Rz. 150

§ 253 Abs. 2 Satz 3 HGB schreibt für auf Rentenverpflichtungen beruhende Verbindlichkeiten die entsprechende Anwendung der Sätze 1 und 2 vor. Derartige Rentenschulden sind wie Rückstellungen abzuzinsen. Anders als bei Rückstellungen allgemein dient die Abzinsung hier der Eliminierung eines im Verpflichtungsumfang enthaltenen Zinsanteils für künftige Kapitalüberlassungen. Dieser ist – wie bei anderen gestundeten Verbindlichkeiten aus Austauschgeschäften – nicht passivierungsfähig.

 

Rz. 151

Unter Renten sind für eine bestimmte Zeitdauer (Zeitrente) oder während der Lebenszeit eines Menschen (Leibrente) periodisch wiederkehrende Leistungen in Geld, Geldeswert oder vertretbaren Sachen aufgrund eines selbstständigen Rechts (Rentenstammrechts) zu verstehen.[1] Nicht unter den Begriff der auf Rentenverpflichtungen beruhenden Verbindlichkeiten fallen die Altersversorgungsverpflichtungen. Aufgrund der ihnen eigenen Ungewissheit dem Grund und der Höhe nach, die sich in der Verwendung biometrischer Rechnungsgrundlagen äußert, sind sie als Rückstellungen und nicht als Verbindlichkeiten auszuweisen.

 

Rz. 152

Typische Fälle von Rentenverpflichtungen i. S. d. § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB sind verrentete Kaufpreisschulden.

 
Praxis-Beispiel

Der 60-jährige Unternehmer A verkauft sein Unt an die F-GmbH. Der Kaufpreis von 1.000 GE wird nach den Regelungen des Kaufvertrags verrentet. Danach erhält A eine lebenslange jährliche Rente von 75 GE. Die Rente wurde auf Basis einer Lebenserwartung von 80 Jahren und eines Zinssatzes von 5 % von den Kaufparteien berechnet.

 

Rz. 153

Die Abzinsung derartiger Rentenschulden hat ebenfalls mittels der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Diskontierungszinssätze zu erfolgen, wie Abs. 3 der Vorschrift eindeutig anweist. Da es sich nicht um Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen handelt, kommt der Sieben-Jahresdurchschnittszins zur Anwendung (Rz 130). Danach ist entsprechend der voraussichtlichen Restlaufzeit der Verpflichtung – ermittelt nach dem Durationskonzept (Rz 148) – der laufzeitäquivalente Sieben-Jahresdurchschnittszins anzuwenden. Alternativ kann der pauschalierte 15-Jahreszins nach Satz 2 der Vorschrift angewendet werden, sofern diese Verfahrensweise zu keinen wesentlichen Abweichungen von der genauen Barwertermittlung führt.

 

Rz. 154

Fraglich ist, wie vorzugehen ist, wenn die Vertragsparteien wie in dem obigen Beispiel explizit einen Zinssatz der Bestimmung der Rentenverpflichtung zugrunde legen, der vom Sieben-Jahresdurchschnittszins abweicht.

 
Praxis-Beispiel

Die F-GmbH hat sich verpflichtet, dem Unternehmer A als Gegenleistung für die Übertragung seines Unt eine lebenslange Rente von jährlich 75 zu zahlen. Der F-GmbH steht das Recht zu, die Rentenverpflichtung mit einer Kündigungsfrist von zwölf Monaten zum Barwert abzulösen, der sich auf der Grundlage eines Zinssatzes von 6 % p. a. und einer Lebenserwartung von 80 Jahren ergibt. Zum 1.1.2020 kündigt die F-GmbH die Rentenschuld, um diese abzulösen. Es ermittelt sich ein Ablösungsbetrag von rd. 585. Die Abzinsung der während der erwarteten Restlebenszeit des Verkäufers zu leistenden Rentenzahlungen nach der Vereinfachungslösung des § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB auf den 31.12.2019 ergibt auf Basis eines angenommenen Zinssatzes von 5,2 % einen Barwert von rund 603.

Durch den vertraglich vereinbarten Ablösungsbetrag ist die Verzinsung des von der F-GmbH in Form von Rentenzahlungen zu leistenden Kaufpreises auf 6 % p. a. fixiert. Die Barwertermittlung mit einem abweichenden Zinssatz führt damit zwangsläufig zu einer falschen Schuldenbewertung. Das zeigt sich im Zeitpunkt der Ablösung. Zum 31.12.2019 beläuft sich die Rentenschuld nach der Bewertungsanweisung des § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB auf 603. Wird diese zum 1.1.2020 zu 585 abgelöst, weist die F-GmbH einen Gewinn aus dem Abgang der Schuld von 18 aus. Das ist die Folge der fehlerhaften Barwertermittlung in den Vorjahren.

In Fällen einer expliziten Verzinsungsabrede erscheint eine teleologische Reduktion von § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB sachgerecht, sodass anstelle des nach der RückAbzinsV zum jeweiligen Abschlussstichtag zu ermittelnden Sieben-Jahresdurchschnittszinssatzes der von den Vertragsparteien tatsächlich vereinbarte Zins zu verwenden ist.[2] Dazu muss allerdings der von den Vertragsparteien zugrunde gelegte Zinssatz objektiv aus der Vereinbarung hervorgehen. Der Gesetzgeber will durch die Abzinsungsregelung einen zutreffenden Schuldenausweis bei gleichzeitiger Ausschaltung von bilanzpolitischen Gestaltungsspielräumen bei der Wahl des Abzinsungssatzes erreichen.[3] In der dargestellten Konstellation wird die Schuld des Käufers durch eine objektiv nachprüfbare Verzinsungsabrede determiniert. Da dieser unter Dritten vereinbarte Zinssatz die vom Gesetzgeber beabsichtigte Objektivierung gewährleistet, besteht die Gefahr der bilanzpolitischen Gestaltung nicht.

 

Rz. 155

Im Gegensatz zu Rückstellungen unterliegt die Bewertung von Rentenschulden dem Höchstwertprinzip. Eine Herabsetzung ih...

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