Rz. 164

Die Anschaffungs- und Herstellungskosten (AHK) (§ 255 Abs. 1 und 2 HGB) sind i. R. e. planmäßigen Abschreibung über die (voraussichtliche) Nutzungsdauer zu verteilen. Es handelt sich zugleich um die Bewertungsobergrenze, zu dem abnutzbare VG des AV bilanziell abgebildet werden dürfen (§ 253 Abs. 1 Satz 1 HGB). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht bei der Bewertung von Deckungsvermögen bei Altersversorgungsverpflichtungen (Rz 118).

 

Rz. 165

Soweit keine entsprechenden Informationen vorliegen, wird i. d. R. bei einer planmäßigen Abschreibung davon ausgegangen, dass am Ende der Nutzungsdauer eines VG kein oder kein nennenswerter Restwert (z. B. Schrottwert) vorliegt. In diesem Falle werden die AHK vollständig (bzw. wahlweise bis auf einen Erinnerungswert von 1 EUR) über die voraussichtliche Nutzungsdauer verteilt.[1] Ist dagegen mit ausreichender Sicherheit davon auszugehen, dass am Ende der Nutzungsdauer ein (nicht unwesentlicher) Restwert vorhanden ist, muss dieser u. E. berücksichtigt werden, indem die AHK um diesen Betrag (abzgl. evtl. in diesem Zusammenhang anfallender Aufwendungen) vermindert werden.[2]

 
Praxis-Beispiel

Die A-AG erwirbt am 1.1.01 eine Maschine zu AK von 1 Mio. EUR. Die voraussichtliche Nutzungsdauer beträgt zehn Jahre. Da die Maschine wesentliche Bauteile aus Stahl enthält und die Stahlpreise in den vergangenen Jahren stetig angestiegen sind, kann die A-AG mit ausreichender Sicherheit davon ausgehen, dass auch nach der vollständigen Abnutzung der Maschine in zehn Jahren ein Restwert (Schrottwert) für die Maschine vorhanden sein wird. Die AK der Maschine sind daher um diesen Restwert zu vermindern und anschließend über die Nutzungsdauer von zehn Jahren zu verteilen.

Wenn der abzuziehende Restwert bspw. 100 TEUR beträgt (Gewicht der Bauteile aus Stahl × künftig erwarteter Stahlpreis), sind lediglich 900 TEUR über die Nutzungsdauer von zehn Jahren zu verteilen.

 

Rz. 166

Es sind auch solche Restwerte zu berücksichtigen, die vor einer vollständigen (technischen) Abnutzung des VG erzielt werden.[3] Während in der betrieblichen Praxis aufgrund von Schätzunsicherheiten bzgl. des voraussichtlichen Restwerts zumeist von einer Berücksichtigung von Restwerten abgesehen wird,[4] gibt es gleichwohl eine Vielzahl denkbarer Anwendungsfälle, wie das nachfolgende Beispiel illustriert.

 
Praxis-Beispiel

Die X-GmbH erwirbt am 1.1.01 einen Pkw für einen Vertriebsmitarbeiter. Die AK betragen 30.000 EUR. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Pkw ist auf fünf Jahre festgelegt. Ohne Berücksichtigung eines Restwerts und unter Verwendung der linearen Abschreibungsmethode ergibt sich folgende Entwicklung der Buchwerte und Abschreibungen in den fünf Gj:

 
Abschlussstichtag Buchwert in EUR Abschreibung in EUR
31.12.01 24.000 6.000
31.12.02 18.000 6.000
31.12.03 12.000 6.000
31.12.04 6.000 6.000
31.12.05 0 6.000

Tatsächlich geht die X-GmbH nicht von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von fünf Jahren aus. Da der Vertriebsmitarbeiter aufgrund seiner Reisetätigkeit hohe jährliche Laufleistungen des Pkw verursacht, werden die Fahrzeuge der Vertriebsmitarbeiter nach drei Jahren ersetzt. Erfahrungsgemäß ist bei einer erwarteten Laufleistung von 150.000 km nach drei Jahren die Reparaturanfälligkeit hoch, sodass die Fahrzeuge dann veräußert werden. Anhand der Schwacke-Liste lässt sich der zu erwartende Restwerterlös nach drei Jahren mit 9.000 EUR bestimmen. Würde die X-GmbH den Pkw über die voraussichtliche Nutzungsdauer von drei Jahren unter Berücksichtigung des Restwerts von 9.000 EUR abschreiben, ergäbe sich folgendes Bild:

 
Abschlussstichtag Buchwert in EUR Abschreibung in EUR
31.12.01 23.000 7.000
31.12.02 16.000 7.000
31.12.03 9.000 7.000

Die Abschreibung spiegelt in dieser Variante den tatsächlichen Werteverzehr zutreffend wider. Bei Veräußerung des Pkw am 31.12.03 fällt kein Buchgewinn oder -verlust an. Demggü. ergäbe sich in der obigen Variante (Abschreibung für fünf Jahre ohne Restwertberücksichtigung) bei Veräußerung des Pkw bei einem Veräußerungserlös von 9.000 EUR und einem Buchwert von 12.000 EUR ein Veräußerungsverlust von 3.000 EUR. Wirtschaftlich entspricht dieser Veräußerungsverlust der in den drei Gj zu niedrigen Abschreibung von jeweils 1.000 EUR (7.000 EUR ./. 6.000 EUR).

 

Rz. 167

Die Berücksichtigung von Restwerten führt zu einem zutreffenderen Aufwandsverlauf und vermeidet den Anfall "absehbarer" Veräußerungsgewinne und -verluste. Dies gilt allerdings nur für solche VG, bei denen sich Restwerte zuverlässig bestimmen lassen, wie das etwa bei Pkw gegeben ist. Hierbei handelt es sich um gleichartige VG, für die ein entsprechender Käufermarkt vorhanden ist. Bei anderen VG des AV – z. B. Spezialmaschinen – ist die Restwertabschätzung i. d. R. schwierig, da nicht nur der eigentliche Veräußerungserlös, sondern auch Veräußerungskosten (z. B. Transport- oder Abbruchkosten) zur Bestimmung des Restwerts berücksichtigt werden müssen. Zudem führt die Berücksichtigung von Restwerten bei der Schätzung von A...

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