Rz. 311

Forderungen sind nach § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB zu AK (§ 255 Rz 17) in der Bilanz anzusetzen. Eine Abschreibung ist im Falle eines niedrigeren beizulegenden Werts vorzunehmen. Sie kann durch die Realisation der folgenden Risiken veranlasst sein:

  • Ausfallrisiko: Risiko einer nicht vollständigen Begleichung der Forderung wegen mangelnder Bonität des Schuldners,
  • Verzögerungsrisiko: Risiko einer verspäteten Zahlung seitens des Schuldners ohne Kompensation durch einen Anspruch auf Zinsen,
  • Preisminderungsrisiko: Risiko der Geltendmachung von Abschlägen aus rechtlichen Gründen (z. B. wegen mangelhafter Leistung) durch den Schuldner,
  • Währungsrisiko: Risiko eines Wertverlusts aufgrund einer Abwertung der Währung, in der die Forderung denominiert ist (§ 256a Rz 18),
  • Länderrisiko: Risiko einer mangelnden vollständigen Durchsetzbarkeit der Forderung aus Gründen, die das Land des Schuldners betreffen.

Forderungen sind grds. mit dem Betrag anzusetzen, mit dem sie wahrscheinlich realisiert werden können. Seine Schätzung muss sowohl der Zahlungsfähigkeit als auch der Zahlungswilligkeit des Schuldners Rechnung tragen, wobei die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten einer Durchsetzung des Anspruchs insb. bei ausländischen Schuldnern zu berücksichtigen sind. Keine unmittelbare Bedeutung für die Werthaltigkeit einer Forderung kommt einer Fortsetzung der Geschäftstätigkeit mit einem säumigen Schuldner zu. So kann eine Weiterbelieferung etwa dadurch motiviert sein, den Schuldner in die Lage zu versetzen, die bestehenden Forderungen wenigstens tw. zu begleichen oder Serviceleistungen gegenüber seinen Kunden zu erbringen, die ansonsten der Gläubiger als Hersteller der gelieferten Produkte übernehmen müsste.[1] Der beizulegende Wert hat alle bis zum Abschlussstichtag eingetretenen erkennbaren Risiken und Verluste zu berücksichtigen (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB): Zweifelhafte Forderungen sind mit ihrem wahrscheinlichen Wert und uneinbringliche Forderungen mit (einem Nettobetrag von) null anzusetzen.

 
Praxis-Beispiel

Ein Unt hat Forderungen gegen einen inländischen Kunden i. H. v. 11.900 EUR, die überfällig sind und trotz Mahnung nicht beglichen wurden. Der Kunde stellt kurz nach dem Abschlussstichtag des Unt einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Noch vor Aufstellung des Jahresabschlusses wurde das Insolvenzverfahren mangels Masse eingestellt.

Auch wenn am Abschlussstichtag noch kein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt worden ist, muss aufgrund der stichtagsnachgelagerten Entwicklung (spätestens) zu diesem Stichtag von der Uneinbringlichkeit der Forderung ausgegangen werden. Am Abschlussstichtag ist die Forderung daher zum beizulegenden Wert, d. h. i. H. d. USt-Anteils von 1.900 EUR zu bewerten. I. H. v. 10.000 EUR (= Nettobetrag der Forderung) hat eine Abschreibung der Forderung zu erfolgen.

Nach Ablehnung des Antrags auf Insolvenzeröffnung ist die Forderung vollständig auszubuchen. Für den auflebenden Anspruch auf Erstattung des abgeführten Umsatzsteueranteils ist eine eigene Forderung gegen das Finanzamt auf Rückerstattung der abgeführten USt anzusetzen.

 

Rz. 312

Hinsichtlich der Bewertung (formal) unverzinslicher Forderungen ist zu unterscheiden: Darlehensforderungen sind auch bei fehlender Verzinsung mit dem Nennwert als AK einzubuchen. Ihre Unterverzinslichkeit (im Grenzfall: Unverzinslichkeit) wirkt sich als wertmindernder Umstand auf den beizulegenden Wert aus und erfordert im UV die Vornahme einer außerplanmäßigen Abschreibung. Zur Ermittlung des Vergleichswerts zu den AK sind die künftigen Zahlungsansprüche mit einem risiko- und fristadäquaten Zinssatz auf den Bewertungsstichtag zu diskontieren.[2]

Bei Forderungen aus Austauschgeschäften liegt bei einer längerfristigen Stundung der Gegenleistung ein Mehrkomponentengeschäft vor, das zu einer Aufteilung der Vergütung in das Entgelt für die Lieferung oder Leistung und ein Entgelt für die Kreditgewährung zwingt.

 
Praxis-Beispiel

Ein Unt hat eine gebrauchte Produktionsanlage zum Preis von 10.000 EUR verkauft. Aufgrund von Liquiditätsengpässen des Erwerbers hat der Verkäufer den Kaufpreis zwei Jahre lang unverzinslich gestundet. Der für die Laufzeit der Kreditgewährung und das Kreditrisiko angemessene Zinssatz beträgt 8 % p. a.

Der vereinbarte Kaufpreis von 10.000 EUR stellt ein Gesamtentgelt für die gelieferte Maschine und für die Kreditgewährung dar. Nach dem Einzelbewertungsgrundsatz ist das Entgelt auf beide Leistungen angemessen aufzuteilen. Das geschieht üblicherweise nach der Restwertmethode, indem die Vergütung für das Kreditgeschäft vom Gesamtentgelt abgespalten wird. Zu diesem Zweck ist der Betrag von 10.000 EUR über zwei Jahre mit 8 % abzuzinsen. Das ergibt einen Barwert von 8.573 EUR. Der Differenzbetrag von 1.427 EUR ist ratierlich über die Laufzeit des Kredits als Zinsertrag zu erfassen.

Aus Wesentlichkeitserwägungen erscheint es vertretbar, auf eine Aufteilung des Gesamtentgelts bei Kaufpreisstundungen bis zu einem Jahr zu verzichten.

 

Rz....

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