1 Überblick

1.1 Geschütztes Rechtsgut und Schutzbereich

 

Rz. 1

Der Straftatbestand des § 333 HGB dient, wie § 404 AktG und § 85 GmbHG, dem Schutz von Wirtschaftsgeheimnissen der KapG, der mit ihr in Verbindung stehenden Unt i. S. d. § 290 Abs. 1 HGB (MU/TU), § 310 HGB (GemeinschaftsUnt) und § 311 HGB (assoziierte Unt). Geschützt werden damit auch die Aktionäre, Gesellschafter oder sonstigen Eigner der KapG und der genannten Unt. Nicht geschützt werden die Interessen der Gesellschaftsgläubiger und der Arbeitnehmer.[1] Die Benennung des § 290 Abs. 2 HGB im Gesetzestext ist durch das BilMoG insoweit obsolet, als MU und TU im Abs. 1 definiert werden; der Abs. 2 bestimmt lediglich den Beherrschungsbegriff genauer.

§ 333 HGB ist bezogen auf die KapG und ihre Gesellschafter ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB.[2]

[1] Vgl. Dannecker, in Staub, Großkommentar Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2012, § 333 HGB Rn 7; Klinger, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 333 HGB Rn 1.
[2] Vgl. Tschesche, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 333 HGB Rz 2, Stand: 9/2007; Dannecker, in Staub, Großkommentar Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2012, § 333 HGB Rn 9.

1.2 Deliktsnatur

 

Rz. 2

Es handelt sich bei § 333 HGB um ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Ein konkreter Erfolg ist daher nicht erforderlich. Für die Strafbarkeit genügt das bloße Handeln des Täters.[1]

 

Rz. 3

§ 333 HGB ist in allen Tatbestandsalternativen ein echtes Sonderdelikt, da nur die im Gesetz ausdrücklich genannten Personen als Täter in Betracht kommen.

[1] Vgl. Dannecker, in Staub, Großkommentar Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2012, § 333 HGB Rn 10.

1.3 Normzusammenhänge

 

Rz. 4

Die Vorschrift sanktioniert die Verletzung der Geheimhaltungsverpflichtung durch Abschlussprüfer in ihrer Eigenschaft als Geheimnisträger. Die allgemeine Schweigepflicht des Abschlussprüfers ergibt sich aus § 323 HGB, die Verschwiegenheitspflicht der Beschäftigten einer Prüfstelle sind nicht mehr im HGB geregelt, da seit dem FISG die BaFin für das Enforcement zuständig ist und die Beschäftigten der BaFin über andere Gesetze, etwa § 9 KWG, zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.

Soweit die Kenntnis eines Geheimnisses nicht i. R. d. Jahresabschlussprüfung erlangt wird, bleiben als strafrechtlicher Schutz nur die allgemeinen Strafvorschriften der §§ 203 und 204 StGB.[1]

 

Rz. 5

Der Anwendungsbereich von § 333 HGB wird durch § 335b HGB auf PersG, die über keine natürliche Person als phG verfügen, erweitert. Ebenso gilt die Norm aufgrund besonderer Verweisungen entsprechend für Kreditinstitute (§ 340m HGB) und VersicherungsUnt (§ 341m HGB) – jeweils unabhängig von deren Rechtsform.

[1] Vgl. Tschesche, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 333 HGB Rz 4, Stand: 9/2007.

2 Täterkreis

 

Rz. 6

Taugliche Täter des § 333 HGB können nach dem Gesetzeswortlaut nur Abschlussprüfer, deren Gehilfen sein. Personen, die diesem Täterkreis nicht angehören, können nur als Anstifter (§ 26 StGB) oder Gehilfen (§ 27 StGB) an der Tat teilnehmen.

2.1 Abschlussprüfer

 

Rz. 7

Als möglicher Täter kommt der Abschlussprüfer in Betracht. Diesbzgl. kann auf die Ausführungen bei § 332 HGB (§ 332 Rz 8 ff.) verwiesen werden.

2.2 Gehilfe eines Abschlussprüfers

 

Rz. 8

Hinsichtlich der Definition des Gehilfen des Abschlussprüfers gelten zunächst die Ausführungen bei § 332 HGB (§ 332 Rz 13 ff.).

 

Rz. 9

Während jedoch bei der Tathandlung des § 332 HGB auf die Gehilfen eingegrenzt wurde, die eine prüfungsspezifische Tätigkeit ausüben und dadurch Einfluss auf das Prüfungsergebnis haben, ist eine solche Einschränkung bei § 333 HGB nicht dienlich. Denn gegen die Verschwiegenheitspflicht kann jeder Prüfungsgehilfe (auch bloße Schreib- und Hilfskräfte) verstoßen.[1]

[1] Ebenso Grottel/Hoffmann, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 333 HGB Rz 17; Dannecker, in Staub, Großkommentar Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2012, § 333 HGB Rn 15; a. A. Klinger, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 333 HGB Rn 7, § 332 HGB Rn 10.

2.3 Beschäftigter einer Prüfstelle

 

Rz. 10

Beschäftigter der seit dem FISG bei der BaFin angesiedelten Prüfstelle ist jeder, der für eine solche Prüfstelle bei der Erfüllung ihrer Aufgaben tätig ist. Dazu gehören nicht nur Arbeitnehmer der Prüfstelle, sondern auch Personen, derer sich die Prüfstelle bei der Durchführung ihrer Aufgaben bedient.[1]

[1] Vgl. Klinger, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 333 HGB Rn 8.

3 Tathandlung

3.1 Tatgegenstand

 

Rz. 11

Gegenstand der Tathandlung ist nach dem Wortlaut des Gesetzes zunächst ein Geheimnis unter besonderer Nennung des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses. Insoweit ist der Gesetzeswortlaut mit den Vorschriften der § 404 AktG und § 85 GmbHG identisch. Bei § 333 HGB kommt für die Beschäftigten der Prüfstelle als weiterer Tatgegenstand die Erkenntnis über das Unt hinzu.

3.1.1 Geheimnis

 

Rz. 12

Trotz der besonderen Hervorhebung des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses in § 333 HGB ist jedes Geheimnis geschützt. Bei der namentlichen Nennung des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses handelt es sich lediglich um die Hervorhebung des praktisch wichtigsten Anwendungsgebiets.[1]

 

Rz. 13

Ein Geheimnis ist eine nicht offenkundige Tatsache, die das Unt betrifft und bez. derer die Ges. ein objektiv anzuerkennendes Geheimhaltungsinteresse hat. Erforderlich ist zudem, dass auch die Ges. dies...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge