Rz. 32

Der Begriff "Patronatserklärung" ist gesetzlich nicht geregelt. In der Praxis wird er für eine Vielzahl unterschiedlicher Erklärungen verwendet, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass eine Muttergesellschaft dem Gläubiger einer Tochtergesellschaft oder einer anderen Konzerngesellschaft Maßnahmen oder Unterlassungen in Aussicht stellt oder zusagt, um die Kreditwürdigkeit der Konzerngesellschaft zu erhalten oder zu verbessern. Die Patronatserklärung kann unmittelbar dem oder den betroffenen Gläubigern gegenüber abgegeben werden; sie kann aber auch zunächst gegenüber der Konzerngesellschaft abgegeben werden mit anschließender Begründung von Rechten der Gläubiger durch Abtretung von Ansprüchen oder Vereinbarung eines Vertrags zugunsten Dritter. Schließlich sind in der Praxis auch Patronatserklärungen gebräuchlich, die von der Muttergesellschaft pauschal gegenüber allen Gläubigern oder gar gegenüber der Allgemeinheit abgegeben werden.[1] Der Verpflichtungsgehalt muss sich nicht unbedingt aus einer expliziten Erklärung ergeben; er kann auch aus allgemeinen Aussagen über die geschäftspolitischen Absichten der Muttergesellschaft abzuleiten sein.

 

Rz. 33

Je nach Konkretisierung des Verpflichtungsgehalts werden Patronatserklärungen üblicherweise eingeteilt in sog. harte und weiche Patronatserklärungen. Eine Vermerkpflicht besteht nur für harte Patronatserklärungen. IDW RH HFA 1.013 unterscheidet fünf Grundformen von Patronatserklärungen:[2]

Die Muttergesellschaft sagt dem Gläubiger der Tochtergesellschaft zu, für die Dauer des Kreditverhältnisses

  1. das Gesellschaftsverhältnis mit der Tochtergesellschaft beizubehalten,
  2. den Unternehmensvertrag mit der Tochtergesellschaft nicht zu ändern, aufzuheben oder zu kündigen,
  3. die Tochtergesellschaft dahingehend zu beeinflussen, dass sie ihren Verbindlichkeiten (gegenüber dem Gläubiger) nachkommt,
  4. die Tochtergesellschaft finanziell so ausgestattet zu halten, dass sie ihren Verbindlichkeiten (gegenüber dem Gläubiger) nachkommen kann,
  5. eine bestimmte Kapitalausstattung bei der Tochtergesellschaft aufrechtzuerhalten.
 

Rz. 34

Die Grundformen 1 bis 3 werden als sog. weiche Patronatserklärungen qualifiziert. Sie sind nicht auf Zahlung, sondern auf sonstige Handlungen gerichtet. Die Grundformen 1 und 2 sind reine Verhaltensverpflichtungen, deren Befolgung in der alleinigen Entscheidungskompetenz der Muttergesellschaft liegt. Sollten sich aus Nichtbeachtung Schadensersatzverpflichtungen ergeben, so wären diese nach allgemeinen Bilanzierungsregeln zu behandeln. Auch für den Fall, dass bei Nichteinhaltung Sicherheitsleistungen zu stellen wären, würde keine Vermerkpflicht ausgelöst, da der Eintritt der Bedingungen für die Stellung von Sicherheiten allein in der Entscheidungsbefugnis der Muttergesellschaft liegt.[3] Auch die Grundform 3 ist noch als weiche Patronatserklärung zu qualifizieren, da keine direkte Verpflichtung zur Bedienung von Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft, sondern lediglich eine "indirekte" Verpflichtung übernommen wird, die Tochtergesellschaft dahingehend zu beeinflussen, dass sie ihre Geschäfte diesbzgl. mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kfm. führt. Ein bestimmter Erfolg wird dem Kreditgeber gegenüber jedoch nicht versprochen. Mögliche Schadensersatzverpflichtungen, die aus einer Verletzung der Handlungspflichten der Muttergesellschaft entstehen können, sind nach allgemeinen Bilanzierungsregeln zu behandeln.[4] Sollte die Muttergesellschaft über den Kerngehalt der Grundform 3 hinaus ergänzende Erklärungen abgeben, so kann dies u. U. eine Vermerkpflicht auslösen. Die Abgrenzung zwischen den Grundformen 3 und 4 kann durchaus fließend sein.[5]

 
Praxis-Beispiel

Die Muttergesellschaft M erklärt im Zusammenhang mit einer Darlehensverpflichtung ihrer Tochter T gegenüber der Bank B: "Wir haben zur Kenntnis genommen, dass Sie unserer Tochtergesellschaft T ein Darlehen i. H. v. 1 Mio. EUR gewährt haben. Wir werden während der gesamten Laufzeit des Darlehens unsere Tochtergesellschaft T dahingehend beeinflussen, dass sie ihren Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag nachkommt, und werden dafür sorgen, dass unsere Tochtergesellschaft T ihre Verbindlichkeiten erfüllt."

M hat die Einstandspflicht für einen zugesagten Erfolg, hier die Befriedigung der Bank B, übernommen und muss erforderlichenfalls die benötigten Mittel zur Verfügung stellen. Eine Vermerkpflicht ist gegeben.

 

Rz. 35

Die Grundformen 4 und 5 sind harte Patronatserklärungen und somit vermerkpflichtig, da in beiden Fällen ein bestimmter Erfolg garantiert wird; die Muttergesellschaft muss möglicherweise zur Bewirkung des Erfolgs eigene Mittel einsetzen, ohne dass ihr ein entsprechender Gegenwert zuwächst. Zwar steht dem Gläubiger i. d. R. kein unmittelbarer Anspruch auf Zahlung zu, da er nur verlangen kann, dass die Muttergesellschaft ihre Tochtergesellschaft entsprechend ausstattet. Hierbei unterscheidet sich die Grundform 5 gegenüber der Grundform 4 insb. dadurch, dass nicht nur die Schuldendeckung, sondern darübe...

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