Rz. 130

Im nächsten Schritt werden die VG, Schulden, RAP und Sonderposten in der Bilanz des TU i. d. R. zum Zeitpunkt, zu dem das Unt TU geworden ist (Rz 76 ff.), erfolgsneutral, d. h. mit direkter Verrechnung der Beträge im EK und in den passiven oder aktiven latenten Steuern des TU, neu bewertet. Das neu bewertete EK ergibt sich somit aus dem EK vor Neubewertung zzgl. der aufgelösten und um latente Steuereffekte bereinigten stillen Reserven und abzgl. der um latente Steuereffekte bereinigten aufgedeckten stillen Lasten. Sinnvollerweise werden die Verrechnungen im EK intern in einer Neubewertungsrücklage nachgehalten. Für diesen zweiten Schritt wird zur Abgrenzung des Begriffs der HB II, in der die Buchwerte des TU abgebildet sind, die sog. Handelsbilanz III (HB III) eingeführt, die durch den Bezug auf die Zeitwerte bereits vor der Aufrechnung des Unterschiedsbetrags die gesamten aufgelösten stillen Reserven und stillen Lasten enthält. Bei dieser Neubewertung werden somit alle stille Reserven und alle stillen Lasten aufgelöst. Konkret ist der Buchwert der Positionen in der HB II mit seinem beizulegenden Zeitwert zu vergleichen. Als beizulegender Zeitwert kommt der Börsen- oder Marktpreis infrage, der aber in der Praxis für viele VG nur selten zweifelsfrei feststehen dürfte. Darüber hinaus ist als wichtigste Hilfsgröße der Wiederbeschaffungswert heranzuziehen, bei geplanter Veräußerung aber auch der Einzelveräußerungswert (Rz 50 ff.).

 

Rz. 131

Auf den Konzern übertragen bedeutet dies zunächst, dass der beizulegende Zeitwert die AK der einzelnen Bilanzpositionen aus Konzernsicht darstellt. Problematisch ist, dass der Kaufpreis der Beteiligung in der Praxis eher vom Ertragswert als vom Substanzwert abhängt, sodass eine gesonderte Substanzwertermittlung für die Zuordnung des beizulegenden Zeitwerts erforderlich werden kann. Zwar können detaillierte Bewertungsgutachten das Problem mildern, eine zweifelsfreie Ermittlung stiller Reserven wird aber kaum möglich sein. Dies gilt insb., wenn Erwerbszeitpunkt und Basiszeitpunkt der Kapitalkonsolidierung (KapKons) auseinanderfallen, was nur noch bei einer erst später bestehenden Konzernbilanzierungspflicht, einem sukzessiven Anteilserwerb oder der Nutzung von Einbeziehungswahlrechten gem. § 296 HGB denkbar ist. Da im Konzern quasi fiktive AK für die einzelnen Positionen des TU auf den Stichtag des Erwerbs bzw. der ErstKons zu ermitteln sind, dürfte anzunehmen sein, dass bei der Wertermittlung für die einzelnen Sachverhalte grds. vom Zeitwert i. S. d. Wiederbeschaffungskosten auszugehen ist. Generelle Leitlinie und Bezugspunkt bei Zweifelsfragen sind zunächst § 255 Abs. 4 HGB und sodann die Generalnorm des § 297 Abs. 2 Satz 2 HGB.

 

Rz. 132

Durch die Auflösung verschieben sich die AK der VG aus Konzernsicht und stellen für die handelsrechtliche Bewertung im Konzernabschluss die zukünftigen Wertobergrenzen bei der Bewertung im Konzernabschluss dar. Abb. 4 verdeutlicht dies schematisch:[1]

Abb. 4: Auflösung stiller Reserven i. R. d. Kapitalkonsolidierung

 

Rz. 133

Es wird deutlich, dass eine Auflösung stiller Reserven grds. nur im Zeitpunkt des Erwerbs bzw. der erstmaligen Einbeziehung möglich ist (Ausnahme wäre der spätere Zuerwerb weiterer Anteile des TU und die Abbildung als Erwerbsvorgang i. S. d. Interessentheorie mit einer tranchenweisen Konsolidierung nach DRS 23.172 s. Rz 192 ff.). Anschließend neu entstehende stille Reserven sind im Konzernabschluss ebenso wenig zu beachten wie im Jahresabschluss. Im Hinblick auf den Umfang ihrer Auflösung sind die stillen Reserven komplett aufzulösen. Eine letztlich nach der Pagatorik notwendige AK-Restriktion, d. h. die Überprüfung, ob der Kaufpreis für das anteilige EK durch die Neubewertung überschritten wird, ist nicht notwendig.

[1] In Anlehnung an Ammann/Müller, Konzernbilanzierung, 2005, S. 141.

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