Rz. 153

Beschaffungsgeschäfte über nicht aktivierungsfähige Leistungen stellen z. B. Werkverträge für Dienstleistungen (z. B. Reparaturen, Beratungsleistungen) dar. Zur Ermittlung eines drohenden Verlusts aus einem derartigen Geschäft ist auf den wirtschaftlichen Wert der Leistung abzustellen. Eine Drohverlustrückstellung ist nur dann zu bilden, wenn der wirtschaftliche Wert der Leistung hinter dem Wert der vom Bilanzierenden zu erbringenden Gegenleistung (Vergütungsanspruch) zurückbleibt. Dies ist in der Praxis zumeist schwer zu ermitteln, da der Beitrag der Leistung zum Unternehmenserfolg des Bilanzierenden objektiv regelmäßig nicht zu bestimmen ist.[1] Nicht zulässig wäre es, die Bestimmung eines drohenden Verlusts ausschl. an den Wiederbeschaffungskosten vorzunehmen.

 
Praxis-Beispiel

Ein Busunternehmen beauftragt im Dezember 01 ein Reinigungsunternehmen mit der Außen- und Innenreinigung seiner Busse. Die Reinigung soll im Januar und Februar 02 vorgenommen werden. Die vereinbarte Vergütung beläuft sich auf 100 GE. Bei Bilanzaufstellung wird bekannt, dass ein Konkurrenz-Reinigungsunternehmen dieselbe Leistung für 90 GE durchgeführt hätte.

Es ist keine Rückstellung für drohende Verluste zu bilden. Das billigere Konkurrenzangebot stellt keinen drohenden Verlust, sondern einen entgangenen Gewinn dar.

Anwendungsfälle ergeben sich häufig beim Abschluss von Energielieferungsverträgen. Hierbei handelt es sich um nicht aktivierungsfähige Leistungen (Strom ist nicht speicherbar), sodass eine opportunitätskosten-orientierte Betrachtung zu kurz greift. Eine Rückstellungsbildung allein aufgrund gesunkener Wiederbeschaffungskosten ist somit nicht zulässig.

 

Rz. 154

In Fällen, in denen die Leistung für das bilanzierende Unt objektiv wertlos ist (Fehlmaßnahme), ist eine Rückstellung für drohende Verluste zu bilden.

 
Praxis-Beispiel

Ein Unt benötigt bei der Erstellung des Jahresabschlusses für die Bewertung der Pensionsrückstellungen ein Sachverständigengutachten. Versehentlich werden im Dezember 01 zwei Aktuare mit derselben Leistung beauftragt; die Durchführung ist für Januar 02 vorgesehen. Das vereinbarte Honorar beträgt jeweils 100 GE.

Zwei Sachverständigengutachten auf denselben Bewertungsstichtag sind für das Unt objektiv wertlos. Für eines der beiden schwebenden Geschäfte ist eine Rückstellung für drohende Verluste zu bilden.

Abwandlung des Beispiels:

Allerdings wird die doppelte Beauftragung noch im Dezember 01 bemerkt und einer der beiden Aufträge gekündigt. Der betroffene Sachverständige macht im Zuge der Kündigung des Vertrags einen Schaden für entgangenen Gewinn i. H. v. 10 GE geltend.

Im Jahresabschluss zum 31.12.01 hat das Unt keine Rückstellung für drohende Verluste auszuweisen, da am Abschlussstichtag nur ein Geschäft schwebend ist. Bei diesem Geschäft ist die wirtschaftliche Leistung für das Unt nicht zu bestimmen; es gilt der Grundsatz der Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung.

Für den gekündigten Gutachtervertrag ist eine Verbindlichkeitsrückstellung i. H. v. 10 GE oder – soweit keine Zweifel über Höhe und/oder Zeitpunkt der Schadensersatzleistung bestehen – eine sonstige Verbindlichkeit in der Bilanz zum 31.12.01 zu erfassen.

[1] Vgl. IDW RS HFA 4.32.

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