Rz. 127

Hinsichtlich der konkreten Umsetzung der Erwerbsmethode ist mit § 301 Abs. 1 HGB einzig die Neubewertungsmethode anzuwenden. Gleichwohl kommt es ggf. im Konzernabschluss zur parallelen Anwendung der Buchwertmethode, wenn diese nach § 301 Abs. 1 HGB vor Anwendung des BilMoG für eine Erstkonsolidierung (ErstKons) zur Anwendung kam.[1] Beiden Methoden liegt die Fiktion einer Anschaffung der einzelnen VG, Schulden, RAP und Sonderposten des TU zugrunde. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, dass die Auflösung der stillen Reserven und Lasten bei VG und Schulden nach (= Buchwertmethode) bzw. vor der Verrechnung des Beteiligungsbuchwerts und dem anteiligen EK (= Neubewertungsmethode) erfolgt. Durch den Wegfall der Anschaffungskostenrestriktion können sich nicht nur im Fall des Vorhandenseins von Minderheitsgesellschaftern Unterschiede im Konzernabschluss in Abhängigkeit von der verwendeten Methode ergeben. Gem. des inzwischen durch DRS 23 ersetzten DRS 4 wurde die Neubewertungsmethode i. R. d. vermuteten GoK bereits seit 2001 als die vorzugswürdige Methode betrachtet und auch nach IFRS ist im Ergebnis dieses Vorgehen gefordert, da eine Vermischung von Zeit- und Buchwerten vermieden wird.

 

Rz. 128

Im Folgenden werden die einzelnen Schritte der Neubewertungsmethode dargestellt und erläutert. Zur Buchwertmethode und der ggf. bestehenden parallelen Anwendungsnotwendigkeit s. Art. 66 EGHGB Rz 14–17.

[1] Vgl. für eine systematische Gegenüberstellung z. B. Ammann/Müller, Konzernbilanzierung, 2005, S. 191 ff.

6.1 Vereinheitlichung von Ansatz, Bewertung, Ausweis, Währung und Stichtag

 

Rz. 129

Zunächst sind die Abschlüsse hinsichtlich Ansatz (§ 300 Rz 27 ff.), Bewertung (§ 308 Rz 1 ff.), Darstellung (§ 300 Rz 13 ff. bzw. § 298 Rz 45 ff.), Währung (§ 308a Rz 1 ff.) und ggf. Stichtag (§ 299 Rz 1 ff.) zu vereinheitlichen.[1] Die so entstandenen Jahresabschlüsse werden als Handelsbilanz II (HB II) bezeichnet.

[1] Vgl. Müller, in Kußmaul/Müller, HdB, Konzernabschluss nach HGB, Rz 1 ff., Stand: 10.5.2023.

6.2 Neubewertung der Bilanz des Tochterunternehmens

 

Rz. 130

Im nächsten Schritt werden die VG, Schulden, RAP und Sonderposten in der Bilanz des TU i. d. R. zum Zeitpunkt, zu dem das Unt TU geworden ist (Rz 76 ff.), erfolgsneutral, d. h. mit direkter Verrechnung der Beträge im EK und in den passiven oder aktiven latenten Steuern des TU, neu bewertet. Das neu bewertete EK ergibt sich somit aus dem EK vor Neubewertung zzgl. der aufgelösten und um latente Steuereffekte bereinigten stillen Reserven und abzgl. der um latente Steuereffekte bereinigten aufgedeckten stillen Lasten. Sinnvollerweise werden die Verrechnungen im EK intern in einer Neubewertungsrücklage nachgehalten. Für diesen zweiten Schritt wird zur Abgrenzung des Begriffs der HB II, in der die Buchwerte des TU abgebildet sind, die sog. Handelsbilanz III (HB III) eingeführt, die durch den Bezug auf die Zeitwerte bereits vor der Aufrechnung des Unterschiedsbetrags die gesamten aufgelösten stillen Reserven und stillen Lasten enthält. Bei dieser Neubewertung werden somit alle stille Reserven und alle stillen Lasten aufgelöst. Konkret ist der Buchwert der Positionen in der HB II mit seinem beizulegenden Zeitwert zu vergleichen. Als beizulegender Zeitwert kommt der Börsen- oder Marktpreis infrage, der aber in der Praxis für viele VG nur selten zweifelsfrei feststehen dürfte. Darüber hinaus ist als wichtigste Hilfsgröße der Wiederbeschaffungswert heranzuziehen, bei geplanter Veräußerung aber auch der Einzelveräußerungswert (Rz 50 ff.).

 

Rz. 131

Auf den Konzern übertragen bedeutet dies zunächst, dass der beizulegende Zeitwert die AK der einzelnen Bilanzpositionen aus Konzernsicht darstellt. Problematisch ist, dass der Kaufpreis der Beteiligung in der Praxis eher vom Ertragswert als vom Substanzwert abhängt, sodass eine gesonderte Substanzwertermittlung für die Zuordnung des beizulegenden Zeitwerts erforderlich werden kann. Zwar können detaillierte Bewertungsgutachten das Problem mildern, eine zweifelsfreie Ermittlung stiller Reserven wird aber kaum möglich sein. Dies gilt insb., wenn Erwerbszeitpunkt und Basiszeitpunkt der Kapitalkonsolidierung (KapKons) auseinanderfallen, was nur noch bei einer erst später bestehenden Konzernbilanzierungspflicht, einem sukzessiven Anteilserwerb oder der Nutzung von Einbeziehungswahlrechten gem. § 296 HGB denkbar ist. Da im Konzern quasi fiktive AK für die einzelnen Positionen des TU auf den Stichtag des Erwerbs bzw. der ErstKons zu ermitteln sind, dürfte anzunehmen sein, dass bei der Wertermittlung für die einzelnen Sachverhalte grds. vom Zeitwert i. S. d. Wiederbeschaffungskosten auszugehen ist. Generelle Leitlinie und Bezugspunkt bei Zweifelsfragen sind zunächst § 255 Abs. 4 HGB und sodann die Generalnorm des § 297 Abs. 2 Satz 2 HGB.

 

Rz. 132

Durch die Auflösung verschieben sich die AK der VG aus Konzernsicht und stellen für die handelsrechtliche Bewertung im Konzernabschluss die zukünftigen Wertobergrenzen bei der Bewertung im Konzernabschluss dar. Abb. 4 verdeutlicht dies schematisch:[1]

Abb. 4: Auflösung stiller Reserven i. R. d. Kapitalkonsolidierung

 

Rz. 133

E...

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