Rz. 89

Eine Definition für den Materialaufwand findet sich in den handelsrechtlichen Bestimmungen nicht. Dieser Umstand ermöglicht es, über den Materialverbrauch des Fertigungsbereichs hinaus auch den Materialverbrauch des Forschungs-, Entwicklungs-, Verwaltungs- und Vertriebsbereichs unter Posten Nr. 5a auszuweisen. Alternativ kann dieser auch unter dem Posten "sonstige betriebliche Aufwendungen" ausgewiesen werden. Hierbei handelt es sich jedoch um eine einmalige Ausweisentscheidung, welche in den Folgejahren dem Grundsatz der Stetigkeit unterworfen ist.

 

Rz. 90

Rohstoffe sind Materialien, die mit oder ohne Bearbeitung als Hauptbestandteil in das Erzeugnis einfließen. Auch Vorprodukte und Fremdbauteile stellen Rohstoffe dar.

Hilfsstoffe sind Erzeugnisbestandteile von untergeordneter mengen- oder wertmäßiger Bedeutung.

Unter die Kategorie Betriebsstoffe fallen jene zur Erzeugniserstellung verbrauchten Produkte, die nicht unmittelbar in das Erzeugnis eingehen. Hierzu zählen auch Rohstoffe der Nebenbetriebe (z. B. Lebensmittelvorräte der Kantine) sowie die im Verwaltungs- und Vertriebsbereich eingesetzten Büromaterialien. Abweichend von der ansonsten üblichen Systematisierung der klassischen Betriebswirtschaftslehre stellen Aufwendungen für bezogenen Strom und vergleichbare Energieaufwendungen keine Aufwendungen für Betriebsstoffe bzw. Material dar, sondern Aufwendungen für bezogene Leistungen.[1]

Bezogene Waren sind erworbene Erzeugnisse, die ohne wesentliche Be- oder Verarbeitung zur Weiterveräußerung bestimmt sind.

 

Rz. 91

Die Höhe der Materialaufwendungen errechnet sich aus dem Anfangsbestand der Eröffnungsbilanz zzgl. der Zugänge und abzgl. des in der Schlussbilanz ausgewiesenen Endbestands. Entsprechend dieser Wertermittlungskonzeption werden auch Abwertungen als Materialaufwendungen erfasst, soweit sie das übliche Maß nicht überschreiten. Somit beeinflussen auch unternehmensüblicher Schwund, Qualitätsverlust sowie rückläufige Marktpreise die Höhe des Materialaufwands. Die Ausweisentscheidung, ob die aufgrund dieser angeführten Gründe vorzunehmenden Abwertungen als Materialaufwand oder anderweitiger Aufwand einzustufen sind, ist von ihrer Höhe abhängig zu machen. Bewegen sich die Wertminderungen auf üblichem Niveau, sind sie als Materialaufwand auszuweisen. Übersteigen sie dieses, folgt daraus ein Ausweis als der Höhe nach unübliche Abschreibungen auf VG des UV (§ 275 Abs. 2 Nr. 7b HGB).[2]

Verluste aus mengenmäßigen Bestandsabgängen (Diebstahl, Brand, Bruch) sind nur als Materialaufwand auszuweisen, soweit sie sich auf unerheblichem Niveau bewegen. Übersteigen sie dieses, ist ein Ausweis als sonstige betriebliche Aufwendung (§ 275 Abs. 2 Nr. 8 HGB) erforderlich, da sich die Position unübliche Abschreibungen lediglich auf die Erfassung von Wertverlusten beziehen und nicht auf mengenmäßige Veränderungen der betreffenden Bilanzpositionen.[3] Die Klassifizierung unüblicher Abschreibungen, die aufgrund ihrer Höhe nicht als Materialaufwand, sondern unter dem Posten Nr. 7b auszuweisen sind, ist an den in den Vj aus denselben Gründen angefallenen Abschreibungen auszurichten.[4]

 

Rz. 92

Zum Materialaufwand hinzuzurechnen sind ferner die Auswirkungen, die sich aus der Änderung von Bewertungsmethoden ergeben.

 

Rz. 93

Der Aufwand für bezogene Waren ergibt sich aus dem Anfangsbestand zzgl. der Zugänge und abzgl. des Endbestands. Für die Zulässigkeit des Aufwandsausweises ist der Verkauf oder die Feststellung eines Abwertungsbedarfs bzw. von (nicht erheblichen) Inventurdifferenzen erforderlich.

 

Rz. 94

Bei Anwendung des Festwertverfahrens für die Bewertung der VG des UV entspricht der Materialaufwand dem Wert der laufenden Zugänge sowie den unternehmensüblichen Herauf- und Herabsetzungen des Festwerts. Letzteres ist mit einer Saldierung von Aufwendungen und Erträgen verbunden.

Auch Zugänge des Sachanlagevermögens, das zu Festwerten ausgewiesen wird, dürfen unter Posten Nr. 5a erfasst werden.[5] Für sie wird aber auch ein Ausweis unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen als zulässig erachtet. Mitunter wird auch eine Ausweispflicht als Materialaufwand unterstellt.[6] Erhöhungen von Festwerten des Sachanlagevermögens sind unter Nr. 4 und Herabsetzungen unter Nr. 7a auszuweisen.[7]

[1] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 275 HGB Rz 85.
[2] Vgl. Justenhoven/Kliem/Müller, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 275 HGB Rz 118.
[3] Vgl. Kirsch/Ewelt-Knauer, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 275 HGB Rz 115, Stand: 12/2015.
[4] Vgl. Kirsch/Ewelt-Knauer, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 275 HGB Rz 114, Stand: 12/2015.
[5] Vgl. IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 18. Aufl. 2023, Kap. F Tz 818.
[6] Vgl. Reiner, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 275 HGB Rn 46; a. A. Winzker, in Beck HdR, B 332, Rz 56, Stand: 08/2018, der einen saldierten Ausweis unter dem Aufwand für RHB-Stoffe für möglich hält.
[7] Vgl. IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 18. Aufl. 20...

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