Rz. 41

Das nachfolgende Beispiel verdeutlicht das Zusammenwirken von Zugangs- und Folgebewertung bei der Umrechnung von Fremdwährungsgeschäften unter Berücksichtigung der Vereinfachungsregelung für kurzfristige Forderungen und Verbindlichkeiten:

 

Praxis-Beispiel[1]

U hat am 1.11.01 von einem Lieferanten in den USA Waren erhalten. Als Zahlungsbedingungen wurden vereinbart:

Variante 1: Kaufpreis 260.000 USD, zahlbar Anfang Januar 02,

Variante 2: Kaufpreis 280.000 USD, zahlbar Anfang Januar 03; ohne Zahlungsziel hätte der Kaufpreis 260.000 USD betragen.

Der Kurs des US-Dollar hat sich zum Euro wie folgt entwickelt:

 
  Kassakurs USD pro EUR
Datum Briefkurs Geldkurs Mittelkurs
1.11.01 1,29 1,27 1,28
31.12.01 1,35 1,33 1,34
31.12.02 1,43 1,41 1,42

Zu bewerten ist die Forderung im Jahresabschluss von U zum 31.12.01 und (für Variante 2 zusätzlich) zum 31.12.02.

Variante 1:

Zur Erfüllung der Verbindlichkeit muss U US-Dollar gegen Euro beschaffen. Das legt eine Umrechnung der Fremdwährungsschuld zum Geldkurs nahe. Da die Verbindlichkeit im kommenden Jahr beglichen wird, spricht nichts dagegen, die für die Folgebewertung vorgesehene Vereinfachung auch bei der Zugangsbewertung anzuwenden. Umgerechnet zum Devisenkassamittelkurs von 1,28 ist die Verbindlichkeit danach zum 1.11.01 mit einem Euro-Gegenwert von 203.125 EUR (260.000 USD / 1,28 USD/EUR) einzubuchen.

Zum Abschlussstichtag (31.12.01) ist die Fremdwährungsverbindlichkeit zum aktuellen Devisenkassamittelkurs umzurechnen. Da der US-Dollar gegenüber dem Euro schwächer geworden ist, ermittelt sich eine Verbindlichkeit von nur noch 194.030 EUR (260.000 USD / 1,34 USD/EUR). Der Ansatz des niedrigeren Stichtagswerts verstößt zwar gegen das Realisationsprinzip. § 256a Satz 2 HGB sieht bei kurzfristigen Fremdwährungspositionen indes ausdrücklich eine Stichtagsbewertung vor. Da die Verwendung des Stichtagskurses die Bewertung lediglich vereinfachen soll, bestehen u. E. keine Bedenken gegen einen Ansatz der Verbindlichkeit zum umgerechneten (höheren) Zugangswert (Rz 20 ff.). Das ergibt im Beispiel einen Wertansatz von 203.125 EUR. Im Ergebnis besteht nach dieser Auslegung des § 256a HGB ein faktisches Wahlrecht zum Ausweis eines unrealisierten Gewinns aus der Währungsumrechnung von 9.095 EUR, das dem Grundsatz der Bewertungsmethodenstetigkeit unterliegt. Die gewählte Methode ist bei wesentlichen Effekten im Anhang zu erläutern.

Variante 2:

Werden Verbindlichkeiten aus Austauschgeschäften gestundet, ist im Erfüllungsbetrag ein Zinsanteil anzunehmen. Zinsen, die auf das am Abschlussstichtag noch schwebende Kreditgeschäft entfallen, dürfen nicht passiviert werden. Dementsprechend ist die Kaufpreisschuld zum 1.11.01 mit dem Barzahlungspreis von 260.000 USD anzusetzen. Das entspricht einem Zugangswert in Euro von 203.125 EUR (260.000 USD / 1,28 USD/EUR).

Für Zwecke der Folgebewertung ist die Verbindlichkeit zunächst in Fremdwährung aufzuzinsen.

Das geschieht mit jenem Zinssatz, der den Barzahlungspreis (260.000 USD) bis zum Fälligkeitstag auf den Zielpreis (280.000 USD) aufzinst. Er lässt sich bspw. durch eine Zielwertsuche in einem Tabellenkalkulationsprogramm errechnen. Das Ergebnis dieser Zielwertsuche liefert einen Zinssatz von 5,94 %. Das entspricht einer monatlichen Verzinsung der Lieferantenverbindlichkeit von 0,495 % (5,94 %/12).

 
  Entwicklung der Lieferantenverbindlichkeit in USD
Datum Monatsanfang Zinsen Monatsende
01.11.01 260.000 1.288 261.288
01.12.01 261.288 1.294 262.582
01.01.02 262.582 1.301 263.883
01.02.02 263.883 1.307 265.190
01.03.02 265.190 1.313 266.503
01.04.02 266.503 1.320 267.823
01.05.02 267.823 1.326 269.149
01.06.02 269.149 1.333 270.482
01.07.02 270.482 1.340 271.822
01.08.02 271.822 1.346 273.168
01.09.02 273.168 1.353 274.521
01.10.02 274.521 1.360 275.881
01.11.02 275.881 1.366 277.247
01.12.02 277.247 1.373 278.620
01.01.03 278.620 1.380 280.000

Zum 31.12.01 beläuft sich die Verbindlichkeit aus dem Warenbezug auf 262.582 USD. Um den Gegenwert in Euro zu ermitteln, ist in einem ersten Schritt die Kaufpreisschuld (260.000 USD) umzurechnen. Der am Stichtag gültige Devisenkassamittelkurs von 1,34 USD/EUR liefert einen Betrag von 194.030 EUR. Da die Verbindlichkeit zum 31.12.01 eine Restlaufzeit von mehr als einem Jahr hat, darf der unter dem Zugangswert von 203.125 EUR liegende Stichtagswert bilanziell keine Berücksichtigung finden.

Der umgerechnete Zugangswert der Kaufpreisschuld ist sodann um die aufgelaufenen Zinsen fortzuschreiben. Dazu sind die Zinsen von 2.582 USD mit dem Durchschnittskurs für November und Dezember 01 von 1,31 USD/EUR umzurechnen. Das ergibt einen Betrag von 1.971 EUR. Insgesamt errechnet sich damit für die Kaufpreisverbindlichkeit zum 31.12.01 ein Buchwert von 205.096 EUR. Eine Abwertung auf den niedrigeren Stichtagswert von 195.957 EUR (262.582 USD / 1,34 USD/EUR) würde erneut gegen das Realisationsprinzip verstoßen und scheidet damit aus.

Eine alternative Deutung des Anschaffungswert- bzw. Realisationsprinzips könnte darin gesehen werd...

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