestehen nur bzgl. RAP, nach Art. 67 Abs. 5 EGHGB fortgeführter Bilanzierungshilfen für Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen sowie für den aktiven Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung (§ 246 Rz 120).

 

Rz. 19

Da für die Bilanz das Stichtagsprinzip gilt, ist für den Beurteilungszeitpunkt auf den Abschlussstichtag abzustellen. Eine erst nach dem Abschlussstichtag eintretende Zweckänderung (wertbegründendes Ereignis) ist daher unbeachtlich.[2] Umgekehrt sind Zweckänderungen im laufenden Gj für den Bilanzausweis am Abschlussstichtag zu berücksichtigen.

 
Praxis-Beispiel

Im März 01 erwirbt der Bilanzierende ein Grundstück im Gewerbegebiet eines Nachbarorts mit der Absicht, dort eine Zweigniederlassung zu errichten. Er ordnet das Grundstück dem AV zu.

Im August 01 erhält er die Möglichkeit, in dem Nachbarort ein für seine Zwecke deutlich geeigneteres Grundstück langfristig anzumieten. Er entschließt sich, die Anmietung vorzunehmen und das im März 01 erworbene Grundstück wieder zu veräußern. Am Abschlussstichtag 31.12.01 ist das Grundstück noch nicht veräußert, obwohl inzwischen 2 Grundstücksmakler mit der Veräußerung beauftragt sind.

Das Grundstück ist am Abschlussstichtag 31.12.01 als UV auszuweisen, da es nicht dazu bestimmt ist, dauerhaft dem Geschäftsbetrieb zu dienen.

 

Rz. 20

Die Abgrenzung zwischen den beiden Vermögensarten AV und UV ist nach dem Gesetzeswortlaut mittels der Begriffe "Geschäftsbetrieb" und "dauernd" vorzunehmen.

Demnach können AV nur solche VG darstellen, die dem Geschäftsbetrieb des Unt dienen. Der Begriff Geschäftsbetrieb ist enger gefasst als der Begriff des unternehmerischen Zwecks schlechthin.[3] Es kommt somit auf die Zweckbestimmung des VG an, die aber auch für das 2. Kriterium wesentlich ist.

 

Rz. 21

Wann ein VG dem Geschäftsbetrieb eines Unt dauernd dient, ist nicht eindeutig zeitlich bestimmbar, sondern richtet sich neben der objektiv-sachlichen Komponente auch nach dem subjektiven Willen des Kfm.[4] Die objektiv-sachliche Komponente ergibt sich danach aus der Art des VG bzw. dessen typischer Nutzung in einer Branche.

 
Praxis-Beispiel

Betreibt der Kfm. ein Immobiliengeschäft, wird ein Teil der Grundstücke regelmäßig zur Weiterveräußerung gehalten. Genauso verhält es sich mit Pkw bei Autohändlern.

 

Rz. 22

Der subjektive Willen des Kfm. beinhaltet die Widmung des VG durch den Kfm., wie er den VG im Unt einsetzt.

 

Rz. 23

Demgegenüber ist die tatsächliche Dauer der Verwendung allenfalls ein Anhaltspunkt dafür, dass eine dauerhafte Verwendung bezweckt ist (so z. B. bei der Abgrenzung zwischen Ausleihungen und Forderungen). Damit ein VG als AV zu qualifizieren ist, muss er in die Betriebsabläufe so eingegliedert sein, dass er dauerhaft zur wiederholten betrieblichen Nutzung zur Verfügung steht.[5]

 

Rz. 24

In Anlehnung an die steuerliche Rechtsprechung[6] kann zwischen Gebrauchsgütern und Verbrauchsgütern unterschieden werden. Erstere rechnen zum AV, Zweitere dagegen zum UV. Gebrauchsgüter sind Nutzungs- und Abnutzungsgüter, deren Existenz die Aufrechterhaltung der Produktionsbereitschaft sichert. Im Gegensatz dazu stehen Verbrauchsgüter lediglich einmal für einen Nutzungsvorgang zur Verfügung. Diese zunächst recht eindeutig erscheinende Abgrenzung kann im konkreten Fall dennoch schwierig sein, wenn etwa an Formen, Werkzeuge, Modelle und andere Vorrichtungen, die bei der Durchführung eines Kundenauftrags innerhalb kurzer Zeit technisch oder wirtschaftlich verbraucht werden, gedacht wird. Nachfolgend sind einige Einzelfälle angeführt:[7]

 

Rz. 25

  • Bei Werkzeugen ist die Abgrenzung zwischen AV und UV zweckmäßigerweise danach vorzunehmen, ob die Werkzeuge dem Betrieb zu mehrmaligem Einsatz zur Verfügung stehen (AV) oder sich während der Ausführung eines Auftrags verbrauchen bzw. aufgrund ihrer Beschaffenheit nur für einen speziellen Auftrag Verwendung finden können (UV).[8]
 

Rz. 26

  • Kundengebundene Werkzeuge, die für mehrere Aufträge eines Kunden (oder eines Konzerns, einer Unternehmensgruppe als Kunden) eingesetzt werden sollen, sind AV. Zum Ausweis von Zuschüssen des Kunden s. § 255 Rz 70.
 

Rz. 27

  • Sog. fremde Werkzeuge sind auftragsbezogen und zur Veräu...

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