Rz. 221

Die Vorschrift ordnet den Vergleich zweier Wertansätze an, nämlich Buchwert und beizulegender Wert. Eine Definition des beizulegenden Werts enthält das Gesetz nicht. Er ist nicht zu verwechseln mit dem in § 255 Abs. 4 HGB definierten beizulegenden Zeitwert (§ 255 Rz 207). In der Praxis haben sich verschiedene Hilfswerte zur Bestimmung des beizulegenden Werts herausgebildet:[1]

 

Rz. 222

  • Wiederbeschaffungs(zeit)wert: Unter dem Wiederbeschaffungswert wird der Wert verstanden, zu dem ein gleichartiger (ggf. gebrauchter) VG am Markt erworben werden könnte. Der Wiederbeschaffungswert ist nur zuverlässig zu bestimmen, wenn ein Markt für derartige VG existiert. Diese Voraussetzung erfüllen nur wenige VG des AV (etwa Pkw, Grundstücke und Wertpapiere), da hier vielfach funktionierende Märkte bestehen. In der Mehrzahl der Fälle lässt sich ein Wiederbeschaffungswert nicht ermitteln, so z. B. bei Spezialmaschinen und bei Anteilen an nicht börsennotierten Ges. Bei abnutzbaren VG ist zwischen dem Wiederbeschaffungsneuwert und dem Wiederbeschaffungszeitwert zu unterscheiden. Sofern sich Letzterer am Markt nicht ermitteln lässt, kann er näherungsweise durch Abzug dem Alter des VG entsprechender planmäßiger Abschreibungen vom Wiederbeschaffungsneuwert ermittelt werden.
 

Rz. 223

  • Rekonstruktionswert: Für VG, für die kein Beschaffungsmarkt existiert (z. B. selbst hergestellte VG), kommt anstelle des Wiederbeschaffungswerts der Rekonstruktionswert als Vergleichswert zu den (fortgeführten) AHK in Betracht.[2] Bei seiner Ermittlung ist auf die Kosten abzustellen, die notwendig sind, um entweder ein exaktes Duplikat des VG oder einen nutzenäquivalenten VG herzustellen. In beiden Fällen ist zu prüfen, ob bei der Ableitung des Vergleichswerts Abschläge zur Berücksichtigung technischer, physischer und/oder wirtschaftlicher Veralterung geboten sind. Der Rekonstruktionswert wird verschiedentlich auch herangezogen, um den beizulegenden Zeitwert erworbener VG bei der Kaufpreisallokation zu bestimmen.[3] Er eignet sich nicht zur Ermittlung einer Wertminderung bei VG, die einen über dem beizulegenden Zeitwert liegenden Betriebszugehörigkeitswert aufweisen, also dem Unt einen höheren Nutzen stiften, als bei ihrer Einzelveräußerung erzielbar wäre. Das kann etwa auf unternehmensindividuelle Softwarelösungen oder Mietereinbauten zutreffen.
 

Rz. 224

  • Ertragswert: Der beizulegende Wert von VG des AV ist häufig nur anhand des Ertragswerts zu bestimmen. Hierbei handelt es sich um den Barwert der auf den Bewertungsstichtag abgezinsten zukünftigen Nettoerträge, die aus dem VG voraussichtlich zu erzielen sind.[4] Die Methode findet insb. Anwendung zur Bewertung von Beteiligungen (Rz 264)[5] oder bei bestimmten immateriellen VG des AV.
 

Rz. 225

  • Discounted-Cash-Flow-Wert (DCF-Wert): Die international üblichen DCF-Methoden beruhen auf demselben finanzmathematischen Konzept (Kapitalwertkalkül) wie die Ertragswertmethode. Anstelle von Ertragsüberschüssen werden bei den DCF-Verfahren Zahlungsüberschüsse (cash flows) diskontiert.[6] Der Anwendungsbereich der DCF-Methoden ist deckungsgleich mit denen der Ertragswertmethode.
 

Rz. 226

  • Einzelveräußerungswert: Der Einzelveräußerungswert repräsentiert den Preis, der beim isolierten Verkauf des zu bewertenden VG voraussichtlich erzielt werden kann. Bei der Bestimmung des Einzelveräußerungswerts sind vom voraussichtlichen Verkaufserlös die Verkaufsaufwendungen (z. B. Maklerkosten, Provisionen) abzuziehen. Der Einzelveräußerungswert kommt bei der Bestimmung des beizulegenden Werts von VG des AV nur in Ausnahmefällen in Betracht, da VG des AV dem Unt dauerhaft dienen und gerade nicht zur Veräußerung bestimmt sind.[7] Mögliche Anwendungsfälle bei VG des AV sind entbehrliche VG, dauerhaft stillgelegte Anlagen oder nicht betrieblich genutzte Grundstücke.[8]
 

Rz. 227

  • Teilwert: Der steuerliche Vergleichswert zu den AHK bezeichnet den Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs i. R. d. Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut unter der Annahme einer Fortführung des Betriebs ansetzen würde (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Ihrer theoretischen Konzeption nach zielt die Teilwertidee auf die Ermittlung über den Einzelveräußerungspreisen liegender Betriebszugehörigkeitswerte von Wirtschaftsgütern. Entgegen verbreiteter Ansicht geht es nicht darum, den Unternehmensgesamtwert auf die einzelnen Bewertungsobjekte herunterzubrechen. Der Teilwert steht vielmehr unter dem Primat der Einzelbewertung. Gesucht ist der Wert, den ein fiktiver Erwerber für unentbehrliche Wirtschaftsgüter aufwenden müsste, die beim Betriebserwerb nicht mitübertragen werden. Dieser Gedanke führt unmittelbar zu den Wiederbeschaffungskosten. Sie stehen denn auch im Mittelpunkt der von der steuerlichen Rechtsprechung entwickelten Teilwertvermutungen.[9] Konzeptionell besteht zwischen den Bewertungsmaßstäben des beizulegenden Werts und des Teilwerts kein Unterschied.[10] Aus diesem Grund kommt – unbeschadet der zunehmenden Abkopplung der Handels- von d...

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