Rz. 27

Die Vermerkpflicht betrifft Eventualverpflichtungen, die zugunsten des Gläubigers eines Dritten eingegangen werden, aber keine Bürgschaft sind. Derartige bürgschaftsähnliche Verpflichtungen gibt es in sehr unterschiedlichen Ausprägungen. Auch die Verpflichtung des Kfm., dem Gläubiger eines Dritten auf erste Anforderung eine Bürgschaft zu bestellen oder sonstige Sicherheiten zu gewähren oder Zahlungen zu leisten, ist i. R. d. Verbindlichkeiten aus Gewährleistungsverträgen vermerkpflichtig, jedenfalls dann, wenn die Hauptschuld zum Bilanzstichtag bereits besteht.[1]

 

Rz. 28

Durch eine Schuldübernahme, einen Schuldbeitritt oder eine kumulative Schuldübernahme geht der Kfm. eine rechtlich selbstständige Verpflichtung ein, die Verbindlichkeit eines Dritten zusätzlich zu diesem Dritten als eigene Verbindlichkeit zu übernehmen. Der übernehmende Kfm. und der Dritte werden Gesamtschuldner i. S. d. § 421 BGB. Der Kfm. wird selbst zum Schuldner, sodass er grds. eine Eigenverbindlichkeit zu passivieren hat. Allerdings kann die hier gebotene wirtschaftliche Betrachtung zu einem abweichenden Ergebnis führen. Immer dann, wenn die Schuldmitübernahme lediglich der Absicherung des Gläubigers dient, sodass sie sich wirtschaftlich als ein bürgschaftsähnliches Rechtsverhältnis darstellt, ist sie als Gewährleistung zu qualifizieren und damit nicht passivierungspflichtig, sondern vermerkpflichtig gem. § 251 HGB. Dies ist regelmäßig auch gegeben, wenn im Innenverhältnis weiterhin der ursprüngliche Schuldner die Leistung zu erbringen hat und dem Übernehmer im Fall der Inanspruchnahme ein Regressanspruch in voller Höhe gegen den ursprünglichen Schuldner zusteht.[2] Dies ist regelmäßig auch gegeben, wenn der Kfm. zur Absicherung von Zahlungsansprüchen des Gläubigers einem Dauerschuldverhältnis beitritt (z. B. Miet-, Pacht- oder Leasingvertrag).

Im Zusammenhang mit der Veräußerung von Betrieben oder Betriebsteilen können sich Haftungsverhältnisse aufgrund der Übertragung von Pensionsverpflichtungen ergeben.[3] Werden von dem Erwerber laufende Pensionsverpflichtungen gegenüber Rentnern oder unverfallbare Anwartschaften gegenüber ausgeschiedenen Mitarbeitern übernommen, so sind diese als Bestandteile der Kaufpreisschuld zu passivieren. Aufgrund der besonderen Regelung gem. § 4 BetrAVG liegt i. d. R. keine befreiende Schuldübernahme vor, sodass der frühere Betriebsinhaber rechtlich verpflichtet bleibt, während die vertraglichen Regelungen eine Erfüllung der Verpflichtung durch den Erwerber vorsehen. In diesem Fall sind die entsprechenden Verpflichtungen beim Erwerber zu passivieren, beim Veräußerer besteht eine Vermerkpflicht als Verbindlichkeit aus Gewährleistungsverträgen. Dagegen besteht für die (zeitlich befristete) Haftung des Arbeitgebers, die sich beim Betriebsübergang gem. § 613a BGB ergibt, keine Vermerkpflicht, da es sich um eine gesetzlich begründete Haftung handelt.[4]

 

Rz. 29

Vermerkpflichtig ist auch ein Delkredere-Risiko, das der Kfm. übernimmt. Anwendungsbereich ist das sog. "unechte" Factoring, bei dem das Risiko des Forderungsausfalls beim Verkäufer der Forderung verbleibt. Soweit aufgrund der Ausgestaltung und unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Übertragung wirtschaftlichen Eigentums ein Abgang der Forderung zugrunde zu legen ist, ist die verbleibende Haftung des Kfm. vermerkpflichtig. Eine Vermerkpflicht besteht auch für die Delkredere-Haftung des Kommissionärs, sofern dieser diese Haftung ausdrücklich übernommen hat oder dies dem maßgebenden Handelsbrauch entspricht (§ 394 Abs. 1 HGB). Handelsbräuche haben nicht den Rang von Rechtsnormen; der Kommissionär hat für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Kunden aus dem Kaufvertrag einzustehen, so dass eine vertraglich begründete und damit vermerkpflichtige Haftung gegeben ist.[5] Diese Vermerkpflicht steht in Übereinstimmung mit der Informationsfunktion, da die Haftung nicht bei jedem Kommissionsgeschäft besteht und der Bilanzadressat insoweit nicht automatisch mit diesem Risiko zu rechnen hat. Eine Vermerkpflicht besteht weiterhin, wenn eine Einkaufsgesellschaft gegenüber den Lieferanten die Delkredere-Haftung für Verbindlichkeiten der Abnehmer übernimmt.[6]

 

Rz. 30

Im Fall von Erwerbs- oder Abkaufverpflichtungen kann sich eine Vermerkpflicht ergeben, je nach Art des VG, auf den sich die Verpflichtung bezieht. Verpflichtet sich der Kfm. auf erstes Anfordern oder bei Vorliegen bestimmter Bedingungen zum Kauf von Forderungen eines Kreditgebers an einen Dritten, so ist das daraus entstehende bürgschaftsähnliche Rechtsverhältnis vermerkpflichtig. Die Unterschiede zu einer Bürgschaft sind i. d. R. rein formaler Art. Die "Gegenleistung", die der Kfm. in Form der Forderung erwirbt, unterscheidet sich wirtschaftlich nicht von einem Rückgriffsanspruch eines Bürgen.[7] Eine Vermerkpflicht besteht dagegen nicht, wenn sich die Abkaufverpflichtung auf andere VG bezieht, auch wenn der Kfm. das mit dem VG verbundene Risiko zu tragen hat. Für den Verpflichteten liegt ein bedi...

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