Rz. 17

§ 330 Abs. 3 Satz 1 HGB erweitert den Anwendungsbereich von Abs. 1 auch auf VersicherungsUnt. Die rechtsformunabhängige Anwendung setzt voraus, dass die betroffenen Unt nach dem VAG zugelassen sind.[1] Die Ermächtigung ist gem. Satz 2 auch auf Niederlassungen von VersicherungsUnt mit Sitz in einem anderen Staat anzuwenden, wenn sie zum Betrieb des Direktversicherungsgeschäfts der Erlaubnis durch die deutsche Versicherungsaufsichtsbehörde bedürfen.

 

Rz. 18

Der Adressat der Ermächtigung, das BMJ, hat Rechtsverordnungen, die unter § 330 Abs. 3 Sätze 1 und 2 HGB fallen, im Einvernehmen mit dem BMF zu erstellen (§ 330 Abs. 3 Satz 3 HGB). Diese Rechtsverordnungen bedürfen gem. Satz 3 zudem der Zustimmung des Bundesrats,[2] es sei denn, sie dienen ausschl. der Gewährung von Abweichungen von der Kontoform nach § 266 Abs. 1 Satz 1 HGB (§ 330 Abs. 3 Satz 5 HGB).

 

Rz. 19

§ 330 Abs. 3 Satz 4 HGB gestattet in Bezug auf die Aufstellung des Jahresabschlusses und Konzernabschlusses sowie auf Vorschriften über den Ansatz und die Bewertung von versicherungstechnischen Rückstellungen die Aufnahme näherer Bestimmungen in die Rechtsverordnungen, woraus sich eine Ausdehnung der handels- und spezialrechtlichen Vorschriften ergeben kann.[3]

 

Rz. 20

§ 330 Abs. 4 HGB sieht die Fortführung oder Einführung von Befreiungen (Satz 1) und Erleichterungen (Satz 2) für VersicherungsUnt vor, auf die die aufgelisteten EU-Richtlinien[4] nicht anzuwenden sind. Vereinfachungen dürfen sich auf die Gliederung des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses, die Erstellung von Anhang und Lagebericht sowie Konzernanhang und Konzernlagebericht als auch die Offenlegung beziehen.

 

Rz. 21

Zu den Unt, die in den Anwendungsbereich des § 330 Abs. 4 HGB fallen, gehören etwa Pensionskassen sowie VersicherungsUnt mit räumlich und sachlich begrenztem Tätigkeitsbereich.[5]

 

Rz. 22

Voraussetzung für den Erlass einer Rechtsverordnung i. S. d. § 330 Abs. 4 Satz 1 HGB ist, dass die Befreiungen erforderlich sind, um eine im Verhältnis zur Größe der VersicherungsUnt unangemessene Belastung zu vermeiden. Eine Rechtsverordnung i. S. d. § 330 Abs. 4 Satz 2 HGB setzt entsprechend voraus, dass die Erleichterungen der Größe angemessen sind.

[1] Vgl. Fehrenbacher, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 330 HGB Rn 12.
[2] Zum Schutz etwaiger Besteuerungsinteressen der Bundesländer; BT-Drs. 12/7646 v. 20.5.1994 S. 3.
[3] Vgl. zur konkreten Ausgestaltung Rohlfes/Savic/Will, Rechnungslegung und Controlling der Versicherungsunternehmen, 2019.
[4] Abs. 2 der Richtlinie 91/674/EWG i. V. m. Art. 4, 7 und 9 Nr. 1 und 2 sowie Art. 10 Nr. 1 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. L 335/1 vom 17.12.2009).
[5] Vgl. Hucke, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 330 HGB Rz 42 ff., Stand: 1/2021; Störk/Lawall, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 330 HGB Rz 55 f.

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