Rz. 150

Der gesetzliche Reservefonds der AG setzt sich aus der gesetzlichen Rücklage (§ 150 Abs. 1 und 2 AktG) und aus der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 3 Nr. 1–3 HGB (§ 150 Abs. 3 und 4 AktG) zusammen.[1] Die Einbeziehung der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1–3 HGB in den gesetzlichen Reservefonds der AG ist Art. 9 Passiva A. II. der Bilanzrichtlinie geschuldet. Danach darf ein Aufgeld nicht mehr in der gesetzlichen Rücklage erfasst werden, sondern ist gesondert neben der gesetzlichen Rücklage auszuweisen.

 

Rz. 151

§ 150 Abs. 1 AktG verpflichtet die AG, in ihrer Bilanz des nach den §§ 242, 264 HGB aufzustellenden Jahresabschlusses eine gesetzliche Rücklage zu bilden (§ 150 Abs. 1 AktG).[2] Anknüpfungspunkt für Einstellungen in die gesetzliche Rücklage ist der Jahresüberschuss (§ 275 Abs. 2 Nr. 20, Abs. 3 Nr. 19 HGB). Nach § 150 Abs. 2 AktG ist der 20. Teil des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses in die gesetzliche Rücklage einzustellen, bis diese und die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 HGB zusammen den 10. oder den in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals - d. h. des in der Bilanz ausgewiesenen gezeichneten Kapitals - erreicht.[3] Die Vorschrift macht deutlich, dass sich der gesetzliche Reservefonds auch entweder nur aus der gesetzlichen Rücklage oder nur aus der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 HGB zusammensetzen kann.

 

Rz. 152

Ist aufgrund einer Satzungsbestimmung eine Obergrenze für die gesetzliche Rücklage vorgeschrieben, die den 10. Teil des Grundkapitals übersteigt, so führt dies ebenfalls zur Dotierung der gesetzlichen Rücklage und nicht zur Dotierung einer satzungsmäßigen Rücklage. § 150 Abs. 2 AktG sieht ausdrücklich vor, dass die Satzung einen höheren Teil als 10 % des Grundkapitals als gesetzliche Rücklage vorsehen kann. Umstritten ist, ob auch ein Mehrfaches des Grundkapitals in der Satzung als Obergrenze festgelegt werden kann. Überwiegend wird dies verneint, da der Wortlaut des § 150 Abs. 2 AktG nur von dem "höheren Teil des Grundkapitals" spricht.[4]

 

Rz. 153

Die Satzung kann dem Vorstand der AG auch nicht ermöglichen, einen höheren Betrag als den 20. Teil des Jahresüberschusses in die gesetzliche Rücklage einzustellen. Insoweit erlaubt § 150 Abs. 1 und 2 AktG – anders als bei der Bestimmung der Obergrenze der gesetzlichen Rücklage – keine Abweichungen. Demgegenüber steht nichts entgegen, wenn die gesetzliche Rücklage i. R. d. Gewinnverwendung durch die Hauptversammlung der AG zusätzlich dotiert wird, sodass die Grenze von 10 % des Grundkapitals oder eines höheren Teils schneller erreicht wird.[5]

 

Rz. 154

Wird das Grundkapital gegen Einlagen oder in Form des genehmigten Kapitals oder aus Gesellschaftsmitteln erhöht, so erhöht sich mit der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister (§§ 189, 203 Abs. 1 i. V. m. §§ 189, 211 Abs. 1 AktG) auch der Mindestbetrag des gesetzlichen Reservefonds.[6] Daraus kann weiter folgen, dass Beträge, die bisher "nur" der Verwendungsbeschränkung nach § 150 Abs. 4 AktG unterlegen haben, nach der Kapitalmaßnahme der Verwendungsbeschränkung nach § 150 Abs. 3 AktG unterliegen. Umgekehrt wird der Mindestbetrag des gesetzlichen Reservefonds mit dem Wirksamwerden einer Kapitalherabsetzung durch Eintragung in das HR (§§ 224, 229 Abs. 2, 238 AktG) automatisch auch herabgesetzt. Die auf die Herabsetzung entfallenden Teile des Reservefonds werden aber gleichwohl nicht "frei". Sie dürfen weder dem Bilanzgewinn zugeführt noch an die Aktionäre ausgekehrt werden, sondern unterliegen weiterhin den Verwendungsbeschränkungen des § 150 Abs. 3 und 4 AktG.

 

Rz. 155

Die §§ 300303 AktG sehen bei Bestehen eines Beherrschungs-, eines Gewinnabführungs- und eines Teilgewinnabführungsvertrags nach den §§ 291 Abs. 1, 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG besondere Vorschriften zum Schutz der unternehmensvertraglich gebundenen Gesellschafter und ihrer Gläubiger vor. Zielsetzung der Vorschriften sind die Erhaltung des handelsbilanziellen Vermögens bei Eingehung des Unternehmensvertrags für dessen Dauer und die Stärkung der bilanziellen Substanz. Aus diesem Grund schreibt der zwingende § 300 AktG auch Besonderes für Einstellungen in die gesetzliche Rücklage vor.

 

Rz. 156

Nach § 300 Nr. 1 AktG ist bei einem bestehenden Gewinnabführungsvertrag (§ 291 Abs. 1 Satz 1 AktG) ein Betrag in die gesetzliche Rücklage einzustellen, der erforderlich ist, um diese einschl. der Kapitalrücklage innerhalb der ersten fünf Gj, die während des Bestehens des Vertrags oder nach der Durchführung einer Kapitalerhöhung beginnen, gleichmäßig auf den 10. oder einen in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals aufzufüllen (erhöhte oder beschleunigte Rücklagenzuführung).[7] Die Regelzuführung beträgt somit 20 % der Differenz, die bei Abschluss des Gewinnabführungsvertrags zwischen der schon gebildeten und der zu bildenden gesetzlichen Rücklage besteht.[8] Für die Bemessung dieses Betrags ist von einem Jahresüberschuss abzgl. ...

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