1 Überblick

1.1 Inhalt

 

Rz. 1

§ 248 HGB regelt in Abs. 1 ein Bilanzierungsverbot für bestimmte Posten. Abs. 2 der Vorschrift enthält ein Aktivierungsverbot für bestimmte selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände (VG) des Anlagevermögens (AV) sowie ein Aktivierungswahlrecht für alle übrigen selbst geschaffenen immateriellen VG des AV.

 

Rz. 2

Der Gesetzgeber wollte mit der Gewährung eines Aktivierungswahlrechts für selbst geschaffene immaterielle VG des AV der zunehmenden Bedeutung der immateriellen VG im Wirtschaftsleben Rechnung tragen und insb. Start-up-Unt die Möglichkeit der verbesserten Außendarstellung eröffnen.[1] Empirische Befunde zu den Jahresabschlüssen seit Einführung dieses Wahlrechts zeigen, dass von dem Aktivierungswahlrecht nur in sehr geringem Umfang von den Unt Gebrauch gemacht wird.[2]

Für Bilanzierende, deren Abschluss in einen IFRS-Konzernabschluss einbezogen wird, kann die Ausübung des Aktivierungswahlrechts nach § 248 Abs. 2 HGB ein Mittel zur Herstellung von Konvergenz zwischen HGB-Jahresabschluss und IFRS-Konzernabschluss sein.[3]

 

Rz. 3

Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung erscheint die Anwendung des Aktivierungswahlrechts des § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB auch auf unentgeltlich erworbene immaterielle VG des AV zweckmäßig (DRS 24.39).[4]

[1] Vgl. Begründungsteil der BT-Drs. 16/10067 v. 30.7.2008 S. 49.
[2] Vgl. Keitz/Wenk/Jagosch, DB 2011, S. 2448.
[3] Vgl. Froschhammer/Haller, KoR 2012, S. 20.
[4] Vgl. IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 18. Aufl. 2023, Kap. F Tz 59.

1.2 Normenzusammenhang und Zweck

 

Rz. 4

§ 248 HGB stellt eine für alle Kaufleute gültige Regelung dar, die neben der Aufstellung des Jahresabschlusses auch für die Aufstellung des Konzernabschlusses zu berücksichtigen ist (§ 298 Rz 8). Die Vorschrift regelt ein Bilanzierungsverbot für bestimmte Posten sowie den Ansatz von selbst geschaffenen immateriellen VG des AV. Die Bewertung dieser VG richtet sich nach § 255 Abs. 2a HGB.

 

Rz. 5

Die Vorschrift des § 248 HGB ist ergänzend zu § 246 HGB zu verstehen, der die Vollständigkeit des Jahresabschlusses regelt (abstrakte Bilanzierungsfähigkeit von VG). § 248 HGB schränkt die Vollständigkeit des Jahresabschlusses insoweit ein, als bestimmte selbst geschaffene immaterielle VG des AV von der Bilanzierung ausgeschlossen werden und für andere ein Aktivierungswahlrecht eröffnet wird (konkrete Bilanzierungsfähigkeit).[1]

 

Rz. 6

Bei einem selbst geschaffenen Geschäfts- oder Firmenwert handelt es sich nicht um einen VG,[2] sodass dieser nicht unter das Bilanzierungsverbot von § 248 HGB fällt, sondern vielmehr der speziellen Regelung des § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB unterliegt.

 

Rz. 7

Das Bilanz-Gliederungsschema des für KapG/KapCoGes maßgeblichen § 266 Abs. 2 HGB enthält einen separaten Bilanzposten (selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte, § 266 Rz 25).

 

Rz. 8

Im Zuge der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände ist für KapG eine Ausschüttungs- und Abführungssperre zu beachten (§ 268 Rz 50).

 

Rz. 9

§ 285 Nr. 22 HGB schreibt für KapG bestimmte Anhangangabepflichten im Zusammenhang mit selbst geschaffenen immateriellen VG des AV vor (§ 285 Rz 141).

[1] Vgl. Kreide, KoR 2015, S. 148, der die Regelung als "Nicht-Aktivierungswahlrecht" bezeichnet.
[2] Vgl. Begründungsteil der BT-Drs. 16/10067 v. 30.7.2008 S. 47.

2 Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens

2.1 Der Begriff "Immateriell"

 

Rz. 10

Der Begriff "immateriell" ist nicht gesetzlich definiert. Für Zwecke der bilanzrechtlichen Abgrenzung wird sowohl im deutschen, als auch im anglo-amerikanischen Schrifttum zwischen immateriellen, materiellen und finanziellen Gütern unterschieden.[1] Auf dieser Grundlage können immaterielle Vermögensgegenstände "als Güter" (i. S. v. wirtschaftlicher Vorteil bzw. Nutzen) definiert werden, die keine (wesentliche) gegenständliche Substanz, d. h. keine Körperlichkeit bzw. Greifbarkeit aufweisen und im Unterschied zu finanziellen Gütern (Forderungen, Verbindlichkeiten etc.) nicht monetär sind.[2]

Soweit ein zusammengesetztes Gut aus einer materiellen und einer immateriellen Komponente besteht, sind die Komponenten grundsätzlich getrennt zu bilanzieren, sofern die einzelnen Komponenten jeweils die VG-Eigenschaft erfüllen. Hat eine Komponente jedoch nur untergeordnete Bedeutung oder lassen sich die Komponenten nicht funktions- oder wertgemäß trennen, handelt es sich um ein zusammengesetztes Gut, das entweder den materiellen oder den immateriellen VG zuzuordnen ist. Diese Zuordnung wird durch die jeweilige Hauptkomponente bestimmt, die sich aus dem wirtschaftlichen Interesse des Bilanzierenden an dem Gut ableitet (DRS 24.10).

 

Rz. 11

Eine Kategorisierung von immateriellen Gütern nach der Verlässlichkeit bzgl. Identifikation und Bewertung kann wie folgt vorgenommen werden:[3]

 
Identifizierbare, in ihrer Eigenart individuell bestimmbare und abgrenzbare immaterielle Vermögenswerte Nicht identifizierbare Vermögenswerte
Rechte Wirtschaftliche Werte Rein wirtschaftliche Vorteile
Vertraglich oder rechtlich geschützt Nicht rechtlich geschützt, können aber Gegenstand eines Rechtsgeschäfts se...

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