Rz. 115

Ein passiver Unterschiedsbetrag bedeutet, dass der Beteiligungsbuchwert den Wert des anteiligen EK unterschreitet.[1] Die Gründe hierfür sind – ebenfalls unter der Annahme, dass die stillen Lasten i. R. d. Neubewertung komplett berücksichtigt wurden – ein konsolidierungstechnischer Unterschiedsbetrag, "badwill" oder "lucky buy".[2] In den letzten beiden Fällen war ein Erwerber nicht bereit, das neu bewertete anteilige EK auf der Basis der neu bewerteten VG, Schulden, RAP und Sonderposten für ein TU zu zahlen. Gründe können darin liegen, dass Restrukturierungsrückstellungen nötig sind, die noch nicht i. R. d. Neubewertung berücksichtigt werden konnten, oder die erwarteten Gewinne nicht in gewünschter Höhe oder womöglich gar nicht absehbar sind. Dies erklärt, warum etwa am Kapitalmarkt Unt zeitweise mit deutlich weniger als dem ausgewiesenen EK-Betrag bewertet werden, wobei diese negativen Zukunftsaussichten mit dem Begriff "badwill" bezeichnet werden und in der Praxis weit seltener anzutreffen sind als der Fall des aktiven Unterschiedsbetrags. Schließlich ist es möglich, dass die Verhandlungsposition des Verkäufers so schlecht ist, dass der Erwerber die Ges. unter Wert übernehmen konnte. Denkbar sind etwa gesetzliche Auflagen, die der Verkäufer nicht mehr erfüllen kann, oder Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern, die zu einem übereilten Verkauf führen, wie auch der "Notverkauf" insolventer oder insolvenzgefährdeter Unt. Dieser aus Käufersicht einen "lucky buy" darstellende Fall ist nicht immer ohne Abgrenzungsprobleme von einem "badwill" zu trennen. Gleichwohl verlangt DRS 23.139, die Ursachen für die Entstehung des passiven Unterschiedsbetrags im Zeitpunkt der ErstKons zu dokumentieren, da sich danach auch die spätere Auflösung richtet. DRS 23.92 überträgt die Empfehlung zur Zuordnung des GoF auf Geschäftsfelder (Rz 109) auch auf den passiven Unterschiedsbetrag.

Ein technischer Unterschiedsbetrag kann dagegen in folgenden Fällen entstehen (DRS 23.147) und verlangt die dargestellte Auflösungssystematik:

  • Bei Auseinanderfallen des Zeitpunkts der Entstehung des Mutter-Tochter-Verhältnisses (§ 290 Abs. 1 und 2 HGB) und des Zeitpunkts der erstmaligen Einbeziehung des TU in den Konzernabschluss (§ 301 Abs. 2 Satz 3 oder Satz 4 HGB) hat sich das zu konsolidierende EK des TU zwischen diesen Zeitpunkten aufgrund von Gewinnthesaurierungen erhöht. → Der Unterschiedsbetrag ist unmittelbar erfolgsneutral im EK zu erfassen (DRS 23.148).
  • Innerhalb dieses Zeitraums sind in den VG und Schulden des TU neue stille Reserven und/oder stille Lasten entstanden, die per Saldo zu einer Erhöhung des neu bewerteten zu konsolidierenden EK führen. → Der Unterschiedsbetrag ist an den folgenden Konzernabschlussstichtagen nach Maßgabe der Fortschreibung der Konzernbuchwerte der erworbenen VG oder übernommenen Schulden des TU ertragswirksam aufzulösen (DRS 23.149).
  • Das Mutter-Tochter-Verhältnis wurde durch eine Sacheinlage begründet und die Beteiligung des MU wurde nach den Grundsätzen für die Bewertung von Sacheinlagen zulässigerweise mit AK unterhalb ihres beizulegenden Werts angesetzt. Ein ähnlicher Anwendungsfall ergibt sich für Anteile, die das MU i. R. e. Tauschs erworben hat. → Soweit keine Auflösung bei der konzerneinheitlichen Bewertung i. R. d. HB II erfolgt, ist eine erfolgswirksame Auflösung an den folgenden Konzernabschlussstichtagen nach Maßgabe der Fortschreibung der Konzernbuchwerte der erworbenen VG oder übernommenen Schulden des TU nötig (DRS 23.150).

Ein nichttechnischer passiver Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung (KapKons) stellt dem Charakter nach eine Rückstellung für drohende Verluste (badwill) oder einen "Gewinn" aus Beteiligungserwerb (lucky buy) dar. Im ersten Fall darf er gem. § 309 Abs. 2 Nr. 1 HGB erst dann ergebniswirksam aufgelöst werden, wenn die zum Zeitpunkt des Erwerbs erwartete ungünstige Entwicklung der künftigen Ertragslage des Unt tatsächlich eingetreten ist oder zu diesem Zeitpunkt erwartete Aufwendungen zu berücksichtigen sind (DRS 23.143). V. a. mit Bezug auf das Realisations- und Vorsichtsprinzip ist davon auszugehen, dass eine Pflicht zur Auflösung besteht. Im zweiten Fall ist die erfolgserhöhende Auflösung des passiven Unterschiedsbetrags gem. § 309 Abs. 2 Nr. 2 HGB erst dann erlaubt, wenn am Abschlussstichtag feststeht, dass er einem realisierten Gewinn entspricht, wobei auch hier davon auszugehen ist, dass eine Auflösungspflicht besteht (§ 309 Rz 28 ff.). Während die Realisierung im Fall einer entsprechenden tatsächlichen Veräußerung an Konzernfremde zweifelsfrei ist, erscheint es zumindest fraglich, ob der passive Unterschiedsbetrag auch bereits dann aufgelöst werden darf, wenn nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung aufgrund einer nachhaltig guten Ertragslage und erheblicher Gewinnthesaurierungen des TU eine Gewinnrealisierung angenommen werden kann. Spätestens wenn der Wert des anteiligen EK des TU den Beteiligungsbuchwert nachhaltig übersteigt, erscheint auch nac...

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