Rz. 48

Die Regierungsbegründung zum BilMoG sah die Dokumentation einer Sicherungsbeziehung als tatbestandliche Voraussetzung einer Bewertungseinheit vor. In der Begründung des Rechtsausschusses heißt es nur noch lapidar: "Die Dokumentation wird nicht zum Tatbestandsmerkmal erhoben. Deshalb enthält § 285 Nr. 23 HGB umfangreiche Angabepflichten".[1] Diese Aussage kann leicht missverstanden werden. Die formale Dokumentation einer Sicherungsbeziehung ist zwar – anders als nach IFRS – keine explizite Tatbestandsvoraussetzung für die Bildung einer Bewertungseinheit. Ihre Notwendigkeit leitet sich jedoch aus dem allgemeinen Schutzzweck der Handelsbilanz ab.

 

Rz. 49

Die öffentlich-rechtliche Bilanzierungspflicht dient dem Schutz Dritter. Sie soll Gläubiger, aber auch andere Unternehmenskoalitionäre wie Gesellschafter, vor Vermögensschäden bewahren. Zu diesem Schutzzweck gehört die Schaffung von Beweismaterial. Beleg hierfür sind die Vorschriften zur Vorlage der Bilanz im Rechtsstreit und bei Auseinandersetzungen (§§ 258261 HGB). Beweismaterial muss nachvollziehbar sein. In der Rechnungslegung bedeutet das: Aus den anzufertigenden Unterlagen muss hervorgehen, welche Sachverhalte zu beurteilen waren und wie sie abgebildet wurden. Bei Sicherungsgeschäften kommt diesem Grundsatz besondere Bedeutung zu, da das Gesetz für sie unterschiedliche Darstellungsformen vorsieht: die Abbildung nach den allgemeinen GoB und nach den besonderen Vorschriften für Bewertungseinheiten. Um eine willkürfreie, jederzeit nachvollziehbare Rechnungslegung zu gewährleisten, muss aus der Buchführung erkennbar werden, in welchem Umfang der Bilanzierende von den Sondervorschriften für Bewertungseinheiten Gebrauch gemacht hat. Das gilt insb., wenn man aus § 254 HGB – wie die wohl h. M. – ein von der Risikosteuerung unabhängiges Wahlrecht zur Bildung von Bewertungseinheiten herausliest.

 

Rz. 50

Aus dem Zweck der Dokumentation, beweiskräftige Erläuterungen zur bilanziellen Behandlung von Sicherungsbeziehungen zu schaffen, leiten sich die an sie zu stellenden Anforderungen ab. Diese differieren in Abhängigkeit von Umfang und Komplexität der Bewertungseinheiten. Im Einzelnen muss sich aus der Dokumentation ergeben,

  • wann eine Bewertungseinheit begründet und wann sie ggf. beendet wurde,
  • aus welchen Komponenten sie sich zusammensetzt,
  • das Absicherungsziel,
  • inwieweit die Voraussetzungen für die Bildung einer Bewertungseinheit erfüllt sind.[2]

Um die Bewertungseinheit exakt abzugrenzen, müssen die in sie einbezogenen Grundgeschäfte und die eingesetzten Sicherungsinstrumente identifizierbar sein. Dazu kann es sich bei Finanzinstrumenten anbieten, die Vertragsdaten festzuhalten. Auch der Umfang, in dem sie in die Bewertungseinheit einbezogen wurden, ist zu dokumentieren.[3] Bei der Absicherung erwarteter Transaktionen sind das geplante Grundgeschäft und sein hoch wahrscheinliches Zustandekommen anderweitig darzulegen.

Zum Absicherungsziel ist nicht nur die Art des abgesicherten Risikos zu dokumentieren, sondern auch die geplante Dauer der Absicherung.

Eine wesentliche Voraussetzung für die Bildung einer Bewertungseinheit besteht in der Effektivität der Sicherungsbeziehung. Sie ist durch Angaben zur Art ihrer Beurteilung (prospektiv) bzw. Messung (retrospektiv) und zum erwarteten bzw. erreichten Grad der Wirksamkeit zu erläutern. Zudem kann die objektive Eignung der abgesicherten Grundgeschäfte und eingesetzten Sicherungsinstrumente darzulegen sein.

Zusätzliche Informationen können zur Erfüllung der Angabepflichten für den Anhang zu erheben sein. Das betrifft die angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (z. B. Einfrierungsmethode, Durchbuchungsmethode) und die speziellen Angabepflichten zu den gebildeten Bewertungseinheiten (§ 285 Nr. 23 HGB; § 285 Rz 143 ff.).

Führt die IBOR-Reform zum Ersatz eines vertraglichen Parameters beim Grundgeschäft oder beim Sicherungsinstrument, ist die Dokumentation der Bewertungseinheit anzupassen, soweit diese im Übrigen unverändert fortgeführt wird. Entsprechendes gilt für die Änderung des abgesicherten Risikos in Gestalt des Übergangs auf einen neuen Benchmarkzinssatz.

 

Rz. 51

Betreibt ein Unt Risikoabsicherung nur durch Micro-Hedges, können sich die entsprechenden Informationen bereits aus den Buchführungsunterlagen ergeben.[4] Das gilt insb. dann, wenn Grundgeschäfte und Sicherungsinstrumente exakt aufeinander abgestimmt sind. In jedem Fall müssen Tatsache und Zeitpunkt der Designationsentscheidung aus den Aufzeichnungen hervorgehen, damit ersichtlich wird, ab wann die Rechtsfolgen des § 254 HGB eintreten. Bei Portfolio-Hedges müssen sich zusätzlich der Umfang des Grundgeschäfts und die Gleichartigkeit der abgesicherten Risiken aus der Dokumentation ergeben. Macro-Hedges erfordern aussagekräftige Nachweise über die Wirksamkeit der Sicherungsbeziehung. Dazu muss diese nicht nur klar definiert sein. Nachzuweisen ist auch die Eignung der eingesetzten Sicherungsinstrumente zur (nicht nur zufälligen) Risikominderung. Ein geeignetes R...

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