Rz. 182

Für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sieht § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB ein Aktivierungswahlrecht vor. Diese Ausnahme vom Vollständigkeitsgebot des § 246 Abs. 1 HGB stellt nicht die einzige Besonderheit bei der bilanziellen Behandlung derartiger VG dar. Macht ein Unt von dieser Möglichkeit Gebrauch, schränkt die hiesige Vorschrift den Umfang der aktivierungsfähigen HK im Vergleich zu materiellen VG ein. Zudem löst ihr Ansatz bei KapG eine Ausschüttungssperre aus (§ 268 Abs. 8 HGB). Diese Regelungen sind Ausdruck des Misstrauens, mit dem der Gesetzgeber der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Werte in der dem Gläubigerschutz verpflichteten Handelsbilanz begegnet. Wenn der Bilanzierende auf ihren Ansatz nicht verzichten will, soll wenigstens durch eine zurückhaltende Bewertung und durch eine Immunisierung der Ausschüttungsbasis das Risiko einer Gläubigerschädigung weitgehend begrenzt werden. Anlass zu dieser Sonderbehandlung gibt die im Vergleich zu Sachanlagen regelmäßig deutlich höhere Ungewissheit, ob der Herstellungsprozess erfolgreich sein wird.

 

Rz. 183

Abs. 2a definiert die HK eines immateriellen VG des AV als die Aufwendungen i. S. d. Abs. 2, die bei dessen Entwicklung anfallen. Die Vorschrift enthält mithin keinen eigenständigen Bewertungsmaßstab, sondern konkretisiert, wie § 255 Abs. 2 HGB im Fall der Ausübung des Aktivierungswahlrechts nach § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB auf die betreffenden VG anzuwenden ist. Der Tatbestand der Entwicklung umfasst zum einen die Herstellung eines VG i. S. einer Neuschaffung oder einer Wesensänderung. Eine Wesensänderung liegt dann vor, wenn nachträgliche Maßnahmen an einem immateriellen VG einen neuen VG mit geänderter betrieblicher Funktion und Zweckbestimmung entstehen lassen (Rz 195). Davon kann etwa bei einer umfangreichen Überarbeitung von Softwareanwendungen (Generationenwechsel) auszugehen sein.[1] Auch die Modifikation eines immateriellen VG in Gestalt seiner Erweiterung oder seiner wesentlichen Verbesserung über den ursprünglichen Zustand hinaus erfüllt den Herstellungstatbestand (Rz 196 ff.).

[1] Vgl. DRS 24.8; IDW RS HFA 11.21.

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