Rz. 141

In die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB ist der Betrag von anderen Zuzahlungen auszuweisen, die Gesellschafter in das EK leisten. Erforderlich ist also, dass Gesellschafter Zuzahlungen in das EK leisten. Gesellschafter sind die Inhaber des gezeichneten Kapitals. Der Wortlaut des § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB erfasst nicht nur unmittelbar seitens der Gesellschafter erbrachte Zuzahlungen in das EK, sondern auch solche Zuzahlungen, die mittelbar durch Dritte auf Veranlassung oder für Rechnung der Gesellschafter erbracht werden.[1]

 

Rz. 142

Da § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB als Auffangtatbestand gilt, dürfen die Zuzahlungen nicht im Zusammenhang mit Leistungen stehen, die unter § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 HGB fallen. Der Abgrenzung kommt für die AG eine erhebliche Bedeutung zu, da § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB nicht der für den gesetzlichen Reservefonds bestehenden Verwendungsbeschränkung des § 150 Abs. 3 und 4 AktG unterliegt. Problematisch ist hier insb. die Abgrenzung des § 272 Abs. 2 Nr. 3 HGB, die in jedem Einzelfall gesondert zu beurteilen ist. Zur Abgrenzung ist darauf abzustellen, ob der Zuzahlung eine unmittelbare Gegenleistung der Ges. gegenübersteht.

 
Praxis-Beispiel

Unmittelbare Gegenleistungen der Ges. treten bspw. in Form einer zusätzlichen Gewinnbeteiligung oder einer Änderung der Beteiligung am Liquidationserlös auf.

Ist dies zu bejahen, liegt eine Zuzahlung gegen Gewährung eines Vorzugs vor, die unter § 272 Abs. 2 Nr. 3 HGB fällt.

 

Rz. 143

Umgekehrt soll nicht jede Zuzahlung eines Gesellschafters, die nicht unter § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 HGB fällt, in der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB erfasst werden. Es ist vielmehr zwischen den erfolgsneutral und den erfolgswirksam zu bilanzierenden Zuzahlungen abzugrenzen.[2] Hierzu ist auf den Zweck der Zuzahlung abzustellen, der sich aus einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen Ges. und Gesellschafter oder der Art der Zuzahlung ergeben kann. Soweit bspw. Zuzahlungen von Gesellschaftern zum Zweck der Abdeckung eines Jahresfehlbetrags oder zum Ausgleich eines Bilanzverlusts erbracht werden – sei es in der Form eines Forderungsverzichts oder eines Sanierungszuschusses –, sind diese Beträge unmittelbar als außerordentlicher Ertrag zu erfassen.[3] Unterbleibt eine ausdrückliche Zwecksetzung und lässt sich diese auch nicht im Wege der Auslegung oder aus der Art der Zuzahlung ableiten, ist davon auszugehen, dass die Zuzahlung in das EK geleistet werden soll.[4] Das Gleiche gilt auch für Leistungen Dritter. Fehlt es an einer ausdrücklichen Vereinbarung eines Ertragszuschusses und lässt sich diese Zwecksetzung nicht aus den Umständen ableiten, ist ebenfalls davon auszugehen, dass die Zuzahlung in das EK geleistet werden soll. Der Vorrang einer erfolgswirksamen Vereinnahmung lässt sich aus der Gesetzessystematik nicht entnehmen.[5]

 

Rz. 144

Der Ausweis in der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB hängt davon ab, dass die Zuzahlungen in das EK geleistet wurden. Es muss eine Vermögensmehrung auf der Ebene der Ges. vorliegen.[6] Geld- und Sachleistungen müssen rechtlich und wirtschaftlich wirksam erbracht worden sein.[7] Als Zuzahlungen kommen die Leistung von einlage- und aktivierungsfähigen VG und der Verzicht auf Forderungen in Betracht.[8] Diskutiert wird in der Literatur, ob auch die Begründung einer Zahlungs- oder Sachleistungsverpflichtung – also die Aktivierung einer Forderung gegen einen Gesellschafter – als Zuzahlung in das EK zu werten ist. Dies ist zu bejahen, denn es kommt allein darauf an, ob eine einlage- und aktivierungsfähige Gesellschafterleistung vorliegt, wozu grds. auch die Einräumung einer Forderung der Ges. gegen einen Gesellschafter zu zählen ist, denn § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB knüpft nicht an den Grundsatz der Kapitalaufbringung an.[9] Gleichwohl muss die eingeräumte Forderung der Ges. gegen den Gesellschafter werthaltig sein. Der Tatbestand des § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB fordert eine Zuzahlung in das EK. Kann es mangels Werthaltigkeit der eingeräumten Forderung nicht zu einer Zuzahlung kommen, scheitert auch der Zugang bei der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB.

 

Rz. 145

Die Zuzahlung des Gesellschafters in das EK muss so auch gewollt sein, sodass verdeckte Einlagen oder auch verlorene Zuschüsse nicht ohne Weiteres als Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB erfasst werden, sondern es vielmehr auf die zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarung ankommt.[10]

 

Rz. 146

Das GmbHG enthält – anders als das AktG – keine § 36 Abs. 2, §§ 36a, 188 Abs. 2, § 201 Abs. 3§ 203 Abs. 1 Satz 1 AktG vergleichbaren Vorschriften, die eine vollständige oder auch nur tw. Leistung eines Aufgelds vor Eintragung gesetzlich vorschreiben. Ungeachtet dessen ist natürlich auch bei der GmbH eine Ausgabe der Geschäftsanteile über pari bei Gründung oder im Wege einer Kapitalerhöhung gängige Praxis. Die Festlegung eines Aufgelds erfolgt regelmäßig im Wege einer gesellschaftsvertraglich vereinbarten Nebenpflicht i. S. v. § 3 Abs. 2 GmbHG. Denkbar ist die Vereinbarung ...

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