Rz. 42

Zudem ergibt sich eine Verpflichtung zur Konzernrechnungslegung, wenn dem MU das Recht zusteht, die Finanz- und Geschäftspolitik aufgrund eines mit diesem Unt geschlossenen Beherrschungsvertrags oder aufgrund einer Satzungsbestimmung dieses Unt zu bestimmen (§ 290 Abs. 2 Nr. 3 HGB). Auch hier reicht das Bestehen der Möglichkeit aus, d. h., eine praktische Ausübung muss nicht gegeben sein. Dieser Tatbestand steht isoliert und benötigt keine Gesellschafterstellung. Das Recht kann dem MU auch über die Beherrschung eines TU zustehen, das den Beherrschungsvertrag mit einem anderen (Enkel-)Unt abgeschlossen hat.

 

Rz. 43

Ein Beherrschungsvertrag liegt nach § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG dann vor, wenn ein Unternehmensvertrag besteht, der eine AG oder eine KGaA der Leitung eines anderen Unt unterstellt. Auch die weiteren aktienrechtlichen Bestimmungen der §§ 293ff. AktG müssen erfüllt sein, damit von einem Beherrschungsvertrag für diese Rechtsformen ausgegangen werden kann. Weitere Unternehmensverträge, wie Gewinnabführungs-, Betriebsverpachtungs- oder Betriebsüberlassungsverträge, begründen alleine regelmäßig kein Mutter-Tochter-Verhältnis, da in diesen Fällen nicht zwangsläufig eine Beherrschungsmöglichkeit gegeben ist. Bei diesen Rechtsformen ist eine Beherrschungsmöglichkeit durch Satzungsbestimmung aufgrund der gesetzlichen Mindestvorschriften ausgeschlossen.[1]

 

Rz. 44

Andere Rechtsformen sind gesetzlich bzgl. eines Beherrschungsvertrags nicht reglementiert, sodass hier in Anlehnung an das AktG gestaltete Unternehmensverträge vorliegen können. Entscheidend für die Einschätzung, ob ein Beherrschungsvertrag vorliegt, ist die Möglichkeit des beherrschenden Einflusses auf die Finanz- und Geschäftspolitik des beherrschten Unt. Zudem muss der Vertrag rechtswirksam sein.

 

Rz. 45

In Gesellschaftsverträgen oder Satzungen vereinbarte Weisungsrechte können die Voraussetzung des § 290 Abs. 2 Nr. 3 HGB erfüllen.[2]

[1] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 290 HGB Rz 60.
[2] Vgl. von Keitz, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 290 HGB Rz 89, Stand: 1/2022.

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