1 Überblick

1.1 Inhalt und Bedeutung

 

Rz. 1

§ 291 HGB regelt die Voraussetzungen für die Befreiung von der Pflicht eines MU, gem. §§ 290, 293 HGB einen Konzernabschluss aufzustellen. Da nach § 290 Abs. 1 und 2 HGB grds. jedes MU zur Konzernrechnungslegung verpflichtet ist, sofern die Größenkriterien nach § 293 HGB erfüllt sind und sofern konsolidierungspflichtige TU vorliegen (§ 290 Abs. 5 HGB), kann dies in mehrstufigen Konzernen zur Verpflichtung zur Konzernrechnungslegung auf jeder übergeordneten Konzernstufe (nach dem Tannenbaumprinzip) führen.[1] Bei einer einfachen Konzernstruktur mit MU, TU und Enkel-Unt wären ggf. Stufenabschlüsse als Konzernabschluss (Bereichs-Konzernabschluss = Teil-Konzernabschluss) sowohl auf Ebene der Tochter als auch auf Ebene der Mutter die Folge, wenn keine entsprechende Befreiungsvorschrift existieren würde. Ausweislich der Gesetzesbegründung[2] soll die Befreiung daher in erster Linie dazu dienen, Konzerne unter bestimmten Voraussetzungen von der Aufstellung eines Konzernabschlusses zu entlasten. Zudem sind solche Stufenabschlüsse aufwendig zu erstellen und wenig aussagekräftig.[3]

 

Rz. 2

Die Bedeutung der Befreiung nach § 291 HGB liegt darin, dass die Verpflichtung zur Konzernrechnungslegung für ein auf einer Konzernstufe verpflichtetes MU (untergeordnetes bzw. zu befreiendes MU) entfallen kann, wenn ein sog. befreiender Konzernabschluss auf der übergeordneten Konzernstufe von einem MU (übergeordnetes MU) mit Sitz innerhalb der EU/des EWR aufgestellt wird – sog. Teil-Konzernabschluss auf höherer Ebene.[4]

Folgende Voraussetzungen müssen für die Befreiung nach § 291 HGB kumulativ erfüllt sein:[5]

  • Bei dem zu befreienden MU handelt es sich um ein zur (Teil-)Konzernrechnungslegung verpflichtetes Unt (untergeordnetes MU, Rz 6Rz 8).
  • Das zu befreiende MU muss wiederum in einer Mutter-Tochter-Beziehung zu einem übergeordneten Unt mit Sitz in einem EU-/EWR-Staat stehen (übergeordnetes MU, Rz 9 f.).
  • Das übergeordnete MU stellt einen Konzernabschluss auf, der den Anforderungen des § 291 Abs. 2 HGB genügt und der zusammen mit dem Bestätigungsvermerk in deutscher oder englischer Sprache offengelegt wird (Anforderungen an den befreienden Konzernabschluss, Rz 11Rz 20).

Nach Abs. 2 müssen, um die Befreiungswirkung eintreten zu lassen, folgende Voraussetzungen zusätzlich gegeben sein:

  • Der zu befreiende inländische Teilkonzern wird in den befreienden Konzernabschluss einbezogen (§ 291 Abs. 2 Nr. 1 HGB; Rz 14).
  • Der Konzernabschluss muss inhaltlich nach dem für das übergeordnete MU geltenden Recht aufgestellt und nach diesem Recht geprüft werden (§ 291 Abs. 2 Nr. 2 HGB; Rz 17 f.).
  • Ein ggf. aufgestellter Konzernlagebericht muss inhaltlich ebenfalls nach dem für das übergeordnete MU geltenden Recht aufgestellt und nach diesem Recht geprüft werden (§ 291 Abs. 2 Nr. 3 HGB; Rz 19 f.).
  • Der Anhang des Jahresabschlusses des MU, das andernfalls zur Teilkonzernrechnung verpflichtet wäre, muss bestimmte Anhangangaben enthalten (§ 291 Abs. 2 Nr. 4 HGB; Rz 21).

Eine befreiende Wirkung tritt in folgenden Fällen trotz Vorliegens der o. g. Voraussetzungen nicht ein:

Abb. 1: Befreiung nach § 291 HGB i. d. F. BilRUG

[1] Vgl. Küting/Hayn, BB 1995, S. 668. Im Gegensatz hierzu hat das Tannenbaumprinzip bei einem Konzern nach dem PublG keinen Einzug gefunden; zum Tannenbaum- bzw. Stufenkonzept vgl. auch IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 18. Aufl. 2023, Kap. G Tz 93.
[2] Vgl. BT-Drs 10/4268 S. 112.
[3] Vgl. Küting, DB 2012, S. 1049 mwN.
[4] Dagegen regelt § 292 HGB die Voraussetzungen eines befreienden Konzernabschlusses eines MU mit Sitz außerhalb der EU/des EWR (Drittstaat).
[5] Vgl. Dusemond, BB 1994, S. 2039.

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 3

Bezüglich der Rechtsentwicklung seit dem BiRiLiG wird auf die 4. Auflage 2013 des HGB Bilanz Kommentars verwiesen.

 

Rz. 4

Das BilRUG[1] (Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz) stellt für nach dem 31.12.2015 beginnende Gj klar, dass auch ein nach internationalen Rechnungslegungsstandards (jetzt § 315e HGB) aufgestellter und geprüfter Konzernabschluss befreiende Wirkung i. S. v. § 291 HGB entfalten kann. In der Folge wurde der Konzernlagebericht als eigenständiges Befreiungsmerkmal i. R. d. Vorschrift geregelt, sofern hierfür nach dem Recht des übergeordneten MU eine Aufstellungserfordernis besteht. Dadurch hat der Gesetzgeber das Ziel umgesetzt, die befreiende Wirkung auch für solche Konzernabschlüsse nach Maßgabe der internationalen Rechnungslegungsstandards zu ermöglichen, die keinen Konzernlagebericht nach deutschem Vorbild kennen. Zugleich wurden die Bezugnahmen auf die europäischen Richtlinien in § 291 HGB aktualisiert und ein früheres Redaktionsversehen durch einen fehlerhaften Bezug auf § 2 Abs. 1 WpHG in der Vorschrift beseitigt.

Durch das CSR-Richtlinie-Umse...

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